Schneider mit dem Namen Leon des Beaux ge¬ kommen?" fragte ich später am Abend auf dem Wege zur Kneipe den Freund.
"Wie man öfters zu allem Schönen, Nützlichen, Guten und Angenehmen sowie dem Gegentheil kommt -- durch Zufall. Ich zog ihn wie damals Schlappen heraus; aber diesmal nicht unterm Eise weg, sondern aus dem Feuer -- nämlich unserer schlechten Redens¬ arten."
"Unserer schlechten Redensarten?"
"Wenn Dir dumme Witze, anzügliche Be¬ merkungen, rüde Anrempeleien lieber sind und besser klingen, mir auch Recht. Die Fabel oder Wahrheit von der Krähe, die sich zum ersten Mal für Äsops Lob heiter mit Pfauenfedern besteckte, kennst Du wohl noch. Sie kam in diesem Abkömmling des Landes des Weins und Ölbaums, der Sonne und der Gesänge von Neuem auf die Bühne der Welt, und ich natürlich ganz zur rechten Zeit, um meinen Spaß und nachher auch ein bißchen meinen Ernst daran zu haben. Das romantische Rindvieh hatte sich an einem der ersten Tage meines hiesigen Aufenthalts aus seiner Akademie für körperliche Be¬ kleidungskunst im rothen Schloß in unsere Bude für geistige Maskirung dem alten Fritz gegenüber ver¬ irrt, das heißt, sich als Hospitant in ein Kolleg über
Schneider mit dem Namen Leon des Beaux ge¬ kommen?“ fragte ich ſpäter am Abend auf dem Wege zur Kneipe den Freund.
„Wie man öfters zu allem Schönen, Nützlichen, Guten und Angenehmen ſowie dem Gegentheil kommt — durch Zufall. Ich zog ihn wie damals Schlappen heraus; aber diesmal nicht unterm Eiſe weg, ſondern aus dem Feuer — nämlich unſerer ſchlechten Redens¬ arten.“
„Unſerer ſchlechten Redensarten?“
„Wenn Dir dumme Witze, anzügliche Be¬ merkungen, rüde Anrempeleien lieber ſind und beſſer klingen, mir auch Recht. Die Fabel oder Wahrheit von der Krähe, die ſich zum erſten Mal für Äſops Lob heiter mit Pfauenfedern beſteckte, kennſt Du wohl noch. Sie kam in dieſem Abkömmling des Landes des Weins und Ölbaums, der Sonne und der Geſänge von Neuem auf die Bühne der Welt, und ich natürlich ganz zur rechten Zeit, um meinen Spaß und nachher auch ein bißchen meinen Ernſt daran zu haben. Das romantiſche Rindvieh hatte ſich an einem der erſten Tage meines hieſigen Aufenthalts aus ſeiner Akademie für körperliche Be¬ kleidungskunſt im rothen Schloß in unſere Bude für geiſtige Maskirung dem alten Fritz gegenüber ver¬ irrt, das heißt, ſich als Hoſpitant in ein Kolleg über
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Schneider mit dem Namen Leon des Beaux ge¬
kommen?“ fragte ich ſpäter am Abend auf dem Wege
zur Kneipe den Freund.
„Wie man öfters zu allem Schönen, Nützlichen,
Guten und Angenehmen ſowie dem Gegentheil kommt
— durch Zufall. Ich zog ihn wie damals Schlappen
heraus; aber diesmal nicht unterm Eiſe weg, ſondern
aus dem Feuer — nämlich unſerer ſchlechten Redens¬
arten.“
„Unſerer ſchlechten Redensarten?“
„Wenn Dir dumme Witze, anzügliche Be¬
merkungen, rüde Anrempeleien lieber ſind und beſſer
klingen, mir auch Recht. Die Fabel oder Wahrheit
von der Krähe, die ſich zum erſten Mal für Äſops
Lob heiter mit Pfauenfedern beſteckte, kennſt Du
wohl noch. Sie kam in dieſem Abkömmling des
Landes des Weins und Ölbaums, der Sonne und
der Geſänge von Neuem auf die Bühne der Welt,
und ich natürlich ganz zur rechten Zeit, um meinen
Spaß und nachher auch ein bißchen meinen Ernſt
daran zu haben. Das romantiſche Rindvieh hatte
ſich an einem der erſten Tage meines hieſigen
Aufenthalts aus ſeiner Akademie für körperliche Be¬
kleidungskunſt im rothen Schloß in unſere Bude für
geiſtige Maskirung dem alten Fritz gegenüber ver¬
irrt, das heißt, ſich als Hoſpitant in ein Kolleg über
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Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/127>, abgerufen am 24.11.2024.
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