Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857.So tauche denn auf aus dem Dunkel du Idyll, Und wie das Epheu höher und höher emporsteigt, Schüttle die Locken nicht so und gucke mich nicht so So tauche denn auf aus dem Dunkel du Idyll, Und wie das Epheu höher und höher emporſteigt, Schüttle die Locken nicht ſo und gucke mich nicht ſo <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0085" n="75"/> <p>So tauche denn auf aus dem Dunkel du Idyll,<lb/> bringe mit dir deine Märchenwelt, dein Lächeln durch<lb/> Thränen! Komm mein kleines Herz; — aus den ſchweins-<lb/> ledernen Folianten laſſen ſich ſo hübſche Puppenſtuben<lb/> bauen; ſchau’ einmal her, was für ein prächtiges Bett<lb/> giebt mein Papierkorb ab für die Jungfern Anna, Laura,<lb/> Joſephine und wie die Kleiegefüllten Donnen ſonſt heißen!<lb/> Einen niedlichen, goldigen Canarienvogel ſchenke ich Dir,<lb/> wenn Du nicht weinen willſt und hübſch herzhaft den<lb/> Löffel voll brauner Medizin herunterſchluckſt! — Weine<lb/> nicht Liebchen, ſieh wie das Epheu aus Deiner Mutter<lb/> Heimathswalde Blättchen an Blättchen anſetzt und im-<lb/> mer höher an der Fenſterwand ſich emporrankt. Schau,<lb/> wie der Sonnenſchein hindurchzittert und auf dem Fuß-<lb/> boden tanzt und flimmert; — es iſt wie im grünen<lb/> Wald — Sonnenſchein und blauer Himmel! Du mußt<lb/> aber auch lächeln! —</p><lb/> <p>Und wie das Epheu höher und höher emporſteigt,<lb/> ſo wächſt auch Du, mein kleines Lieb; ſchon umgeben<lb/> eben ſo feine, lichtbraune Locken, wie die auf jenem<lb/> Bilde, Dein Köpfchen. Wer hat Dich gelehrt, das Köpf-<lb/> chen ſo hinüber hängen zu laſſen nach der linken Seite,<lb/> wie <hi rendition="#g">ſie</hi> es that?</p><lb/> <p>Schüttle die Locken nicht ſo und gucke mich nicht ſo<lb/> ſchelmiſch an aus Deinen großen, glänzenden Augen! Soll<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [75/0085]
So tauche denn auf aus dem Dunkel du Idyll,
bringe mit dir deine Märchenwelt, dein Lächeln durch
Thränen! Komm mein kleines Herz; — aus den ſchweins-
ledernen Folianten laſſen ſich ſo hübſche Puppenſtuben
bauen; ſchau’ einmal her, was für ein prächtiges Bett
giebt mein Papierkorb ab für die Jungfern Anna, Laura,
Joſephine und wie die Kleiegefüllten Donnen ſonſt heißen!
Einen niedlichen, goldigen Canarienvogel ſchenke ich Dir,
wenn Du nicht weinen willſt und hübſch herzhaft den
Löffel voll brauner Medizin herunterſchluckſt! — Weine
nicht Liebchen, ſieh wie das Epheu aus Deiner Mutter
Heimathswalde Blättchen an Blättchen anſetzt und im-
mer höher an der Fenſterwand ſich emporrankt. Schau,
wie der Sonnenſchein hindurchzittert und auf dem Fuß-
boden tanzt und flimmert; — es iſt wie im grünen
Wald — Sonnenſchein und blauer Himmel! Du mußt
aber auch lächeln! —
Und wie das Epheu höher und höher emporſteigt,
ſo wächſt auch Du, mein kleines Lieb; ſchon umgeben
eben ſo feine, lichtbraune Locken, wie die auf jenem
Bilde, Dein Köpfchen. Wer hat Dich gelehrt, das Köpf-
chen ſo hinüber hängen zu laſſen nach der linken Seite,
wie ſie es that?
Schüttle die Locken nicht ſo und gucke mich nicht ſo
ſchelmiſch an aus Deinen großen, glänzenden Augen! Soll
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