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Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896.

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Ich habe sie häufig in meinem Berufe zu suchen,
die Verschollenen in der Welt; sie zu einem be¬
stimmten Termin zu citiren und sie, wenn sie nicht
erscheinen, für todt zu erklären und ihren Nachlaß
den Erben oder dem Fiskus zu überantworten.
Meistens ist es armes kümmerliches Volk, das so
verloren geht und gesucht werden muß, doch von
Zeit zu Zeit ist da auch Einer oder Eine verschollen,
auf deren Wege auch den abgehärtesten Beamten
die Phantasie und das Bedürfniß des Menschen,
Wunder, wenn nicht an sich, so doch an Anderen zu
erleben, unwiderstehlich nachlockt.

Das ist nun bei meinem Freund Velten Andres
nicht im mindesten der Fall gewesen. Von Mysterien
und Romantik habe ich nicht das Geringste zu no¬
tiren. Er ist stets mit uns in Korrespondenz ge¬
blieben, hat alle Verkehrswege via Southampton,
Bremen und Hamburg, ja auch den unterseeischen
Telegraphen benutzt, um in möglichster Verbindung
mit dem Vogelsang zu bleiben. Ich bin eben in
seinem Leben über nichts im Dunkeln geblieben, als
-- über ihn selber. Das war ja aber nicht seine
Schuld! Diese lag hier nur an mir, und solches
ist öfters der Fall als die Leute glauben.

Schreibe ich übrigens denn auch nicht jetzt nur
deshalb diese Blätter voll, weil ich doch mein Mög¬

Ich habe ſie häufig in meinem Berufe zu ſuchen,
die Verſchollenen in der Welt; ſie zu einem be¬
ſtimmten Termin zu citiren und ſie, wenn ſie nicht
erſcheinen, für todt zu erklären und ihren Nachlaß
den Erben oder dem Fiskus zu überantworten.
Meiſtens iſt es armes kümmerliches Volk, das ſo
verloren geht und geſucht werden muß, doch von
Zeit zu Zeit iſt da auch Einer oder Eine verſchollen,
auf deren Wege auch den abgehärteſten Beamten
die Phantaſie und das Bedürfniß des Menſchen,
Wunder, wenn nicht an ſich, ſo doch an Anderen zu
erleben, unwiderſtehlich nachlockt.

Das iſt nun bei meinem Freund Velten Andres
nicht im mindeſten der Fall geweſen. Von Myſterien
und Romantik habe ich nicht das Geringſte zu no¬
tiren. Er iſt ſtets mit uns in Korreſpondenz ge¬
blieben, hat alle Verkehrswege via Southampton,
Bremen und Hamburg, ja auch den unterſeeiſchen
Telegraphen benutzt, um in möglichſter Verbindung
mit dem Vogelſang zu bleiben. Ich bin eben in
ſeinem Leben über nichts im Dunkeln geblieben, als
— über ihn ſelber. Das war ja aber nicht ſeine
Schuld! Dieſe lag hier nur an mir, und ſolches
iſt öfters der Fall als die Leute glauben.

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[172/0182] Ich habe ſie häufig in meinem Berufe zu ſuchen, die Verſchollenen in der Welt; ſie zu einem be¬ ſtimmten Termin zu citiren und ſie, wenn ſie nicht erſcheinen, für todt zu erklären und ihren Nachlaß den Erben oder dem Fiskus zu überantworten. Meiſtens iſt es armes kümmerliches Volk, das ſo verloren geht und geſucht werden muß, doch von Zeit zu Zeit iſt da auch Einer oder Eine verſchollen, auf deren Wege auch den abgehärteſten Beamten die Phantaſie und das Bedürfniß des Menſchen, Wunder, wenn nicht an ſich, ſo doch an Anderen zu erleben, unwiderſtehlich nachlockt. Das iſt nun bei meinem Freund Velten Andres nicht im mindeſten der Fall geweſen. Von Myſterien und Romantik habe ich nicht das Geringſte zu no¬ tiren. Er iſt ſtets mit uns in Korreſpondenz ge¬ blieben, hat alle Verkehrswege via Southampton, Bremen und Hamburg, ja auch den unterſeeiſchen Telegraphen benutzt, um in möglichſter Verbindung mit dem Vogelſang zu bleiben. Ich bin eben in ſeinem Leben über nichts im Dunkeln geblieben, als — über ihn ſelber. Das war ja aber nicht ſeine Schuld! Dieſe lag hier nur an mir, und ſolches iſt öfters der Fall als die Leute glauben. Schreibe ich übrigens denn auch nicht jetzt nur deshalb dieſe Blätter voll, weil ich doch mein Mög¬

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/182>, abgerufen am 25.11.2024.