missaire de guerre zu jeglicher Stunde bereit, Leute --"
"O du barmherziger Himmel!" hatten die Hohlen¬ berger, die Golmbacher und die Negenborner geheult, und der Klosteramtmann von Amelungsborn hatte wohl einigen Grund für den Ton, mit welchem er seinen alten gelehrten Leibzüchter gröblich anschnauzte:
"Treibe Er sich nicht länger draußen unnützlich herum, wenn ich Ihm rathen darf, Magister. Komme Er mit nach Hause. Wozu stehet Er da und starret in die Bestialität, da Er es nicht nöthig hat? Was sieht Er wieder im Himmel und auf Erden, was andere Leute nicht sehen? Des Herrn Güte und der Menschen Wohlgefallen an einander? Er übergelehrter Rab' mitten im dritten schlesischen Kriege! ho, ho, da, ich nehme Ihn unter'm Arm, daß man doch Einen auf dem Weg nach Hause hat, an den man sich halten kann. Was Er mir werth ist in Seinem und meinem Leben, das weiß Er ja."
Magister Buchius hatte einigen Grund, wenn auch aus andern Gründen, das Weiße im Auge zu zeigen wie die Negenborner, die Golmbacher und die Hohlen¬ berger -- auch die nächsten Nachbaren des Kloster¬ amtmanns von Amelungsborn; -- willenlos wendete er, wie so oft in seinem Dasein, um und ließ sich dem Belieben eines Andern nachziehen.
Dießmal auf der aufgeweichten, zerfahrenen Land¬ straße, die von Hause her und nach Hause zurückführte,
missaire de guerre zu jeglicher Stunde bereit, Leute —“
„O du barmherziger Himmel!“ hatten die Hohlen¬ berger, die Golmbacher und die Negenborner geheult, und der Kloſteramtmann von Amelungsborn hatte wohl einigen Grund für den Ton, mit welchem er ſeinen alten gelehrten Leibzüchter gröblich anſchnauzte:
„Treibe Er ſich nicht länger draußen unnützlich herum, wenn ich Ihm rathen darf, Magiſter. Komme Er mit nach Hauſe. Wozu ſtehet Er da und ſtarret in die Beſtialität, da Er es nicht nöthig hat? Was ſieht Er wieder im Himmel und auf Erden, was andere Leute nicht ſehen? Des Herrn Güte und der Menſchen Wohlgefallen an einander? Er übergelehrter Rab' mitten im dritten ſchleſiſchen Kriege! ho, ho, da, ich nehme Ihn unter'm Arm, daß man doch Einen auf dem Weg nach Hauſe hat, an den man ſich halten kann. Was Er mir werth iſt in Seinem und meinem Leben, das weiß Er ja.“
Magiſter Buchius hatte einigen Grund, wenn auch aus andern Gründen, das Weiße im Auge zu zeigen wie die Negenborner, die Golmbacher und die Hohlen¬ berger — auch die nächſten Nachbaren des Kloſter¬ amtmanns von Amelungsborn; — willenlos wendete er, wie ſo oft in ſeinem Daſein, um und ließ ſich dem Belieben eines Andern nachziehen.
Dießmal auf der aufgeweichten, zerfahrenen Land¬ ſtraße, die von Hauſe her und nach Hauſe zurückführte,
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missaire de guerre zu jeglicher Stunde bereit,
Leute —“
„O du barmherziger Himmel!“ hatten die Hohlen¬
berger, die Golmbacher und die Negenborner geheult,
und der Kloſteramtmann von Amelungsborn hatte wohl
einigen Grund für den Ton, mit welchem er ſeinen
alten gelehrten Leibzüchter gröblich anſchnauzte:
„Treibe Er ſich nicht länger draußen unnützlich
herum, wenn ich Ihm rathen darf, Magiſter. Komme
Er mit nach Hauſe. Wozu ſtehet Er da und ſtarret
in die Beſtialität, da Er es nicht nöthig hat? Was
ſieht Er wieder im Himmel und auf Erden, was andere
Leute nicht ſehen? Des Herrn Güte und der Menſchen
Wohlgefallen an einander? Er übergelehrter Rab'
mitten im dritten ſchleſiſchen Kriege! ho, ho, da, ich
nehme Ihn unter'm Arm, daß man doch Einen auf
dem Weg nach Hauſe hat, an den man ſich halten kann.
Was Er mir werth iſt in Seinem und meinem Leben,
das weiß Er ja.“
Magiſter Buchius hatte einigen Grund, wenn auch
aus andern Gründen, das Weiße im Auge zu zeigen
wie die Negenborner, die Golmbacher und die Hohlen¬
berger — auch die nächſten Nachbaren des Kloſter¬
amtmanns von Amelungsborn; — willenlos wendete
er, wie ſo oft in ſeinem Daſein, um und ließ ſich dem
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Dießmal auf der aufgeweichten, zerfahrenen Land¬
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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/34>, abgerufen am 05.07.2024.
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