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Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896.

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"Dort jene Thür, mein Herr."

Ich grüßte, und die kleine Frau setzte mir
einen vollkommnen Hofdamenknicks hin; meinen
Freund fand ich in einer der bekannten Berliner
Studentenbuden zu Hause und Besuch bei ihm: einen
feinen, eleganten, schmächtigen jungen Herrn mit
schwarzen Haaren, von etwas kränklicher Gesichts¬
farbe und von ungemein höflich-schüchternem Wesen.
Gottlob auch bereits mit dem Hut in der Hand.

"Guten Tag, Krumhardt," sagte Velten, als
ob er mich noch über die Hecken des Vogelsangs
grüßte. "Bist Du da? . . . Auf Wiedersehen, des
Beaux! Übrigens könnte ich euch Leute doch auch
der Bequemlichkeit wegen gleich miteinander bekannt
machen. Mein Provinzialfreund, Herr Karl Krum¬
hardt, der Rechtswissenschaft möglichst Beflissener --
Herr Leon des Beaux aus dem Vorderhause, seines
Zeichens --"

"O, ich bitte Sie, Herr Andres! Ich möchte
jetzt nicht stören; -- wenn Sie mir erlauben --"

"Menschenkind, nehmen Sie sich alle Freiheiten
bei mir, die Ihnen angenehm sind. Ich werde mir
bei Ihnen zu Hause selbstverständlich das Gleiche
erlauben."

"Ich bitte darum!" rief der interessante, bleiche,

W. Raabe. Die Akten des Vogelsangs. 7

„Dort jene Thür, mein Herr.“

Ich grüßte, und die kleine Frau ſetzte mir
einen vollkommnen Hofdamenknicks hin; meinen
Freund fand ich in einer der bekannten Berliner
Studentenbuden zu Hauſe und Beſuch bei ihm: einen
feinen, eleganten, ſchmächtigen jungen Herrn mit
ſchwarzen Haaren, von etwas kränklicher Geſichts¬
farbe und von ungemein höflich-ſchüchternem Weſen.
Gottlob auch bereits mit dem Hut in der Hand.

„Guten Tag, Krumhardt,“ ſagte Velten, als
ob er mich noch über die Hecken des Vogelſangs
grüßte. „Biſt Du da? . . . Auf Wiederſehen, des
Beaux! Übrigens könnte ich euch Leute doch auch
der Bequemlichkeit wegen gleich miteinander bekannt
machen. Mein Provinzialfreund, Herr Karl Krum¬
hardt, der Rechtswiſſenſchaft möglichſt Befliſſener —
Herr Leon des Beaux aus dem Vorderhauſe, ſeines
Zeichens —“

„O, ich bitte Sie, Herr Andres! Ich möchte
jetzt nicht ſtören; — wenn Sie mir erlauben —“

„Menſchenkind, nehmen Sie ſich alle Freiheiten
bei mir, die Ihnen angenehm ſind. Ich werde mir
bei Ihnen zu Hauſe ſelbſtverſtändlich das Gleiche
erlauben.“

„Ich bitte darum!“ rief der intereſſante, bleiche,

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[97/0107] „Dort jene Thür, mein Herr.“ Ich grüßte, und die kleine Frau ſetzte mir einen vollkommnen Hofdamenknicks hin; meinen Freund fand ich in einer der bekannten Berliner Studentenbuden zu Hauſe und Beſuch bei ihm: einen feinen, eleganten, ſchmächtigen jungen Herrn mit ſchwarzen Haaren, von etwas kränklicher Geſichts¬ farbe und von ungemein höflich-ſchüchternem Weſen. Gottlob auch bereits mit dem Hut in der Hand. „Guten Tag, Krumhardt,“ ſagte Velten, als ob er mich noch über die Hecken des Vogelſangs grüßte. „Biſt Du da? . . . Auf Wiederſehen, des Beaux! Übrigens könnte ich euch Leute doch auch der Bequemlichkeit wegen gleich miteinander bekannt machen. Mein Provinzialfreund, Herr Karl Krum¬ hardt, der Rechtswiſſenſchaft möglichſt Befliſſener — Herr Leon des Beaux aus dem Vorderhauſe, ſeines Zeichens —“ „O, ich bitte Sie, Herr Andres! Ich möchte jetzt nicht ſtören; — wenn Sie mir erlauben —“ „Menſchenkind, nehmen Sie ſich alle Freiheiten bei mir, die Ihnen angenehm ſind. Ich werde mir bei Ihnen zu Hauſe ſelbſtverſtändlich das Gleiche erlauben.“ „Ich bitte darum!“ rief der intereſſante, bleiche, W. Raabe. Die Akten des Vogelſangs. 7

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/107>, abgerufen am 26.11.2024.