Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889.

Bild:
<< vorherige Seite

durch vorgeschobenes Gerümpel sein Möglichstes gethan,
beides zu schützen, sowohl vor den Husaren des Gene¬
rals Luckner, wie vor den austrasischen Freiwilligen
des Marschalls von Broglio und den Bergschotten My¬
lord Granby's.

Wie aber kam der Magister zu diesem großen Ahn¬
herrn? Auf die einfachste Weise. Sein Ururgroßvater
Veit Buchius folgte dem alten Andreas nicht nur auf
dem Abtstuhl, sondern auch im Ehebett. Und die
Wittib war jung und angenehm, und er hatte Nach¬
kommenschaft. Jared zeugete Henoch. Henoch zeugete
Methusalah. Methusalah zeugete Lamech; und Lamech
zeugete einen Sohn und hieß ihn Noah und sprach:

"Der wird uns trösten in unserer Mühe und Ar¬
beit auf Erden, die der Herr verflucht hat!"

Möge der Trost, den wir persönlich aus dem alten
Schulmeister, dem Magister Noah Buchius gezogen haben,
vielen Andern zu Theil werden. Dies ist unser herz¬
licher Wunsch, wie wir uns aufrichten von den Foli¬
anten, Quartanten, Pergamenten und Aktenbündeln, ob
denen wir auf das Sausen und Brausen, das Getöne
von Wodans Felde, vom Odfelde, kurz von Ferne her
gehorcht haben im Lärm der Gegenwart, im Getöse des
Tages, der immer morgen auch schon hinter uns liegt,
als ob er vor hunderttausend Jahren gewesen wäre.

Sollen wir nun noch viel reden von den Aebten,
die noch nachher kamen? Im Grunde wäre es nicht
nöthig, da wir uns die Zwei, auf welche es uns haupt¬

durch vorgeſchobenes Gerümpel ſein Möglichſtes gethan,
beides zu ſchützen, ſowohl vor den Huſaren des Gene¬
rals Luckner, wie vor den auſtraſiſchen Freiwilligen
des Marſchalls von Broglio und den Bergſchotten My¬
lord Granby's.

Wie aber kam der Magiſter zu dieſem großen Ahn¬
herrn? Auf die einfachſte Weiſe. Sein Ururgroßvater
Veit Buchius folgte dem alten Andreas nicht nur auf
dem Abtſtuhl, ſondern auch im Ehebett. Und die
Wittib war jung und angenehm, und er hatte Nach¬
kommenſchaft. Jared zeugete Henoch. Henoch zeugete
Methuſalah. Methuſalah zeugete Lamech; und Lamech
zeugete einen Sohn und hieß ihn Noah und ſprach:

„Der wird uns tröſten in unſerer Mühe und Ar¬
beit auf Erden, die der Herr verflucht hat!“

Möge der Troſt, den wir perſönlich aus dem alten
Schulmeiſter, dem Magiſter Noah Buchius gezogen haben,
vielen Andern zu Theil werden. Dies iſt unſer herz¬
licher Wunſch, wie wir uns aufrichten von den Foli¬
anten, Quartanten, Pergamenten und Aktenbündeln, ob
denen wir auf das Sauſen und Brauſen, das Getöne
von Wodans Felde, vom Odfelde, kurz von Ferne her
gehorcht haben im Lärm der Gegenwart, im Getöſe des
Tages, der immer morgen auch ſchon hinter uns liegt,
als ob er vor hunderttauſend Jahren geweſen wäre.

