aber in den Wäldern jenseits des Osterberges singen auch heute noch, traditionell, vielleicht einige davon, was für ein sauberer Vogel Velten Andres war, und was für eine unzurechnungsfähige Vormünderin seine Mutter. Freilich hatte er ja auch eine Eiersammlung seiner Zeit, bis ihn -- gerade seine Mutter hier auf dem Felde seiner Liebhabereien zurechtwies und sich die "grausame, unnütze Spielerei" verbat. Natürlich unter gänzlich unberechtigtem Hinweis auf seinen seligen Vater, der nie ein Vogelnest ausgenommen hatte.
"Aber gucke mal, da seine Käfersammlung und seine Schmetterlinge. That es denen nicht weh, wenn er sie auf seine Nadeln spießte?" hätte der Sohn seines Vaters der Mutter antworten und sie fragen dürfen. "Da, mach Du Dir einen Eierkuchen draus," sagte er jedoch nur zu mir, mir die ausge¬ blasene Herrlichkeit über die Hecke zuschiebend. "Die Alte hat auch Recht, wenn sie mir dieser Dummheit wegen die Hosen nicht mehr flicken will. Sie mufft, und ich lege mich lieber auf Briefmarken."
Wann hätten wir je im Vogelsang die Nachbarin Andres "muffen" sehen? Daß sie weinen konnte, wußten wir daselbst. Aber muffen? Diese Schmach konnte ihrem lieben, freundlichen Gesicht nur Unser¬ einer und also am besten ihr eigen Fleisch und Blut aus seinen Schulbubenerlebnissen und Redensarten
aber in den Wäldern jenſeits des Oſterberges ſingen auch heute noch, traditionell, vielleicht einige davon, was für ein ſauberer Vogel Velten Andres war, und was für eine unzurechnungsfähige Vormünderin ſeine Mutter. Freilich hatte er ja auch eine Eierſammlung ſeiner Zeit, bis ihn — gerade ſeine Mutter hier auf dem Felde ſeiner Liebhabereien zurechtwies und ſich die „grauſame, unnütze Spielerei“ verbat. Natürlich unter gänzlich unberechtigtem Hinweis auf ſeinen ſeligen Vater, der nie ein Vogelneſt ausgenommen hatte.
„Aber gucke mal, da ſeine Käferſammlung und ſeine Schmetterlinge. That es denen nicht weh, wenn er ſie auf ſeine Nadeln ſpießte?“ hätte der Sohn ſeines Vaters der Mutter antworten und ſie fragen dürfen. „Da, mach Du Dir einen Eierkuchen draus,“ ſagte er jedoch nur zu mir, mir die ausge¬ blaſene Herrlichkeit über die Hecke zuſchiebend. „Die Alte hat auch Recht, wenn ſie mir dieſer Dummheit wegen die Hoſen nicht mehr flicken will. Sie mufft, und ich lege mich lieber auf Briefmarken.“
Wann hätten wir je im Vogelſang die Nachbarin Andres „muffen“ ſehen? Daß ſie weinen konnte, wußten wir daſelbſt. Aber muffen? Dieſe Schmach konnte ihrem lieben, freundlichen Geſicht nur Unſer¬ einer und alſo am beſten ihr eigen Fleiſch und Blut aus ſeinen Schulbubenerlebniſſen und Redensarten
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aber in den Wäldern jenſeits des Oſterberges ſingen
auch heute noch, traditionell, vielleicht einige davon,
was für ein ſauberer Vogel Velten Andres war, und
was für eine unzurechnungsfähige Vormünderin ſeine
Mutter. Freilich hatte er ja auch eine Eierſammlung
ſeiner Zeit, bis ihn — gerade ſeine Mutter hier auf
dem Felde ſeiner Liebhabereien zurechtwies und ſich
die „grauſame, unnütze Spielerei“ verbat. Natürlich
unter gänzlich unberechtigtem Hinweis auf ſeinen
ſeligen Vater, der nie ein Vogelneſt ausgenommen hatte.
„Aber gucke mal, da ſeine Käferſammlung und
ſeine Schmetterlinge. That es denen nicht weh, wenn
er ſie auf ſeine Nadeln ſpießte?“ hätte der Sohn
ſeines Vaters der Mutter antworten und ſie fragen
dürfen. „Da, mach Du Dir einen Eierkuchen
draus,“ ſagte er jedoch nur zu mir, mir die ausge¬
blaſene Herrlichkeit über die Hecke zuſchiebend. „Die
Alte hat auch Recht, wenn ſie mir dieſer Dummheit
wegen die Hoſen nicht mehr flicken will. Sie mufft,
und ich lege mich lieber auf Briefmarken.“
Wann hätten wir je im Vogelſang die Nachbarin
Andres „muffen“ ſehen? Daß ſie weinen konnte,
wußten wir daſelbſt. Aber muffen? Dieſe Schmach
konnte ihrem lieben, freundlichen Geſicht nur Unſer¬
einer und alſo am beſten ihr eigen Fleiſch und Blut
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Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/26>, abgerufen am 24.11.2024.
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