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Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855.

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I. Cl. 6te Fam.: Diamant.
VI. Edelsteine.

Die Gemmen bilden eine gute Gruppe unter den Silicaten, welche
man nicht zerreißen sollte, wenn auch ihre Gränzglieder nur schwach ver-
bunden sein mögen. Große Härte (es sind die härtesten irdischen Stoffe),
hohes Steingewicht, prächtige Farben und Klarheit, verbunden mit starkem
Glanz, eine nicht gewöhnliche Zusammensetzung zeichnen sie aus. Den
edlern unter ihnen fehlt die gemeinere Kieselerde ganz, und die Thonerde
bekommt das Uebergewicht. Ja die Krone derselben, der Diamant, besteht
aus Kohlenstoff, und dennoch ist hier sein natürlicher Platz. Trotz ihres
sparsamen Vorkommens sind die Edelsteine schon den ältesten Völkern be-
kannt, ihre Namen sind uns überliefert, obgleich wir nicht immer wissen,
was darunter verstanden wurde. Auch konnten die Alten bei dem mangel-
haften Stande der Wissenschaft sich selbst über die Sachen nicht klar sein.

1. Diamant.

Bei den Griechen adamas (unbezwingbar damao), wie alles harte,
arabisch mas, Jahalom Demant Luther 2 Mos. 28, 18. Plinius hist.
nat.
37. 15 spricht über adamas sehr ausführlich: "den größten Preis
unter den menschlichen Dingen hat der Diamant, lange nur den Königen
und auch unter diesen blos wenigen bekannt. ... Nur im feinsten Golde
erzeugt er sich ... Sechs Arten sind bekannt ... Darunter die Indischen
und Arabischen, von unaussprechlicher Härte, auf den Ambos gelegt, stoßen
sie den Schlag so zurück, daß Eisen und Ambos in Stücke zerspringt,
auch das Feuer besiegen sie, denn man hat ihn noch nicht verbrennen
können (numquam incalescens) ..... Diese Macht über Stahl und Feuer
wird durch Bocksblut gebrochen, aber nur wenn sie durch frisches und
warmes gebeizt sind, und auch so erst nach vielen Schlägen, und immer
noch Ambose und Hammer sprengend ..... Nur ein Gott kann dieses
unermeßliche Geheimniß dem Menschen mitgetheilt haben ..... Und wenn
er nun glücklich zum Reißen gebracht wird, so zerspringt er in so kleine
Stücke, daß man sie kaum sehen kann. Das war der Standpunkt des
Alterthums.

Reguläres Krystallsystem, deutlich oktaedrisch blättrig, wovon
die Steinschneider profitiren, indem es dadurch allein möglich gemacht ist,
rauhe Stellen schnell wegzuspalten. Oktaeder a : a : a bei den Ostindischen
oft, doch werden sie in Paris sehr schön nachgemacht. Granatoeder
a : a : infinitya bei den Brasilianischen gewöhnlich, aber stark ge-
rundet und kaum meßbar. Die meisten nach der kurzen Dia-
gonale (Kante des eingeschriebenen Würfels) der Rhomben
geknickt, wodurch ein sehr verzogener Pyramidenwürfel ent-
steht. Seltener herrscht die Knickung nach der Längsdiago-
nale, was ein bauchiges Pyramidenoktaeder gibt. Die Knickung
[Abbildung] nach beiden Diagonalen gibt ein Pyramidengranatoeder, das wegen der
Flächenrundung sich der Kugel- und Eiform nähert. Eine gleiche Deut-
lichkeit beider der gebrochenen Würfel- und Oktaederkanten ist aber durch-
aus nicht gewöhnlich, in der Kugel prägt sich also das Oktaeder oder

Quenstedt, Mineralogie. 16
I. Cl. 6te Fam.: Diamant.
VI. Edelſteine.

