Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857.niedergelegt hat, eigentlich bedeutet! Wer weiß, ob es 31/4 Uhr. -- Welche Reisegedanken dieser blaue Him- niedergelegt hat, eigentlich bedeutet! Wer weiß, ob es 3¼ Uhr. — Welche Reiſegedanken dieſer blaue Him- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0227" n="217"/> niedergelegt hat, eigentlich bedeutet! Wer weiß, ob es<lb/> nicht ein deponirtes Tagebuch iſt, voll der geiſtreichſten<lb/> Bemerkungen; ein Tagebuch, das man nur aufzurollen<lb/> und zu entziffern brauchte, wie einen egyptiſchen Papy-<lb/> rus, um wunderbare, unerhörte Dinge zu erfahren.<lb/> Welch’ eine Revolution würde es hervorbringen, wenn<lb/> dem ſo wäre; wenn man ſich vor den Fliegen an der<lb/> Wand ſchämen müßte! Wie würden die Fliegenklatſchen<lb/> in Gang kommen. Arme Fliegen! Kein „redlicher Greis<lb/> in geſtreifter kalmankener Jacke“ würde euch mehr ver-<lb/> ſchonen „zur Wintergeſellſchaft.“ Wie den Vogel Dudu<lb/> würde man euch ausrotten und höchſtens — einige in<lb/> Uniform geſteckt, mit einer Cocarde auf jedem Flügel,<lb/> als Regierungsbeamte beſolden. Es wäre ſchrecklich, und<lb/> ich breche ab. — — —</p><lb/> <p>3¼ <hi rendition="#g">Uhr</hi>. — Welche Reiſegedanken dieſer blaue Him-<lb/> mel ſchon wieder in mir erweckt! An ſolchen Vorfrüh-<lb/> lingstagen, wo der Geiſt die Laſt des Winters noch nicht<lb/> ganz abgeſchüttelt hat, iſt’s, wo die Sehnſucht nach der<lb/> Ferne uns am mächtigſten ergreift. Es iſt ein ſonder-<lb/> bares Ding um dieſe Sehnſucht, die wir nie verlieren,<lb/> ſo alt wir ſein mögen. Da zupft Etwas an unſerm<lb/> tiefſten Innern: Komm heraus, komm heraus, was ſitzeſt<lb/> Du ſo ſtill Du Thor und hältſt Maulaffen feil? Hier<lb/> findeſt Du nicht, worüber Du grübelſt, wonach Du Dich<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [217/0227]
niedergelegt hat, eigentlich bedeutet! Wer weiß, ob es
nicht ein deponirtes Tagebuch iſt, voll der geiſtreichſten
Bemerkungen; ein Tagebuch, das man nur aufzurollen
und zu entziffern brauchte, wie einen egyptiſchen Papy-
rus, um wunderbare, unerhörte Dinge zu erfahren.
Welch’ eine Revolution würde es hervorbringen, wenn
dem ſo wäre; wenn man ſich vor den Fliegen an der
Wand ſchämen müßte! Wie würden die Fliegenklatſchen
in Gang kommen. Arme Fliegen! Kein „redlicher Greis
in geſtreifter kalmankener Jacke“ würde euch mehr ver-
ſchonen „zur Wintergeſellſchaft.“ Wie den Vogel Dudu
würde man euch ausrotten und höchſtens — einige in
Uniform geſteckt, mit einer Cocarde auf jedem Flügel,
als Regierungsbeamte beſolden. Es wäre ſchrecklich, und
ich breche ab. — — —
3¼ Uhr. — Welche Reiſegedanken dieſer blaue Him-
mel ſchon wieder in mir erweckt! An ſolchen Vorfrüh-
lingstagen, wo der Geiſt die Laſt des Winters noch nicht
ganz abgeſchüttelt hat, iſt’s, wo die Sehnſucht nach der
Ferne uns am mächtigſten ergreift. Es iſt ein ſonder-
bares Ding um dieſe Sehnſucht, die wir nie verlieren,
ſo alt wir ſein mögen. Da zupft Etwas an unſerm
tiefſten Innern: Komm heraus, komm heraus, was ſitzeſt
Du ſo ſtill Du Thor und hältſt Maulaffen feil? Hier
findeſt Du nicht, worüber Du grübelſt, wonach Du Dich
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