niemals einen Andern verpetzet! er hat immer sein eigen Fell zu Markte getragen!" Und laut, so laut wie selten in seinem stillen Dasein, rief er: "Ich weiß es nicht, was passiret ist; aber ich nehme die Respon¬ sabilität von Allem auf mich."
"Que dit-il? was sagt er?" kreischte, brüllte es in jeder Tonart rund umher.
"Er will'sch gewesi si, der mit dem Mensch durch¬ gange isch! Nehmet 'm d'r für! Der Ein ischt so guet wie der Andere!" krächzte lachend ein elsassisch Lager¬ weib. "Dem Lump, dem Penderau, dem Kistenfeger, dem Mosieu Ribaudin, dem Cacqueteur, dem Vagabond da auf dem Stroh, dem Monsieur le Capitaine Ribaudin gönne ich schon sein Theil; aber -- hänget sie Beide -- hänget sie alle Drei:
Allons, venons, Brulons, pendons, Venons a cinquante cinq-cents!"
Sie fielen sämmtlich im Chor ein -- Alles was von Navarra, Salis, Boccard, Reding und so weiter dem Herrn von Rohan-Chabot gegen die Hube bei Einbeck nachzog -- und wenn der Klosteramtmann und der letzte wirkliche Magister von Amelungsborn jetzt am Strick aufgezogen worden wären, so würde das un¬ bedingt unter Polyhymnia's Begleitung geschehen sein, wenn auch nicht unter Begleitung der Muse des durch Johann Heinrich Meyer gedruckten, privilegirten Braun¬ schweigischen Gesangbuchs.
niemals einen Andern verpetzet! er hat immer ſein eigen Fell zu Markte getragen!“ Und laut, ſo laut wie ſelten in ſeinem ſtillen Daſein, rief er: „Ich weiß es nicht, was paſſiret iſt; aber ich nehme die Reſpon¬ ſabilität von Allem auf mich.“
„Que dit-il? was ſagt er?“ kreiſchte, brüllte es in jeder Tonart rund umher.
„Er will'ſch geweſi ſi, der mit dem Menſch durch¬ gange iſch! Nehmet 'm d'r für! Der Ein iſcht ſo guet wie der Andere!“ krächzte lachend ein elſaſſiſch Lager¬ weib. „Dem Lump, dem Penderau, dem Kiſtenfeger, dem Môſieu Ribaudin, dem Cacqueteur, dem Vagabond da auf dem Stroh, dem Monſieur le Capitaine Ribaudin gönne ich ſchon ſein Theil; aber — hänget ſie Beide — hänget ſie alle Drei:
Allons, venons, Brulons, pendons, Venons à cinquante cinq-cents!“
Sie fielen ſämmtlich im Chor ein — Alles was von Navarra, Salis, Boccard, Reding und ſo weiter dem Herrn von Rohan-Chabot gegen die Hube bei Einbeck nachzog — und wenn der Kloſteramtmann und der letzte wirkliche Magiſter von Amelungsborn jetzt am Strick aufgezogen worden wären, ſo würde das un¬ bedingt unter Polyhymnia's Begleitung geſchehen ſein, wenn auch nicht unter Begleitung der Muſe des durch Johann Heinrich Meyer gedruckten, privilegirten Braun¬ ſchweigiſchen Geſangbuchs.
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niemals einen Andern verpetzet! er hat immer ſein
eigen Fell zu Markte getragen!“ Und laut, ſo laut
wie ſelten in ſeinem ſtillen Daſein, rief er: „Ich weiß
es nicht, was paſſiret iſt; aber ich nehme die Reſpon¬
ſabilität von Allem auf mich.“
„Que dit-il? was ſagt er?“ kreiſchte, brüllte es in
jeder Tonart rund umher.
„Er will'ſch geweſi ſi, der mit dem Menſch durch¬
gange iſch! Nehmet 'm d'r für! Der Ein iſcht ſo guet
wie der Andere!“ krächzte lachend ein elſaſſiſch Lager¬
weib. „Dem Lump, dem Penderau, dem Kiſtenfeger,
dem Môſieu Ribaudin, dem Cacqueteur, dem Vagabond
da auf dem Stroh, dem Monſieur le Capitaine Ribaudin
gönne ich ſchon ſein Theil; aber — hänget ſie Beide
— hänget ſie alle Drei:
Allons, venons,
Brulons, pendons,
Venons à cinquante cinq-cents!“
Sie fielen ſämmtlich im Chor ein — Alles was
von Navarra, Salis, Boccard, Reding und ſo weiter
dem Herrn von Rohan-Chabot gegen die Hube bei
Einbeck nachzog — und wenn der Kloſteramtmann und
der letzte wirkliche Magiſter von Amelungsborn jetzt
am Strick aufgezogen worden wären, ſo würde das un¬
bedingt unter Polyhymnia's Begleitung geſchehen ſein,
wenn auch nicht unter Begleitung der Muſe des durch
Johann Heinrich Meyer gedruckten, privilegirten Braun¬
ſchweigiſchen Geſangbuchs.
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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/151>, abgerufen am 16.02.2025.
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