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Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896.

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Verständniß erzählte und sich all unser Schicksal
zurechtlegte."


Es ist kein größeres Wunder, als wenn der
Mensch sich über sich selbst verwundert.

Wie habe ich dieses Manuskript begonnen, in
der festen Meinung von einer Erinnerung zur andern,
wie aus dem Terminkalender heraus, nüchtern, wahr
und ehrlich farblos es fortzusetzen und es zu einem mehr
oder weniger verständig-logischen Abschluß zu bringen.
Und was ist nun daraus geworden, was wird durch
Tag und Nacht, wie ich die Feder von Neuem wieder
aufnehme, weiterhin daraus werden? Wie hat dies
Alles mich aus mir selber herausgehoben, mich mit
sich fortgenommen und mich aus meinem Lebens¬
kreise in die Welt des todten Freundes hineingestellt,
nein, geworfen! Ich fühle seine feste Hand auf
meiner Schulter und sein weltüberwindend Lachen
klingt mir fortwährend im Ohr. Ach, könnte ich
das nur auch zu Papier bringen, wie es sich ge¬
hörte; aber das vermag ich eben nicht und so wird
mir die selbst auferlegte Last oft zu einer sehr pein¬
lichen, und Alles, was ich über den Fall: Velten
Andres thatsächlich in den Akten habe und durch

Verſtändniß erzählte und ſich all unſer Schickſal
zurechtlegte.“


Es iſt kein größeres Wunder, als wenn der
Menſch ſich über ſich ſelbſt verwundert.

Wie habe ich dieſes Manuſkript begonnen, in
der feſten Meinung von einer Erinnerung zur andern,
wie aus dem Terminkalender heraus, nüchtern, wahr
und ehrlich farblos es fortzuſetzen und es zu einem mehr
oder weniger verſtändig-logiſchen Abſchluß zu bringen.
Und was iſt nun daraus geworden, was wird durch
Tag und Nacht, wie ich die Feder von Neuem wieder
aufnehme, weiterhin daraus werden? Wie hat dies
Alles mich aus mir ſelber herausgehoben, mich mit
ſich fortgenommen und mich aus meinem Lebens¬
kreiſe in die Welt des todten Freundes hineingeſtellt,
nein, geworfen! Ich fühle ſeine feſte Hand auf
meiner Schulter und ſein weltüberwindend Lachen
klingt mir fortwährend im Ohr. Ach, könnte ich
das nur auch zu Papier bringen, wie es ſich ge¬
hörte; aber das vermag ich eben nicht und ſo wird
mir die ſelbſt auferlegte Laſt oft zu einer ſehr pein¬
lichen, und Alles, was ich über den Fall: Velten
Andres thatſächlich in den Akten habe und durch

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[150/0160] Verſtändniß erzählte und ſich all unſer Schickſal zurechtlegte.“ Es iſt kein größeres Wunder, als wenn der Menſch ſich über ſich ſelbſt verwundert. Wie habe ich dieſes Manuſkript begonnen, in der feſten Meinung von einer Erinnerung zur andern, wie aus dem Terminkalender heraus, nüchtern, wahr und ehrlich farblos es fortzuſetzen und es zu einem mehr oder weniger verſtändig-logiſchen Abſchluß zu bringen. Und was iſt nun daraus geworden, was wird durch Tag und Nacht, wie ich die Feder von Neuem wieder aufnehme, weiterhin daraus werden? Wie hat dies Alles mich aus mir ſelber herausgehoben, mich mit ſich fortgenommen und mich aus meinem Lebens¬ kreiſe in die Welt des todten Freundes hineingeſtellt, nein, geworfen! Ich fühle ſeine feſte Hand auf meiner Schulter und ſein weltüberwindend Lachen klingt mir fortwährend im Ohr. Ach, könnte ich das nur auch zu Papier bringen, wie es ſich ge¬ hörte; aber das vermag ich eben nicht und ſo wird mir die ſelbſt auferlegte Laſt oft zu einer ſehr pein¬ lichen, und Alles, was ich über den Fall: Velten Andres thatſächlich in den Akten habe und durch

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/160>, abgerufen am 27.11.2024.