so viel Anregendes, daß sie ihn, und noch dazu wenn er Zeit dafür hat, unbedingt in die Petrefaktenkunde und die Paläontologie führt. Und Du brauchst bloß noch einmal die paar Schritte an die Brüstung unserer Schanze zu thun, Eduard, und Dir die Umgegend noch einmal in Beziehung hierauf zu betrachten, um sie plötzlich auch noch nach einer ganz neuen Richtung hin, höchst interessant zu finden. Zwischen der Trias und der Kreide nichts als Wasser, und die erste nächste Insel, dort der blaue Berg im Süden! Wenn das Feuchte sich in der Eocänzeit etwas zurückzog, in der Miocänzeit es, was man jetzt nennt, trocken wurde, und wenn es in der Pliocänzeit sogar dann und wann hier über der rothen Schanze schon staubte: so war das dem Bauer auf derselben ganz einerlei; der fragte nur danach, wer in der Welt etwas von seinem Verhältniß zu Kienbaum wußte, oder gewußt haben konnte. Aber mir, dem heutigen Bauer auf der rothen Schanze, ist es im Laufe der Jahre nicht einerlei geblieben. Der Doktor hatte Tinchen nämlich gesagt: ,Bei der Körperbeschaffenheit ihres Herrn Gemahls giebt es garnichts Vernünftigeres für ihn als diese Liebhaberei und sein Herumkriechen in Steinbrüchen und Kies- und Mergelgruben; -- je mehr er bei seinem Knochensuchen schwitzt, desto besser ist's für ihn und Sie.' Und, lieber Eduard, wenn je ein Weib eine närrische Liebhaberei ihres Gatten befördert hat, so ist es Valentine Quakatz auf diesen ärztlichen Ausspruch hin gewesen. O Eduard, in der Tertiärzeit soll es hier noch so heiß gewesen sein, wie
ſo viel Anregendes, daß ſie ihn, und noch dazu wenn er Zeit dafür hat, unbedingt in die Petrefaktenkunde und die Paläontologie führt. Und Du brauchſt bloß noch einmal die paar Schritte an die Brüſtung unſerer Schanze zu thun, Eduard, und Dir die Umgegend noch einmal in Beziehung hierauf zu betrachten, um ſie plötzlich auch noch nach einer ganz neuen Richtung hin, höchſt intereſſant zu finden. Zwiſchen der Trias und der Kreide nichts als Waſſer, und die erſte nächſte Inſel, dort der blaue Berg im Süden! Wenn das Feuchte ſich in der Eocänzeit etwas zurückzog, in der Miocänzeit es, was man jetzt nennt, trocken wurde, und wenn es in der Pliocänzeit ſogar dann und wann hier über der rothen Schanze ſchon ſtaubte: ſo war das dem Bauer auf derſelben ganz einerlei; der fragte nur danach, wer in der Welt etwas von ſeinem Verhältniß zu Kienbaum wußte, oder gewußt haben konnte. Aber mir, dem heutigen Bauer auf der rothen Schanze, iſt es im Laufe der Jahre nicht einerlei geblieben. Der Doktor hatte Tinchen nämlich geſagt: ‚Bei der Körperbeſchaffenheit ihres Herrn Gemahls giebt es garnichts Vernünftigeres für ihn als dieſe Liebhaberei und ſein Herumkriechen in Steinbrüchen und Kies- und Mergelgruben; — je mehr er bei ſeinem Knochenſuchen ſchwitzt, deſto beſſer iſt's für ihn und Sie.‘ Und, lieber Eduard, wenn je ein Weib eine närriſche Liebhaberei ihres Gatten befördert hat, ſo iſt es Valentine Quakatz auf dieſen ärztlichen Ausſpruch hin geweſen. O Eduard, in der Tertiärzeit ſoll es hier noch ſo heiß geweſen ſein, wie
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ſo viel Anregendes, daß ſie ihn, und noch dazu wenn
er Zeit dafür hat, unbedingt in die Petrefaktenkunde
und die Paläontologie führt. Und Du brauchſt bloß
noch einmal die paar Schritte an die Brüſtung unſerer
Schanze zu thun, Eduard, und Dir die Umgegend
noch einmal in Beziehung hierauf zu betrachten, um
ſie plötzlich auch noch nach einer ganz neuen Richtung
hin, höchſt intereſſant zu finden. Zwiſchen der Trias
und der Kreide nichts als Waſſer, und die erſte
nächſte Inſel, dort der blaue Berg im Süden! Wenn
das Feuchte ſich in der Eocänzeit etwas zurückzog,
in der Miocänzeit es, was man jetzt nennt, trocken
wurde, und wenn es in der Pliocänzeit ſogar dann
und wann hier über der rothen Schanze ſchon ſtaubte:
ſo war das dem Bauer auf derſelben ganz einerlei;
der fragte nur danach, wer in der Welt etwas von
ſeinem Verhältniß zu Kienbaum wußte, oder gewußt
haben konnte. Aber mir, dem heutigen Bauer auf
der rothen Schanze, iſt es im Laufe der Jahre nicht
einerlei geblieben. Der Doktor hatte Tinchen nämlich
geſagt: ‚Bei der Körperbeſchaffenheit ihres Herrn
Gemahls giebt es garnichts Vernünftigeres für ihn
als dieſe Liebhaberei und ſein Herumkriechen in
Steinbrüchen und Kies- und Mergelgruben; — je
mehr er bei ſeinem Knochenſuchen ſchwitzt, deſto beſſer
iſt's für ihn und Sie.‘ Und, lieber Eduard, wenn
je ein Weib eine närriſche Liebhaberei ihres Gatten
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Tertiärzeit ſoll es hier noch ſo heiß geweſen ſein, wie
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Wilhelm Raabes "Stopfkuchen. Eine See- und Mordge… [mehr]
Wilhelm Raabes "Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte" entstand ca. 1888/90. Der Text erschien zuerst 1891 in der Deutschen Roman-Zeitung (28. Jg., Nr. 1–6) und wurde für das Deutsche Textarchiv, gemäß den DTA-Leitlinien, nach der ersten selbstständigen Veröffentlichung digitalisiert.
Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/142>, abgerufen am 16.02.2025.
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