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Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855.

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IV. Cl. Oxydische Erze: Titanate.
Wasser löslich, allein jede Temperaturerhöhung erzeugt b) die unlös-
liche
Modifikation, man bekommt diese auch, wenn man die wässrige Lö-
sung stark kocht, das Wasser treibt dann die Ti aus. Titansäure durch
Ammoniak gefällt und schwach geglüht bekommt Anatasgewicht 3,89, durch
stärkeres Glühen steigt sie durch das Brookitgewicht 4,19 zum Rutilgewicht
4,24, so daß die verschiedenen Wärmegrade den Trimorphismus erzeugen
könnten. Daubree erhielt künstlich Brookit, indem er Wasserdampf über
Titanchlorid oder Titanchlorid über Kalk leitete, und Ebelmen Rutilnadeln
von 4--5 Linien Länge, indem er 5 Theile Phosphorsalz mit 1 Theil
Titansäure der Hitze des Porzellanofens aussetzte (Erdmann's Journ.
prakt. Chem. 1851. 54. 173). Da das Anatasoktaeder sich durchaus nicht
recht auf das Rutiloktaeder zurückführen läßt, auch Anatas in seinen üb-
rigen Kennzeichen von Rutil und Brookit sich am meisten entfernt, so mag
ein Trimorphismus der Titansäure wohl begründet sein.

Titanate

haben wir außer den Kieselerdehaltigen pag. 300 noch eine ganze Reihe,
die wir hier kurz zusammenstellen:

1. Perowskit Ca Ti 58,9 Ti und 41,1 Ca G. Rose Pogg. Ann.
48. 558 im Chloritschiefer von Achmatowsk bei Slatoust am Ural. Blätt-
rige Würfel bis Faustgröße, an welchen untergeordnet zuweilen Oktaeder,
Granatoeder und Pyramidenwürfel vorkommen. Descloizeaux (Ann. Chim.
Phys. XII.
1845) beschreibt Krystalle mit 7 Flächen in den Kanten, und
10 in den Ecken, zusammen 164 Flächen. Dunkelröthlich braun bis
schwarz, Härte 5--6, Gew. 4. Vor dem Löthrohr unschmelzbar. Kleine
Würfel, ähnlich verwittertem Schwefelkies, finden sich im körnigen Kalk-
spath von der Vogtsburg bei Oberbergen am Kaiserstuhl.

2. Polymignyt (mignumi mischen). Berzelius (Pogg. Ann. 3. 205)
fand ihn im Zirkonsyenit von Frederiksvärn, bildet in diesem schönen Ge-
stein lange krystallinische Strahlen, die nach G. Rose (Pogg. Ann. 6. 506)
2gliedrig sind: eine geschobene Säule n = a : b : infinityc 109° 46', deren
scharfe und stumpfe Kante abgestumpft wird, s = a : 1/2b : infinityc, t =
a
: 1/4b : infinityc, das Ende bildet dagegen ein einfaches Oktaeder P = a : b : c
mit 136° 28' in der vordern und 116° 22' in der seitlichen Endkante,
a : b = [Formel 1] : [Formel 2] . Ein sehr glänzender kleinmuscheliger Bruch,
schwärzlich braune Farbe, halbmetallischer Glanz, Härte 6--7, Gew. 4,8.
Vor dem Löthrohr unveränderlich, concentrirte Schwefelsäure löst das
Pulver. 40,3 Ti, 14,1 Zr, 11,5 Y, 12,2 Fe, 5 Ce, 4,2 Ca, 2,7 Mn.
Vergleiche hier Scheerer's Polykras und Euxenit (Pogg. Ann. 72. 566),
worin auch die Titansäure aber neben Nb und Pe überwiegt. Da sie eine
dem Columbit ähnliche Form haben sollen, so stellt sie G. Rose dahin.

3. Aeschynit Berz. (Pogg. Ann. 23. 361) von aiskhune Schaam,
weil man es chemisch nicht deuten konnte. Wurde in Menge im Eläo-
lithfreien Granit von Miask entdeckt, und für Gadolinit gehalten. 2gliedrig.
Die Säule g = a : b : infinityc 127° 19' herrscht, b = b : infinitya : infinityc stumpft
die scharfe Kante ab, und zwischen b/g liegt öfter eine schmale Fläche
a : 1/2b : infinityc, doch fehlen beide Flächen gewöhnlich. Das Ende der Säule

