Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889.

Bild:
<< vorherige Seite

und der Herr Prinz von Soubise wären thörichter als
sie sind, wenn sie sich bei währender böser Krankheit
des Herrn Herzog Ferdinands die günstige Gelegenheit
entgehen ließen, Seiner Durchlaucht Vaterstadt Braun¬
schweig mit zu ihren Winterquartieren zu gewinnen.
Da müßte denn freilich der Zug über Einbeck gehen,
und wenn die hohen Alliirten von Hameln her doch
noch versuchten einen Riegel vorzuschieben, so möchten
wir hier endlich auch einmal des Anblicks einer geord¬
neten Schlacht theilhaftig werden, das agmen compo¬
situm
, vielleicht auch quadratum, das aciem instruere
-- subsidiis firmare, ja auch vielleicht die Aufstellung
in quincuncem, so jedes Durchbrechen der Linie ver¬
hindern soll, vor unseren Thüren mit eigenen Augen
kennen lernen. Polybius, Hyginus, so wie Vegetii
epitome institutorum rei militaris
--"

Der Amtmann sah seinen langjährigen, oft nur zu
wohlbekannten Hausgenossen, den von der hohen Schule
in Holzminden und dem Consistorio zu Wolfenbüttel
für überflüssig und abgängig erachteten Magister Noah
Buchius an wie ein ganz neues -- Portentum. Jeden¬
falls aber wie völlig zu dem immer noch vor seinen
Augen in der Luft sich abspielenden zugehörig. Aber
zu dem, was er in diesem Augenblick dem guten Manne
sagen wollte -- konnte, kam er nicht.

Was der Grund war, weiß kein Mensch. Wie als
wenn eine Stimme von Oben, einerlei ob aus dem
christlichen Himmel, oder vom Ida, oder aus Walhall

und der Herr Prinz von Soubiſe wären thörichter als
ſie ſind, wenn ſie ſich bei währender böſer Krankheit
des Herrn Herzog Ferdinands die günſtige Gelegenheit
entgehen ließen, Seiner Durchlaucht Vaterſtadt Braun¬
ſchweig mit zu ihren Winterquartieren zu gewinnen.
Da müßte denn freilich der Zug über Einbeck gehen,
und wenn die hohen Alliirten von Hameln her doch
noch verſuchten einen Riegel vorzuſchieben, ſo möchten
wir hier endlich auch einmal des Anblicks einer geord¬
neten Schlacht theilhaftig werden, das agmen compo¬
situm
, vielleicht auch quadratum, das aciem instruere
subsidiis firmare, ja auch vielleicht die Aufſtellung
in quincuncem, ſo jedes Durchbrechen der Linie ver¬
hindern ſoll, vor unſeren Thüren mit eigenen Augen
kennen lernen. Polybius, Hyginus, ſo wie Vegetii
epitome institutorum rei militaris
—“

Der Amtmann ſah ſeinen langjährigen, oft nur zu
wohlbekannten Hausgenoſſen, den von der hohen Schule
in Holzminden und dem Conſiſtorio zu Wolfenbüttel
für überflüſſig und abgängig erachteten Magiſter Noah
Buchius an wie ein ganz neues — Portentum. Jeden¬
falls aber wie völlig zu dem immer noch vor ſeinen
Augen in der Luft ſich abſpielenden zugehörig. Aber
zu dem, was er in dieſem Augenblick dem guten Manne
ſagen wollte — konnte, kam er nicht.

Was der Grund war, weiß kein Menſch. Wie als
wenn eine Stimme von Oben, einerlei ob aus dem
chriſtlichen Himmel, oder vom Ida, oder aus Walhall

