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Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891.

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Graun zu Nacht zu speisen und Dich zu sättigen mit
Entsetzen, Eduard? Hm, hm, hm --"

Und jetzt nahm er zärtlich sein Weib in seine
Arme und küßte es und streichelte ihm die Wangen
und fuhr ihm kosend, beruhigend über das Haar:

"Mein Herz, mein Kind, mein Trost und Segen,
es ist so ein alberner, alter, abgestunkener Unrath, den
ich aufzuwühlen habe, weil es am Ende wohl nicht
anders geht. Wie gern hielte ich den letzten, öden,
faden Geruch, der davon aufsteigen wird, ganz fern
von unserer Verschanzung, wie Eduard eben die Sache
mit dem ganz richtigen Namen genannt hat! Das
kann ich nicht; aber -- ich kann Dir davon erzählen
in dieser Nacht, so nach Mitternacht, wenn wir Beid[e]
die Nachtmützen übergezogen haben, -- ich kann Dir
dann auch besser, wenn alles still ist, über Quakatzen-
burg -- oben die Sterne und unten die Gräber,
sagt der alte Goethe -- die dazu gehörigen Bemer-
kungen machen --"

"Ich bleibe zu Hause und warte wieder auf Dich,
Heinrich," sagte die Frau. Sie weinte, sie war in
großer Aufregung, und ihr Dicker war unerträglich
für jeden Andern, in seiner Art, sich zu geben und
Andere dran theilnehmen zu lassen; aber sie war nicht
bloß eine gute, sondern sie war auch eine glückliche
Frau.

"Siehst Du, das war wirklich im Grunde meine
Meinung, Tinchen! Da -- hier dieser gute Freund,
dieser Eduard, reist morgen -- übermorgen, oder in
drei Wochen ab und zwar zu Schiffe. Er geht, wie

Graun zu Nacht zu ſpeiſen und Dich zu ſättigen mit
Entſetzen, Eduard? Hm, hm, hm —“

Und jetzt nahm er zärtlich ſein Weib in ſeine
Arme und küßte es und ſtreichelte ihm die Wangen
und fuhr ihm koſend, beruhigend über das Haar:

„Mein Herz, mein Kind, mein Troſt und Segen,
es iſt ſo ein alberner, alter, abgeſtunkener Unrath, den
ich aufzuwühlen habe, weil es am Ende wohl nicht
anders geht. Wie gern hielte ich den letzten, öden,
faden Geruch, der davon aufſteigen wird, ganz fern
von unſerer Verſchanzung, wie Eduard eben die Sache
mit dem ganz richtigen Namen genannt hat! Das
kann ich nicht; aber — ich kann Dir davon erzählen
in dieſer Nacht, ſo nach Mitternacht, wenn wir Beid[e]
die Nachtmützen übergezogen haben, — ich kann Dir
dann auch beſſer, wenn alles ſtill iſt, über Quakatzen-
burg — oben die Sterne und unten die Gräber,
ſagt der alte Goethe — die dazu gehörigen Bemer-
kungen machen —“

„Ich bleibe zu Hauſe und warte wieder auf Dich,
Heinrich,“ ſagte die Frau. Sie weinte, ſie war in
großer Aufregung, und ihr Dicker war unerträglich
für jeden Andern, in ſeiner Art, ſich zu geben und
Andere dran theilnehmen zu laſſen; aber ſie war nicht
bloß eine gute, ſondern ſie war auch eine glückliche
Frau.

„Siehſt Du, das war wirklich im Grunde meine
Meinung, Tinchen! Da — hier dieſer gute Freund,
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[204/0214] Graun zu Nacht zu ſpeiſen und Dich zu ſättigen mit Entſetzen, Eduard? Hm, hm, hm —“ Und jetzt nahm er zärtlich ſein Weib in ſeine Arme und küßte es und ſtreichelte ihm die Wangen und fuhr ihm koſend, beruhigend über das Haar: „Mein Herz, mein Kind, mein Troſt und Segen, es iſt ſo ein alberner, alter, abgeſtunkener Unrath, den ich aufzuwühlen habe, weil es am Ende wohl nicht anders geht. Wie gern hielte ich den letzten, öden, faden Geruch, der davon aufſteigen wird, ganz fern von unſerer Verſchanzung, wie Eduard eben die Sache mit dem ganz richtigen Namen genannt hat! Das kann ich nicht; aber — ich kann Dir davon erzählen in dieſer Nacht, ſo nach Mitternacht, wenn wir Beide die Nachtmützen übergezogen haben, — ich kann Dir dann auch beſſer, wenn alles ſtill iſt, über Quakatzen- burg — oben die Sterne und unten die Gräber, ſagt der alte Goethe — die dazu gehörigen Bemer- kungen machen —“ „Ich bleibe zu Hauſe und warte wieder auf Dich, Heinrich,“ ſagte die Frau. Sie weinte, ſie war in großer Aufregung, und ihr Dicker war unerträglich für jeden Andern, in ſeiner Art, ſich zu geben und Andere dran theilnehmen zu laſſen; aber ſie war nicht bloß eine gute, ſondern ſie war auch eine glückliche Frau. „Siehſt Du, das war wirklich im Grunde meine Meinung, Tinchen! Da — hier dieſer gute Freund, dieſer Eduard, reiſt morgen — übermorgen, oder in drei Wochen ab und zwar zu Schiffe. Er geht, wie

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/214>, abgerufen am 27.11.2024.