Quenstedt, Mineralogie. 35

IV. Cl. Oxydiſche Erze: Titanate.
Waſſer löslich, allein jede Temperaturerhöhung erzeugt b) die unlös-
liche
Modifikation, man bekommt dieſe auch, wenn man die wäſſrige Lö-
ſung ſtark kocht, das Waſſer treibt dann die T̈i aus. Titanſäure durch
Ammoniak gefällt und ſchwach geglüht bekommt Anatasgewicht 3,89, durch
ſtärkeres Glühen ſteigt ſie durch das Brookitgewicht 4,19 zum Rutilgewicht
4,24, ſo daß die verſchiedenen Wärmegrade den Trimorphismus erzeugen
könnten. Daubrée erhielt künſtlich Brookit, indem er Waſſerdampf über
Titanchlorid oder Titanchlorid über Kalk leitete, und Ebelmen Rutilnadeln
von 4—5 Linien Länge, indem er 5 Theile Phosphorſalz mit 1 Theil
Titanſäure der Hitze des Porzellanofens ausſetzte (Erdmann’s Journ.
prakt. Chem. 1851. 54. 173). Da das Anatasoktaeder ſich durchaus nicht
recht auf das Rutiloktaeder zurückführen läßt, auch Anatas in ſeinen üb-
rigen Kennzeichen von Rutil und Brookit ſich am meiſten entfernt, ſo mag
ein Trimorphismus der Titanſäure wohl begründet ſein.

Titanate

haben wir außer den Kieſelerdehaltigen pag. 300 noch eine ganze Reihe,
die wir hier kurz zuſammenſtellen:

1. Perowskit Ċa T̈i 58,9 T̈i und 41,1 Ċa G. Roſe Pogg. Ann.
48. 558 im Chloritſchiefer von Achmatowsk bei Slatouſt am Ural. Blätt-
rige Würfel bis Fauſtgröße, an welchen untergeordnet zuweilen Oktaeder,
Granatoeder und Pyramidenwürfel vorkommen. Descloizeaux (Ann. Chim.
Phys. XII.
1845) beſchreibt Kryſtalle mit 7 Flächen in den Kanten, und
10 in den Ecken, zuſammen 164 Flächen. Dunkelröthlich braun bis
ſchwarz, Härte 5—6, Gew. 4. Vor dem Löthrohr unſchmelzbar. Kleine
Würfel, ähnlich verwittertem Schwefelkies, finden ſich im körnigen Kalk-
ſpath von der Vogtsburg bei Oberbergen am Kaiſerſtuhl.

2. Polymignyt (μίγνυμι miſchen). Berzelius (Pogg. Ann. 3. 205)
fand ihn im Zirkonſyenit von Frederiksvärn, bildet in dieſem ſchönen Ge-
ſtein lange kryſtalliniſche Strahlen, die nach G. Roſe (Pogg. Ann. 6. 506)
2gliedrig ſind: eine geſchobene Säule n = a : b : ∞c 109° 46′, deren
ſcharfe und ſtumpfe Kante abgeſtumpft wird, s = a : ½b : ∞c, t =
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: ¼b : ∞c, das Ende bildet dagegen ein einfaches Oktaeder P = a : b : c
mit 136° 28′ in der vordern und 116° 22′ in der ſeitlichen Endkante,
a : b = [Formel 1] : [Formel 2] . Ein ſehr glänzender kleinmuſcheliger Bruch,
ſchwärzlich braune Farbe, halbmetalliſcher Glanz, Härte 6—7, Gew. 4,8.
Vor dem Löthrohr unveränderlich, concentrirte Schwefelſäure löst das
Pulver. 40,3 T̈i, 14,1 Z̶⃛r, 11,5 , 12,2 F̶⃛e, 5 Ċe, 4,2 Ċa, 2,7 M̶⃛n.
Vergleiche hier Scheerer’s Polykras und Euxenit (Pogg. Ann. 72. 566),
worin auch die Titanſäure aber neben N⃛b und P⃛e überwiegt. Da ſie eine
dem Columbit ähnliche Form haben ſollen, ſo ſtellt ſie G. Roſe dahin.

3. Aeſchynit Berz. (Pogg. Ann. 23. 361) von αἰσχύνη Schaam,
weil man es chemiſch nicht deuten konnte. Wurde in Menge im Eläo-
lithfreien Granit von Miask entdeckt, und für Gadolinit gehalten. 2gliedrig.
Die Säule g = a : b : ∞c 127° 19′ herrſcht, b = b : ∞a : ∞c ſtumpft
die ſcharfe Kante ab, und zwiſchen b/g liegt öfter eine ſchmale Fläche
a : ½b : ∞c, doch fehlen beide Flächen gewöhnlich. Das Ende der Säule