Die Gemmen bilden eine gute Gruppe unter den Silicaten, welche
man nicht zerreißen ſollte, wenn auch ihre Gränzglieder nur ſchwach ver-
bunden ſein mögen. Große Härte (es ſind die härteſten irdiſchen Stoffe),
hohes Steingewicht, prächtige Farben und Klarheit, verbunden mit ſtarkem
Glanz, eine nicht gewöhnliche Zuſammenſetzung zeichnen ſie aus. Den
edlern unter ihnen fehlt die gemeinere Kieſelerde ganz, und die Thonerde
bekommt das Uebergewicht. Ja die Krone derſelben, der Diamant, beſteht
aus Kohlenſtoff, und dennoch iſt hier ſein natürlicher Platz. Trotz ihres
ſparſamen Vorkommens ſind die Edelſteine ſchon den älteſten Völkern be-
kannt, ihre Namen ſind uns überliefert, obgleich wir nicht immer wiſſen,
was darunter verſtanden wurde. Auch konnten die Alten bei dem mangel-
haften Stande der Wiſſenſchaft ſich ſelbſt über die Sachen nicht klar ſein.

1. Diamant.

Bei den Griechen ἀδάμας (unbezwingbar δαμάω), wie alles harte,
arabiſch mas, Jahalom Demant Luther 2 Moſ. 28, 18. Plinius hist.
nat.
37. 15 ſpricht über adamas ſehr ausführlich: „den größten Preis
unter den menſchlichen Dingen hat der Diamant, lange nur den Königen
und auch unter dieſen blos wenigen bekannt. … Nur im feinſten Golde
erzeugt er ſich … Sechs Arten ſind bekannt … Darunter die Indiſchen
und Arabiſchen, von unausſprechlicher Härte, auf den Ambos gelegt, ſtoßen
ſie den Schlag ſo zurück, daß Eiſen und Ambos in Stücke zerſpringt,
auch das Feuer beſiegen ſie, denn man hat ihn noch nicht verbrennen
können (numquam incalescens) ..... Dieſe Macht über Stahl und Feuer
wird durch Bocksblut gebrochen, aber nur wenn ſie durch friſches und
warmes gebeizt ſind, und auch ſo erſt nach vielen Schlägen, und immer
noch Amboſe und Hammer ſprengend ..... Nur ein Gott kann dieſes
unermeßliche Geheimniß dem Menſchen mitgetheilt haben ..... Und wenn
er nun glücklich zum Reißen gebracht wird, ſo zerſpringt er in ſo kleine
Stücke, daß man ſie kaum ſehen kann. Das war der Standpunkt des
Alterthums.

Reguläres Kryſtallſyſtem, deutlich oktaedriſch blättrig, wovon
die Steinſchneider profitiren, indem es dadurch allein möglich gemacht iſt,
rauhe Stellen ſchnell wegzuſpalten. Oktaeder a : a : a bei den Oſtindiſchen
oft, doch werden ſie in Paris ſehr ſchön nachgemacht. Granatoeder
a : a : ∞a bei den Braſilianiſchen gewöhnlich, aber ſtark ge-
rundet und kaum meßbar. Die meiſten nach der kurzen Dia-
gonale (Kante des eingeſchriebenen Würfels) der Rhomben
geknickt, wodurch ein ſehr verzogener Pyramidenwürfel ent-
ſteht. Seltener herrſcht die Knickung nach der Längsdiago-
nale, was ein bauchiges Pyramidenoktaeder gibt. Die Knickung
[Abbildung] nach beiden Diagonalen gibt ein Pyramidengranatoeder, das wegen der
Flächenrundung ſich der Kugel- und Eiform nähert. Eine gleiche Deut-
lichkeit beider der gebrochenen Würfel- und Oktaederkanten iſt aber durch-
aus nicht gewöhnlich, in der Kugel prägt ſich alſo das Oktaeder oder

