erhitzt; einerlei! Schwitzen, schwitzen! Schweiß und Blut! Probatum est."
Martha kommt nun mit einem Löffel, einem Glas Wasser und einem Stück Zucker, während die Kleine in ihrem Bette immer unruhiger wird und Rezensent immer gespannter auf die Entwickelung der Dinge zu warten scheint.
"Ich mag nicht einnehmen!" wehklagt jetzt Lise, als ich dem Meister Sem die rothe Mütze abziehe, -- "es schmeckt so scheußlich!" --
"Aha," lacht der Doctor Wimmer, -- "die Ver- fassung!"
Während ich mich mit dem Löffel voll Medizin der Kleinen, die sich immer weiter zurückzieht, nähere, suche ich vergeblich alle möglichen Gründe für das schnelle Herunterschlucken hervor.
"Gieb's dem Rezensenten, -- er war auch gestern mit im Regen!" ruft Lischen endlich weinerlich.
"Ja, das ist auch wahr; kommen Sie, Onkel Wach- holder! der Redactionspudel soll's wenigstens kosten, damit die Lise sieht, daß es den Hals nicht gilt."
Und der Doctor nimmt, den Rücken der Kleinen zugekehrt, den Köter zwischen die Knie, thut als ob er ihm einen Löffel voll Mixtur eingösse und liebkost den Pudel dabei, daß dieser freudig aufspringt und lustig bellt.
erhitzt; einerlei! Schwitzen, ſchwitzen! Schweiß und Blut! Probatum est.“
Martha kommt nun mit einem Löffel, einem Glas Waſſer und einem Stück Zucker, während die Kleine in ihrem Bette immer unruhiger wird und Rezenſent immer geſpannter auf die Entwickelung der Dinge zu warten ſcheint.
„Ich mag nicht einnehmen!“ wehklagt jetzt Liſe, als ich dem Meiſter Sem die rothe Mütze abziehe, — „es ſchmeckt ſo ſcheußlich!“ —
„Aha,“ lacht der Doctor Wimmer, — „die Ver- faſſung!“
Während ich mich mit dem Löffel voll Medizin der Kleinen, die ſich immer weiter zurückzieht, nähere, ſuche ich vergeblich alle möglichen Gründe für das ſchnelle Herunterſchlucken hervor.
„Gieb’s dem Rezenſenten, — er war auch geſtern mit im Regen!“ ruft Lischen endlich weinerlich.
„Ja, das iſt auch wahr; kommen Sie, Onkel Wach- holder! der Redactionspudel ſoll’s wenigſtens koſten, damit die Liſe ſieht, daß es den Hals nicht gilt.“
Und der Doctor nimmt, den Rücken der Kleinen zugekehrt, den Köter zwiſchen die Knie, thut als ob er ihm einen Löffel voll Mixtur eingöſſe und liebkoſt den Pudel dabei, daß dieſer freudig aufſpringt und luſtig bellt.
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erhitzt; einerlei! Schwitzen, ſchwitzen! Schweiß und
Blut! Probatum est.“
Martha kommt nun mit einem Löffel, einem Glas
Waſſer und einem Stück Zucker, während die Kleine in
ihrem Bette immer unruhiger wird und Rezenſent immer
geſpannter auf die Entwickelung der Dinge zu warten
ſcheint.
„Ich mag nicht einnehmen!“ wehklagt jetzt Liſe, als
ich dem Meiſter Sem die rothe Mütze abziehe, — „es
ſchmeckt ſo ſcheußlich!“ —
„Aha,“ lacht der Doctor Wimmer, — „die Ver-
faſſung!“
Während ich mich mit dem Löffel voll Medizin der
Kleinen, die ſich immer weiter zurückzieht, nähere, ſuche
ich vergeblich alle möglichen Gründe für das ſchnelle
Herunterſchlucken hervor.
„Gieb’s dem Rezenſenten, — er war auch geſtern
mit im Regen!“ ruft Lischen endlich weinerlich.
„Ja, das iſt auch wahr; kommen Sie, Onkel Wach-
holder! der Redactionspudel ſoll’s wenigſtens koſten,
damit die Liſe ſieht, daß es den Hals nicht gilt.“
Und der Doctor nimmt, den Rücken der Kleinen
zugekehrt, den Köter zwiſchen die Knie, thut als ob er
ihm einen Löffel voll Mixtur eingöſſe und liebkoſt den
Pudel dabei, daß dieſer freudig aufſpringt und luſtig bellt.
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Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_sperlingsgasse_1857/96>, abgerufen am 16.07.2024.
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