Quenſtedt, Mineralogie. 35
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[545/0557] IV. Cl. Oxydiſche Erze: Titanate. Waſſer löslich, allein jede Temperaturerhöhung erzeugt b) die unlös- liche Modifikation, man bekommt dieſe auch, wenn man die wäſſrige Lö- ſung ſtark kocht, das Waſſer treibt dann die T̈i aus. Titanſäure durch Ammoniak gefällt und ſchwach geglüht bekommt Anatasgewicht 3,89, durch ſtärkeres Glühen ſteigt ſie durch das Brookitgewicht 4,19 zum Rutilgewicht 4,24, ſo daß die verſchiedenen Wärmegrade den Trimorphismus erzeugen könnten. Daubrée erhielt künſtlich Brookit, indem er Waſſerdampf über Titanchlorid oder Titanchlorid über Kalk leitete, und Ebelmen Rutilnadeln von 4—5 Linien Länge, indem er 5 Theile Phosphorſalz mit 1 Theil Titanſäure der Hitze des Porzellanofens ausſetzte (Erdmann’s Journ. prakt. Chem. 1851. 54. 173). Da das Anatasoktaeder ſich durchaus nicht recht auf das Rutiloktaeder zurückführen läßt, auch Anatas in ſeinen üb- rigen Kennzeichen von Rutil und Brookit ſich am meiſten entfernt, ſo mag ein Trimorphismus der Titanſäure wohl begründet ſein. Titanate haben wir außer den Kieſelerdehaltigen pag. 300 noch eine ganze Reihe, die wir hier kurz zuſammenſtellen: 1. Perowskit Ċa T̈i 58,9 T̈i und 41,1 Ċa G. Roſe Pogg. Ann. 48. 558 im Chloritſchiefer von Achmatowsk bei Slatouſt am Ural. Blätt- rige Würfel bis Fauſtgröße, an welchen untergeordnet zuweilen Oktaeder, Granatoeder und Pyramidenwürfel vorkommen. Descloizeaux (Ann. Chim. Phys. XII. 1845) beſchreibt Kryſtalle mit 7 Flächen in den Kanten, und 10 in den Ecken, zuſammen 164 Flächen. Dunkelröthlich braun bis ſchwarz, Härte 5—6, Gew. 4. Vor dem Löthrohr unſchmelzbar. Kleine Würfel, ähnlich verwittertem Schwefelkies, finden ſich im körnigen Kalk- ſpath von der Vogtsburg bei Oberbergen am Kaiſerſtuhl. 2. Polymignyt (μίγνυμι miſchen). Berzelius (Pogg. Ann. 3. 205) fand ihn im Zirkonſyenit von Frederiksvärn, bildet in dieſem ſchönen Ge- ſtein lange kryſtalliniſche Strahlen, die nach G. Roſe (Pogg. Ann. 6. 506) 2gliedrig ſind: eine geſchobene Säule n = a : b : ∞c 109° 46′, deren ſcharfe und ſtumpfe Kante abgeſtumpft wird, s = a : ½b : ∞c, t = a : ¼b : ∞c, das Ende bildet dagegen ein einfaches Oktaeder P = a : b : c mit 136° 28′ in der vordern und 116° 22′ in der ſeitlichen Endkante, a : b = [FORMEL] : [FORMEL]. Ein ſehr glänzender kleinmuſcheliger Bruch, ſchwärzlich braune Farbe, halbmetalliſcher Glanz, Härte 6—7, Gew. 4,8. Vor dem Löthrohr unveränderlich, concentrirte Schwefelſäure löst das Pulver. 40,3 T̈i, 14,1 Z̶⃛r, 11,5 Ẏ, 12,2 F̶⃛e, 5 Ċe, 4,2 Ċa, 2,7 M̶⃛n. Vergleiche hier Scheerer’s Polykras und Euxenit (Pogg. Ann. 72. 566), worin auch die Titanſäure aber neben N⃛b und P⃛e überwiegt. Da ſie eine dem Columbit ähnliche Form haben ſollen, ſo ſtellt ſie G. Roſe dahin. 3. Aeſchynit Berz. (Pogg. Ann. 23. 361) von αἰσχύνη Schaam, weil man es chemiſch nicht deuten konnte. Wurde in Menge im Eläo- lithfreien Granit von Miask entdeckt, und für Gadolinit gehalten. 2gliedrig. Die Säule g = a : b : ∞c 127° 19′ herrſcht, b = b : ∞a : ∞c ſtumpft die ſcharfe Kante ab, und zwiſchen b/g liegt öfter eine ſchmale Fläche a : ½b : ∞c, doch fehlen beide Flächen gewöhnlich. Das Ende der Säule Quenſtedt, Mineralogie. 35

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Zitationshilfe: Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855, S. 545. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quenstedt_mineralogie_1854/557>, abgerufen am 21.11.2024.