Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891.

Bild:
<< vorherige Seite

schon eher, sowohl meiner Körper- wie Geistes-
Konstitution nach, auch mehr nach meinem Geschmack
nützlich verwerthen. Dagegen hatte ich garnichts ein-
zuwenden. So gut wie mir selber konnte ich auch
einem Andern und noch dazu dem Vater meiner Frau
vulgo Schwiegervater, ein Kopfkissen unter den Kopf
legen. Das ländliche Geschäft hob ich uns natürlich
bald so viel als möglich vom Nacken. Der Herrgott
hatte es wohlwollend so eingerichtet, daß die besten
Zuckerrüben der ganzen Gegend auf unserm Grund
und Boden wuchsen. So verpachtete ich den größten
Theil der Äcker vortrefflich an die nächste Zuckerfabrik;
und führte auf dem Reste von Tinchens Erbgute
persönlich den Pflug nur soweit zu Felde als das
eben zu dem gewohnten Behagen meines Bauer-
mädchens gehörte. Dein afrikanisches Kolonistenauge
wird es Dir gezeigt haben, lieber Eduard, daß es
heute gar so übel nicht aussieht, sowohl auf der rothen
Schanze, wie um sie her. Ich mache übrigens gar
kein Hehl daraus, daß der Schwiegervater, der Bauer
Andreas Quakatz, auch abgesehen von seinem Grund-
besitz, ein vermöglicher Mann war; daß er Geld hatte,
einerlei woher das stammte, ob von Kienbaums
Morde oder nicht."

Es fuhr hastig ein Weiberkopf aus dem
Winkel vor.

"Ja, es ist recht, Schatz! komm her und fülle
ein. Dem Herrn da auch noch einen Schoppen,"
sagte Stopfkuchen. "Er, Eduard, ich meine der alte
Andres, wußte nur nichts mit dem Mammon anzu-

ſchon eher, ſowohl meiner Körper- wie Geiſtes-
Konſtitution nach, auch mehr nach meinem Geſchmack
nützlich verwerthen. Dagegen hatte ich garnichts ein-
zuwenden. So gut wie mir ſelber konnte ich auch
einem Andern und noch dazu dem Vater meiner Frau
vulgo Schwiegervater, ein Kopfkiſſen unter den Kopf
legen. Das ländliche Geſchäft hob ich uns natürlich
bald ſo viel als möglich vom Nacken. Der Herrgott
hatte es wohlwollend ſo eingerichtet, daß die beſten
Zuckerrüben der ganzen Gegend auf unſerm Grund
und Boden wuchſen. So verpachtete ich den größten
Theil der Äcker vortrefflich an die nächſte Zuckerfabrik;
und führte auf dem Reſte von Tinchens Erbgute
perſönlich den Pflug nur ſoweit zu Felde als das
eben zu dem gewohnten Behagen meines Bauer-
mädchens gehörte. Dein afrikaniſches Koloniſtenauge
wird es Dir gezeigt haben, lieber Eduard, daß es
heute gar ſo übel nicht ausſieht, ſowohl auf der rothen
Schanze, wie um ſie her. Ich mache übrigens gar
kein Hehl daraus, daß der Schwiegervater, der Bauer
Andreas Quakatz, auch abgeſehen von ſeinem Grund-
beſitz, ein vermöglicher Mann war; daß er Geld hatte,
einerlei woher das ſtammte, ob von Kienbaums
Morde oder nicht.“

Es fuhr haſtig ein Weiberkopf aus dem
Winkel vor.

