Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

zu ergeben. Bleib' bei Deinen wirklichen Büchern
und meinetwegen auch älteren Poeten; aber laß mir
diese dummen Romane und sogenannten neueren
Dichter aus dem Hause, mein Sohn. Nebenan da
zur Vernunft zu reden, hilft ja nichts; da laß ich den
Narreteien allmählich ihren Weg; aber hier in meinen
vier Pfählen bleibt Verstand Verstand, Sinn Sinn,
Unsinn Unsinn und Schund Schund. Was ist Deine
Meinung, Adolfine?"

"Bis auf die Knochen muß der Junge durchweicht
sein. Eine wahre Überschwemmung hat er mir in
die Stube mitgebracht. Gott sei Dank, Kind, daß
Du wenigstens mit heiler Haut wieder da bist. Mir
beben noch die Glieder -- das sieht schön aus
im Garten nach dem Hagel und Gewitter. Geh jetzt
hin und zieh Dir was Trockenes an und vor allen
Dingen Pantoffeln."


Habe ich mir so sehr Pantoffeln und so sehr
"was Trockenes" nach dem Rath meiner armen, guten
Mutter angezogen, daß man es mit Mißbehagen aus
diesen Blättern mir anmerkt?

Ich glaube nicht.

4*

zu ergeben. Bleib' bei Deinen wirklichen Büchern
und meinetwegen auch älteren Poeten; aber laß mir
dieſe dummen Romane und ſogenannten neueren
Dichter aus dem Hauſe, mein Sohn. Nebenan da
zur Vernunft zu reden, hilft ja nichts; da laß ich den
Narreteien allmählich ihren Weg; aber hier in meinen
vier Pfählen bleibt Verſtand Verſtand, Sinn Sinn,
Unſinn Unſinn und Schund Schund. Was iſt Deine
Meinung, Adolfine?“

„Bis auf die Knochen muß der Junge durchweicht
ſein. Eine wahre Überſchwemmung hat er mir in
die Stube mitgebracht. Gott ſei Dank, Kind, daß
Du wenigſtens mit heiler Haut wieder da biſt. Mir
beben noch die Glieder — das ſieht ſchön aus
im Garten nach dem Hagel und Gewitter. Geh jetzt
hin und zieh Dir was Trockenes an und vor allen
Dingen Pantoffeln.“


Habe ich mir ſo ſehr Pantoffeln und ſo ſehr
„was Trockenes“ nach dem Rath meiner armen, guten
Mutter angezogen, daß man es mit Mißbehagen aus
dieſen Blättern mir anmerkt?

Ich glaube nicht.

4*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0061" n="51"/>
zu ergeben. Bleib' bei Deinen wirklichen Büchern<lb/>
und meinetwegen auch älteren Poeten; aber laß mir<lb/>
die&#x017F;e dummen Romane und &#x017F;ogenannten neueren<lb/>
Dichter aus dem Hau&#x017F;e, mein Sohn. Nebenan da<lb/>
zur Vernunft zu reden, hilft ja nichts; da laß ich den<lb/>
Narreteien allmählich ihren Weg; aber hier in meinen<lb/>
vier Pfählen bleibt Ver&#x017F;tand Ver&#x017F;tand, Sinn Sinn,<lb/>
Un&#x017F;inn Un&#x017F;inn und Schund Schund. Was i&#x017F;t Deine<lb/>
Meinung, Adolfine?&#x201C;</p><lb/>
      <p>&#x201E;Bis auf die Knochen muß der Junge durchweicht<lb/>
&#x017F;ein. Eine wahre Über&#x017F;chwemmung hat er mir in<lb/>
die Stube mitgebracht. Gott &#x017F;ei Dank, Kind, daß<lb/>
Du wenig&#x017F;tens mit heiler Haut wieder da bi&#x017F;t. Mir<lb/>
beben noch die Glieder &#x2014; das &#x017F;ieht &#x017F;chön aus<lb/>
im Garten nach dem Hagel und Gewitter. Geh jetzt<lb/>
hin und zieh Dir was Trockenes an und vor allen<lb/>
Dingen Pantoffeln.&#x201C;</p><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      <p>Habe ich mir &#x017F;o &#x017F;ehr Pantoffeln und &#x017F;o &#x017F;ehr<lb/>
&#x201E;was Trockenes&#x201C; nach dem Rath meiner armen, guten<lb/>
Mutter angezogen, daß man es mit Mißbehagen aus<lb/>
die&#x017F;en Blättern mir anmerkt?</p><lb/>
      <p>Ich glaube nicht.</p><lb/>
      <fw place="bottom" type="sig">4*<lb/></fw>
    </body>
  </text>
</TEI>
[51/0061] zu ergeben. Bleib' bei Deinen wirklichen Büchern und meinetwegen auch älteren Poeten; aber laß mir dieſe dummen Romane und ſogenannten neueren Dichter aus dem Hauſe, mein Sohn. Nebenan da zur Vernunft zu reden, hilft ja nichts; da laß ich den Narreteien allmählich ihren Weg; aber hier in meinen vier Pfählen bleibt Verſtand Verſtand, Sinn Sinn, Unſinn Unſinn und Schund Schund. Was iſt Deine Meinung, Adolfine?“ „Bis auf die Knochen muß der Junge durchweicht ſein. Eine wahre Überſchwemmung hat er mir in die Stube mitgebracht. Gott ſei Dank, Kind, daß Du wenigſtens mit heiler Haut wieder da biſt. Mir beben noch die Glieder — das ſieht ſchön aus im Garten nach dem Hagel und Gewitter. Geh jetzt hin und zieh Dir was Trockenes an und vor allen Dingen Pantoffeln.“ Habe ich mir ſo ſehr Pantoffeln und ſo ſehr „was Trockenes“ nach dem Rath meiner armen, guten Mutter angezogen, daß man es mit Mißbehagen aus dieſen Blättern mir anmerkt? Ich glaube nicht. 4*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/61
Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/61>, abgerufen am 23.11.2024.