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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889.

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Hand hier bei uns Andern in Geduld über sich walten
zu lassen. Aber das Wieschen, das Mädchen lässet er
in Amelungsborn, lässet es bei mir. Seine herzog¬
liche Durchlaucht haben es nicht aufgefordert, ihm das
edle Wahrzeichen von einem Bagagewagen hinzuhalten;
nach Braunschweig in's Mosthaus oder in die Burg
Dankwarderode soll es ihm das Zeichen zurückstellen,
wenn der Herr aus der Höhe seinen Stab zwischen
die Streiter geworfen hat. Ja wohl, da hat Er mir
die Weser auf den Tisch gemalt, Er Narre. Hier
kommt der Franzmann von Neuem über den Solling
und dringt auf Einbeck, hier streckt sich der Ith und
hier (der Magister setzte den hagern Zeigefinger fest
auf eine ganz bestimmte Stelle seiner imaginären Land¬
karte), hier wird Er freilich in den allernächsten Tagen,
ja morgen schon den Herzog Ferdinand treffen, wenn
der noch einmal seine Vaterstadt und seines Herrn
Bruders Residenz vor dem Marschall von Broglio
schirmen will. Halte Er sich ja nicht länger auf bei
uns, Schelze, folge Er nur seinem Grimmbrägen und
vertausche Er den Stab seines geplagten und Ihm von
Gott vorgesetzten Brodherrn mit der Fuchtel des nächsten
welschen, englischen oder hannöverschen Feldwebels; aber
das Mädchen, das Wieschen giebt Ihm nicht seine Ehre
und Schaam mit in die Rappuse und auf den Feld¬
wagen. Es hält aus mit dem alten Magister Buchius
und bei ihm, und es gehet nur mit ihm von Kloster
Amelungsborn. Wahrlich, wahrlich es ist schon mehr

Hand hier bei uns Andern in Geduld über ſich walten
zu laſſen. Aber das Wieſchen, das Mädchen läſſet er
in Amelungsborn, läſſet es bei mir. Seine herzog¬
liche Durchlaucht haben es nicht aufgefordert, ihm das
edle Wahrzeichen von einem Bagagewagen hinzuhalten;
nach Braunſchweig in's Moſthaus oder in die Burg
Dankwarderode ſoll es ihm das Zeichen zurückſtellen,
wenn der Herr aus der Höhe ſeinen Stab zwiſchen
die Streiter geworfen hat. Ja wohl, da hat Er mir
die Weſer auf den Tiſch gemalt, Er Narre. Hier
kommt der Franzmann von Neuem über den Solling
und dringt auf Einbeck, hier ſtreckt ſich der Ith und
hier (der Magiſter ſetzte den hagern Zeigefinger feſt
auf eine ganz beſtimmte Stelle ſeiner imaginären Land¬
karte), hier wird Er freilich in den allernächſten Tagen,
ja morgen ſchon den Herzog Ferdinand treffen, wenn
der noch einmal ſeine Vaterſtadt und ſeines Herrn
Bruders Reſidenz vor dem Marſchall von Broglio
ſchirmen will. Halte Er ſich ja nicht länger auf bei
uns, Schelze, folge Er nur ſeinem Grimmbrägen und
vertauſche Er den Stab ſeines geplagten und Ihm von
Gott vorgeſetzten Brodherrn mit der Fuchtel des nächſten
welſchen, engliſchen oder hannöverſchen Feldwebels; aber
das Mädchen, das Wieſchen giebt Ihm nicht ſeine Ehre
und Schaam mit in die Rappuſe und auf den Feld¬
wagen. Es hält aus mit dem alten Magiſter Buchius
und bei ihm, und es gehet nur mit ihm von Kloſter
Amelungsborn. Wahrlich, wahrlich es iſt ſchon mehr

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[71/0079] Hand hier bei uns Andern in Geduld über ſich walten zu laſſen. Aber das Wieſchen, das Mädchen läſſet er in Amelungsborn, läſſet es bei mir. Seine herzog¬ liche Durchlaucht haben es nicht aufgefordert, ihm das edle Wahrzeichen von einem Bagagewagen hinzuhalten; nach Braunſchweig in's Moſthaus oder in die Burg Dankwarderode ſoll es ihm das Zeichen zurückſtellen, wenn der Herr aus der Höhe ſeinen Stab zwiſchen die Streiter geworfen hat. Ja wohl, da hat Er mir die Weſer auf den Tiſch gemalt, Er Narre. Hier kommt der Franzmann von Neuem über den Solling und dringt auf Einbeck, hier ſtreckt ſich der Ith und hier (der Magiſter ſetzte den hagern Zeigefinger feſt auf eine ganz beſtimmte Stelle ſeiner imaginären Land¬ karte), hier wird Er freilich in den allernächſten Tagen, ja morgen ſchon den Herzog Ferdinand treffen, wenn der noch einmal ſeine Vaterſtadt und ſeines Herrn Bruders Reſidenz vor dem Marſchall von Broglio ſchirmen will. Halte Er ſich ja nicht länger auf bei uns, Schelze, folge Er nur ſeinem Grimmbrägen und vertauſche Er den Stab ſeines geplagten und Ihm von Gott vorgeſetzten Brodherrn mit der Fuchtel des nächſten welſchen, engliſchen oder hannöverſchen Feldwebels; aber das Mädchen, das Wieſchen giebt Ihm nicht ſeine Ehre und Schaam mit in die Rappuſe und auf den Feld¬ wagen. Es hält aus mit dem alten Magiſter Buchius und bei ihm, und es gehet nur mit ihm von Kloſter Amelungsborn. Wahrlich, wahrlich es iſt ſchon mehr

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/79>, abgerufen am 29.03.2024.