Sollen wir nun noch viel reden von den Aebten,
die noch nachher kamen? Im Grunde wäre es nicht
nöthig, da wir uns die Zwei, auf welche es uns haupt¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0016" n="8"/>
durch vorge&#x017F;chobenes Gerümpel &#x017F;ein Möglich&#x017F;tes gethan,<lb/>
beides zu &#x017F;chützen, &#x017F;owohl vor den Hu&#x017F;aren des Gene¬<lb/>
rals Luckner, wie vor den au&#x017F;tra&#x017F;i&#x017F;chen Freiwilligen<lb/>
des Mar&#x017F;challs von Broglio und den Berg&#x017F;chotten My¬<lb/>
lord Granby's.</p><lb/>
        <p>Wie aber kam der Magi&#x017F;ter zu die&#x017F;em großen Ahn¬<lb/>
herrn? Auf die einfach&#x017F;te Wei&#x017F;e. Sein Ururgroßvater<lb/>
Veit Buchius folgte dem alten Andreas nicht nur auf<lb/>
dem Abt&#x017F;tuhl, &#x017F;ondern auch im Ehebett. Und die<lb/>
Wittib war jung und angenehm, und er hatte Nach¬<lb/>
kommen&#x017F;chaft. Jared zeugete Henoch. Henoch zeugete<lb/>
Methu&#x017F;alah. Methu&#x017F;alah zeugete Lamech; und Lamech<lb/>
zeugete einen Sohn und hieß ihn Noah und &#x017F;prach:</p><lb/>
        <p>&#x201E;Der wird uns trö&#x017F;ten in un&#x017F;erer Mühe und Ar¬<lb/>
beit auf Erden, die der Herr verflucht hat!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Möge der Tro&#x017F;t, den wir per&#x017F;önlich aus dem alten<lb/>
Schulmei&#x017F;ter, dem Magi&#x017F;ter Noah Buchius gezogen haben,<lb/>
vielen Andern zu Theil werden. Dies i&#x017F;t un&#x017F;er herz¬<lb/>
licher Wun&#x017F;ch, wie wir uns aufrichten von den Foli¬<lb/>
anten, Quartanten, Pergamenten und Aktenbündeln, ob<lb/>
denen wir auf das Sau&#x017F;en und Brau&#x017F;en, das Getöne<lb/>
von Wodans Felde, vom Odfelde, kurz von Ferne her<lb/>
gehorcht haben im Lärm der Gegenwart, im Getö&#x017F;e des<lb/>
Tages, der immer morgen auch &#x017F;chon hinter uns liegt,<lb/>
als ob er vor hunderttau&#x017F;end Jahren gewe&#x017F;en wäre.</p><lb/>
        <p>Sollen wir nun noch viel reden von den Aebten,<lb/>
die noch nachher kamen? Im Grunde wäre es nicht<lb/>
nöthig, da wir uns die Zwei, auf welche es uns haupt¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[8/0016] durch vorgeſchobenes Gerümpel ſein Möglichſtes gethan, beides zu ſchützen, ſowohl vor den Huſaren des Gene¬ rals Luckner, wie vor den auſtraſiſchen Freiwilligen des Marſchalls von Broglio und den Bergſchotten My¬ lord Granby's. Wie aber kam der Magiſter zu dieſem großen Ahn¬ herrn? Auf die einfachſte Weiſe. Sein Ururgroßvater Veit Buchius folgte dem alten Andreas nicht nur auf dem Abtſtuhl, ſondern auch im Ehebett. Und die Wittib war jung und angenehm, und er hatte Nach¬ kommenſchaft. Jared zeugete Henoch. Henoch zeugete Methuſalah. Methuſalah zeugete Lamech; und Lamech zeugete einen Sohn und hieß ihn Noah und ſprach: „Der wird uns tröſten in unſerer Mühe und Ar¬ beit auf Erden, die der Herr verflucht hat!“ Möge der Troſt, den wir perſönlich aus dem alten Schulmeiſter, dem Magiſter Noah Buchius gezogen haben, vielen Andern zu Theil werden. Dies iſt unſer herz¬ licher Wunſch, wie wir uns aufrichten von den Foli¬ anten, Quartanten, Pergamenten und Aktenbündeln, ob denen wir auf das Sauſen und Brauſen, das Getöne von Wodans Felde, vom Odfelde, kurz von Ferne her gehorcht haben im Lärm der Gegenwart, im Getöſe des Tages, der immer morgen auch ſchon hinter uns liegt, als ob er vor hunderttauſend Jahren geweſen wäre. Sollen wir nun noch viel reden von den Aebten, die noch nachher kamen? Im Grunde wäre es nicht nöthig, da wir uns die Zwei, auf welche es uns haupt¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/16
Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/16>, abgerufen am 03.12.2024.