Quenſtedt, Mineralogie. 16
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[241/0253] I. Cl. 6te Fam.: Diamant. VI. Edelſteine. Die Gemmen bilden eine gute Gruppe unter den Silicaten, welche man nicht zerreißen ſollte, wenn auch ihre Gränzglieder nur ſchwach ver- bunden ſein mögen. Große Härte (es ſind die härteſten irdiſchen Stoffe), hohes Steingewicht, prächtige Farben und Klarheit, verbunden mit ſtarkem Glanz, eine nicht gewöhnliche Zuſammenſetzung zeichnen ſie aus. Den edlern unter ihnen fehlt die gemeinere Kieſelerde ganz, und die Thonerde bekommt das Uebergewicht. Ja die Krone derſelben, der Diamant, beſteht aus Kohlenſtoff, und dennoch iſt hier ſein natürlicher Platz. Trotz ihres ſparſamen Vorkommens ſind die Edelſteine ſchon den älteſten Völkern be- kannt, ihre Namen ſind uns überliefert, obgleich wir nicht immer wiſſen, was darunter verſtanden wurde. Auch konnten die Alten bei dem mangel- haften Stande der Wiſſenſchaft ſich ſelbſt über die Sachen nicht klar ſein. 1. Diamant. Bei den Griechen ἀδάμας (unbezwingbar δαμάω), wie alles harte, arabiſch mas, Jahalom Demant Luther 2 Moſ. 28, 18. Plinius hist. nat. 37. 15 ſpricht über adamas ſehr ausführlich: „den größten Preis unter den menſchlichen Dingen hat der Diamant, lange nur den Königen und auch unter dieſen blos wenigen bekannt. … Nur im feinſten Golde erzeugt er ſich … Sechs Arten ſind bekannt … Darunter die Indiſchen und Arabiſchen, von unausſprechlicher Härte, auf den Ambos gelegt, ſtoßen ſie den Schlag ſo zurück, daß Eiſen und Ambos in Stücke zerſpringt, auch das Feuer beſiegen ſie, denn man hat ihn noch nicht verbrennen können (numquam incalescens) ..... Dieſe Macht über Stahl und Feuer wird durch Bocksblut gebrochen, aber nur wenn ſie durch friſches und warmes gebeizt ſind, und auch ſo erſt nach vielen Schlägen, und immer noch Amboſe und Hammer ſprengend ..... Nur ein Gott kann dieſes unermeßliche Geheimniß dem Menſchen mitgetheilt haben ..... Und wenn er nun glücklich zum Reißen gebracht wird, ſo zerſpringt er in ſo kleine Stücke, daß man ſie kaum ſehen kann. Das war der Standpunkt des Alterthums. Reguläres Kryſtallſyſtem, deutlich oktaedriſch blättrig, wovon die Steinſchneider profitiren, indem es dadurch allein möglich gemacht iſt, rauhe Stellen ſchnell wegzuſpalten. Oktaeder a : a : a bei den Oſtindiſchen oft, doch werden ſie in Paris ſehr ſchön nachgemacht. Granatoeder a : a : ∞a bei den Braſilianiſchen gewöhnlich, aber ſtark ge- rundet und kaum meßbar. Die meiſten nach der kurzen Dia- gonale (Kante des eingeſchriebenen Würfels) der Rhomben geknickt, wodurch ein ſehr verzogener Pyramidenwürfel ent- ſteht. Seltener herrſcht die Knickung nach der Längsdiago- nale, was ein bauchiges Pyramidenoktaeder gibt. Die Knickung [Abbildung] nach beiden Diagonalen gibt ein Pyramidengranatoeder, das wegen der Flächenrundung ſich der Kugel- und Eiform nähert. Eine gleiche Deut- lichkeit beider der gebrochenen Würfel- und Oktaederkanten iſt aber durch- aus nicht gewöhnlich, in der Kugel prägt ſich alſo das Oktaeder oder Quenſtedt, Mineralogie. 16

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Zitationshilfe: Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quenstedt_mineralogie_1854/253>, abgerufen am 22.11.2024.