„Ja, es iſt recht, Schatz! komm her und fülle
ein. Dem Herrn da auch noch einen Schoppen,“
ſagte Stopfkuchen. „Er, Eduard, ich meine der alte
Andres, wußte nur nichts mit dem Mammon anzu-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0239" n="229"/>
&#x017F;chon eher, &#x017F;owohl meiner Körper- wie Gei&#x017F;tes-<lb/>
Kon&#x017F;titution nach, auch mehr nach meinem Ge&#x017F;chmack<lb/>
nützlich verwerthen. Dagegen hatte ich garnichts ein-<lb/>
zuwenden. So gut wie mir &#x017F;elber konnte ich auch<lb/>
einem Andern und noch dazu dem Vater meiner Frau<lb/><hi rendition="#aq">vulgo</hi> Schwiegervater, ein Kopfki&#x017F;&#x017F;en unter den Kopf<lb/>
legen. Das ländliche Ge&#x017F;chäft hob ich uns natürlich<lb/>
bald &#x017F;o viel als möglich vom Nacken. Der Herrgott<lb/>
hatte es wohlwollend &#x017F;o eingerichtet, daß die be&#x017F;ten<lb/>
Zuckerrüben der ganzen Gegend auf un&#x017F;erm Grund<lb/>
und Boden wuch&#x017F;en. So verpachtete ich den größten<lb/>
Theil der Äcker vortrefflich an die näch&#x017F;te Zuckerfabrik;<lb/>
und führte auf dem Re&#x017F;te von Tinchens Erbgute<lb/>
per&#x017F;önlich den Pflug nur &#x017F;oweit zu Felde als das<lb/>
eben zu dem gewohnten Behagen meines Bauer-<lb/>
mädchens gehörte. Dein afrikani&#x017F;ches Koloni&#x017F;tenauge<lb/>
wird es Dir gezeigt haben, lieber Eduard, daß es<lb/>
heute gar &#x017F;o übel nicht aus&#x017F;ieht, &#x017F;owohl auf der rothen<lb/>
Schanze, wie um &#x017F;ie her. Ich mache übrigens gar<lb/>
kein Hehl daraus, daß der Schwiegervater, der Bauer<lb/>
Andreas Quakatz, auch abge&#x017F;ehen von &#x017F;einem Grund-<lb/>
be&#x017F;itz, ein vermöglicher Mann war; daß er Geld hatte,<lb/>
einerlei woher das &#x017F;tammte, ob von Kienbaums<lb/>
Morde oder nicht.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Es fuhr ha&#x017F;tig ein Weiberkopf aus dem<lb/>
Winkel vor.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ja, es i&#x017F;t recht, Schatz! komm her und fülle<lb/>
ein. Dem Herrn da auch noch einen Schoppen,&#x201C;<lb/>
&#x017F;agte Stopfkuchen. &#x201E;Er, Eduard, ich meine der alte<lb/>
Andres, wußte nur nichts mit dem Mammon anzu-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[229/0239] ſchon eher, ſowohl meiner Körper- wie Geiſtes- Konſtitution nach, auch mehr nach meinem Geſchmack nützlich verwerthen. Dagegen hatte ich garnichts ein- zuwenden. So gut wie mir ſelber konnte ich auch einem Andern und noch dazu dem Vater meiner Frau vulgo Schwiegervater, ein Kopfkiſſen unter den Kopf legen. Das ländliche Geſchäft hob ich uns natürlich bald ſo viel als möglich vom Nacken. Der Herrgott hatte es wohlwollend ſo eingerichtet, daß die beſten Zuckerrüben der ganzen Gegend auf unſerm Grund und Boden wuchſen. So verpachtete ich den größten Theil der Äcker vortrefflich an die nächſte Zuckerfabrik; und führte auf dem Reſte von Tinchens Erbgute perſönlich den Pflug nur ſoweit zu Felde als das eben zu dem gewohnten Behagen meines Bauer- mädchens gehörte. Dein afrikaniſches Koloniſtenauge wird es Dir gezeigt haben, lieber Eduard, daß es heute gar ſo übel nicht ausſieht, ſowohl auf der rothen Schanze, wie um ſie her. Ich mache übrigens gar kein Hehl daraus, daß der Schwiegervater, der Bauer Andreas Quakatz, auch abgeſehen von ſeinem Grund- beſitz, ein vermöglicher Mann war; daß er Geld hatte, einerlei woher das ſtammte, ob von Kienbaums Morde oder nicht.“ Es fuhr haſtig ein Weiberkopf aus dem Winkel vor. „Ja, es iſt recht, Schatz! komm her und fülle ein. Dem Herrn da auch noch einen Schoppen,“ ſagte Stopfkuchen. „Er, Eduard, ich meine der alte Andres, wußte nur nichts mit dem Mammon anzu-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Wilhelm Raabes "Stopfkuchen. Eine See- und Mordge… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/239
Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/239>, abgerufen am 25.11.2024.