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0044" n="36"/>
und der Herr Prinz von Soubi&#x017F;e wären thörichter als<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ind, wenn &#x017F;ie &#x017F;ich bei währender bö&#x017F;er Krankheit<lb/>
des Herrn Herzog Ferdinands die gün&#x017F;tige Gelegenheit<lb/>
entgehen ließen, Seiner Durchlaucht Vater&#x017F;tadt Braun¬<lb/>
&#x017F;chweig mit zu ihren Winterquartieren zu gewinnen.<lb/>
Da müßte denn freilich der Zug über Einbeck gehen,<lb/>
und wenn die hohen Alliirten von Hameln her doch<lb/>
noch ver&#x017F;uchten einen Riegel vorzu&#x017F;chieben, &#x017F;o möchten<lb/>
wir hier endlich auch einmal des Anblicks einer geord¬<lb/>
neten Schlacht theilhaftig werden, das <hi rendition="#aq">agmen compo¬<lb/>
situm</hi>, vielleicht auch <hi rendition="#aq">quadratum</hi>, das <hi rendition="#aq">aciem instruere</hi><lb/>
&#x2014; <hi rendition="#aq">subsidiis firmare</hi>, ja auch vielleicht die Auf&#x017F;tellung<lb/><hi rendition="#aq">in quincuncem</hi>, &#x017F;o jedes Durchbrechen der Linie ver¬<lb/>
hindern &#x017F;oll, vor un&#x017F;eren Thüren mit eigenen Augen<lb/>
kennen lernen. Polybius, Hyginus, &#x017F;o wie <hi rendition="#aq">Vegetii<lb/>
epitome institutorum rei militaris</hi> &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>Der Amtmann &#x017F;ah &#x017F;einen langjährigen, oft nur zu<lb/>
wohlbekannten Hausgeno&#x017F;&#x017F;en, den von der hohen Schule<lb/>
in Holzminden und dem Con&#x017F;i&#x017F;torio zu Wolfenbüttel<lb/>
für überflü&#x017F;&#x017F;ig und abgängig erachteten Magi&#x017F;ter Noah<lb/>
Buchius an wie ein ganz neues &#x2014; Portentum. Jeden¬<lb/>
falls aber wie völlig zu dem immer noch vor &#x017F;einen<lb/>
Augen in der Luft &#x017F;ich ab&#x017F;pielenden zugehörig. Aber<lb/>
zu dem, was er in die&#x017F;em Augenblick dem guten Manne<lb/>
&#x017F;agen wollte &#x2014; konnte, kam er nicht.<lb/></p>
        <p>Was der Grund war, weiß kein Men&#x017F;ch. Wie als<lb/>
wenn eine Stimme von Oben, einerlei ob aus dem<lb/>
chri&#x017F;tlichen Himmel, oder vom Ida, oder aus Walhall<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[36/0044] und der Herr Prinz von Soubiſe wären thörichter als ſie ſind, wenn ſie ſich bei währender böſer Krankheit des Herrn Herzog Ferdinands die günſtige Gelegenheit entgehen ließen, Seiner Durchlaucht Vaterſtadt Braun¬ ſchweig mit zu ihren Winterquartieren zu gewinnen. Da müßte denn freilich der Zug über Einbeck gehen, und wenn die hohen Alliirten von Hameln her doch noch verſuchten einen Riegel vorzuſchieben, ſo möchten wir hier endlich auch einmal des Anblicks einer geord¬ neten Schlacht theilhaftig werden, das agmen compo¬ situm, vielleicht auch quadratum, das aciem instruere — subsidiis firmare, ja auch vielleicht die Aufſtellung in quincuncem, ſo jedes Durchbrechen der Linie ver¬ hindern ſoll, vor unſeren Thüren mit eigenen Augen kennen lernen. Polybius, Hyginus, ſo wie Vegetii epitome institutorum rei militaris —“ Der Amtmann ſah ſeinen langjährigen, oft nur zu wohlbekannten Hausgenoſſen, den von der hohen Schule in Holzminden und dem Conſiſtorio zu Wolfenbüttel für überflüſſig und abgängig erachteten Magiſter Noah Buchius an wie ein ganz neues — Portentum. Jeden¬ falls aber wie völlig zu dem immer noch vor ſeinen Augen in der Luft ſich abſpielenden zugehörig. Aber zu dem, was er in dieſem Augenblick dem guten Manne ſagen wollte — konnte, kam er nicht. Was der Grund war, weiß kein Menſch. Wie als wenn eine Stimme von Oben, einerlei ob aus dem chriſtlichen Himmel, oder vom Ida, oder aus Walhall

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/44
Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/44>, abgerufen am 21.11.2024.