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Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857.

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men Sie, Wachholder, rücken Sie her. Burschen, seht
wo Ihr Plätze findet und haltet das Maul, die Groß-
mutter will von den acht Franzosen in Nummero Sie-
ben erzählen!"

Die Alte lächelt und bringt ihr Rad wieder in
Gang: "Solchen gelehrten Herren soll ich erzählen? Die
haben ja Alles viel besser in Büchern gelesen; von Allen
Achten weiß ich auch nichts!"

"Großmutter, was ich in Büchern gelesen, habe ich
Gottlob nun bald wieder vergessen," sagt der Zeichner,
"und wenn Sie von allen Achten nichts wissen, so sind
wir auch mit Vier zufrieden, oder mit so viel, als Sie
wollen; erzählen Sie nur!"

"Nun, wenn Sie's denn wollen, so muß ich mich
mal besinnen. -- Gut!" --

"Also es war Anno Sechs, als der Franzos im
Lande rumorte und drunten schrecklich hausen sollte, denn
er hatte einen großen Sieg erfochten und glaubte das
Recht dazu zu haben. Die Leute fürchteten sich alle
sehr, gruben ihre Löffel weg und näheten ihren Kindern
jedem ein Goldstück in den Rocksaum, auf den Fall,
daß sie abhanden kämen oder mitgenommen würden.
Aber mein Seliger that gar nicht, als ob ihn das
was anginge. -- Wenn sie kommen, sind sie da -- sagte
er, und dabei blieb er, und wenn die Nachbarn kamen

men Sie, Wachholder, rücken Sie her. Burſchen, ſeht
wo Ihr Plätze findet und haltet das Maul, die Groß-
mutter will von den acht Franzoſen in Nummero Sie-
ben erzählen!“

Die Alte lächelt und bringt ihr Rad wieder in
Gang: „Solchen gelehrten Herren ſoll ich erzählen? Die
haben ja Alles viel beſſer in Büchern geleſen; von Allen
Achten weiß ich auch nichts!“

„Großmutter, was ich in Büchern geleſen, habe ich
Gottlob nun bald wieder vergeſſen,“ ſagt der Zeichner,
„und wenn Sie von allen Achten nichts wiſſen, ſo ſind
wir auch mit Vier zufrieden, oder mit ſo viel, als Sie
wollen; erzählen Sie nur!“

„Nun, wenn Sie’s denn wollen, ſo muß ich mich
mal beſinnen. — Gut!“ —

„Alſo es war Anno Sechs, als der Franzos im
Lande rumorte und drunten ſchrecklich hauſen ſollte, denn
er hatte einen großen Sieg erfochten und glaubte das
Recht dazu zu haben. Die Leute fürchteten ſich alle
ſehr, gruben ihre Löffel weg und näheten ihren Kindern
jedem ein Goldſtück in den Rockſaum, auf den Fall,
daß ſie abhanden kämen oder mitgenommen würden.
Aber mein Seliger that gar nicht, als ob ihn das
was anginge. — Wenn ſie kommen, ſind ſie da — ſagte
er, und dabei blieb er, und wenn die Nachbarn kamen

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[139/0149] men Sie, Wachholder, rücken Sie her. Burſchen, ſeht wo Ihr Plätze findet und haltet das Maul, die Groß- mutter will von den acht Franzoſen in Nummero Sie- ben erzählen!“ Die Alte lächelt und bringt ihr Rad wieder in Gang: „Solchen gelehrten Herren ſoll ich erzählen? Die haben ja Alles viel beſſer in Büchern geleſen; von Allen Achten weiß ich auch nichts!“ „Großmutter, was ich in Büchern geleſen, habe ich Gottlob nun bald wieder vergeſſen,“ ſagt der Zeichner, „und wenn Sie von allen Achten nichts wiſſen, ſo ſind wir auch mit Vier zufrieden, oder mit ſo viel, als Sie wollen; erzählen Sie nur!“ „Nun, wenn Sie’s denn wollen, ſo muß ich mich mal beſinnen. — Gut!“ — „Alſo es war Anno Sechs, als der Franzos im Lande rumorte und drunten ſchrecklich hauſen ſollte, denn er hatte einen großen Sieg erfochten und glaubte das Recht dazu zu haben. Die Leute fürchteten ſich alle ſehr, gruben ihre Löffel weg und näheten ihren Kindern jedem ein Goldſtück in den Rockſaum, auf den Fall, daß ſie abhanden kämen oder mitgenommen würden. Aber mein Seliger that gar nicht, als ob ihn das was anginge. — Wenn ſie kommen, ſind ſie da — ſagte er, und dabei blieb er, und wenn die Nachbarn kamen

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_sperlingsgasse_1857/149>, abgerufen am 24.11.2024.