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Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.

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Vom Athemholen, bey Ausübung der Flöte.
6. §.

Um lange Passagien zu spielen, ist nöthig, daß man einen guten
Vorrath von Athem langsam in sich ziehe. Man muß zu dem Ende den
Hals und die Brust weit ausdehnen; die Achseln in die Höhe ziehen; den
Athem in der Brust, so viel als möglich ist, aufzuhalten suchen; und
ihn alsdenn ganz sparsam in die Flöte blasen. Findet man sich aber dennoch
genöthiget, zwischen geschwinden Noten Athem zu holen: so muß man die
Note, nach welcher es geschehen soll, sehr kurz machen; den Athem in
der Geschwindigkeit nur bis an die Gurgel ziehen; und die folgenden zwo
oder drey Noten etwas übereilen: damit der Tact nicht aufgehalten werde,
und auch keine Note verlohren gehe. Glaubet man aber im Voraus,
nicht im Stande zu seyn, die Passagie in einem Athem auszuspielen; so
thut man wohl, wenn man es nicht aufs äußerste ankommen läßt, son-
dern bey Zeiten mit Vortheil Athem holet. Denn ie öfter man in der
Geschwindigkeit Athem nimmt; ie unbequemer wird derselbe, und ie we-
niger hilft er.

7. §.

Aus folgenden Exempeln, von der 19. Figur an, bis zu Ende der
V. Tabelle, wird man deutlich sehen können, bey was für Noten man
am füglichsten Athem holen könne. Es sind allezeit diejenigen, über wel-
chen ein Strich steht. Doch versteht sich von selbst, daß man nicht alle-
zeit, so oft dergleichen Noten vorkommen, sondern nur alsdenn, wenn
es die Noth erfodert, Athem holen müsse.

8. §.

Ob dieses nun gleich bey dem ersten, zweyten, dritten, und letzten
Viertheile eines jeden Tactes geschehen kann; so ist es doch allezeit besser
bey dem ersten Viertheile, und zwar nach dessen ersten Note: Es wäre
denn, daß die ersten vier Noten stufenweise giengen, die folgenden aber sprän-
gen. Denn bey weiten Jutervallen schicket sich das Athemholen am besten.

9. §.

Man mache sich die Exempel von der 16. Figur der V. Tabelle an,
bis zu Ende derselben, recht bekannt; so wird man daraus den Athem am
rechten Orte nehmen lernen; und dadurch, sich bey allen vorkommenden
Passagien helfen zu können, mit der Zeit fähig werden.

10. §.

Wenn es der Raum erlaubete, verdienete diese Materie vom Athem-
holen wohl, mit noch mehrern Exempeln erläutert zu werden: weil so wohl

Sänger
K 2
Vom Athemholen, bey Ausuͤbung der Floͤte.
6. §.

Um lange Paſſagien zu ſpielen, iſt noͤthig, daß man einen guten
Vorrath von Athem langſam in ſich ziehe. Man muß zu dem Ende den
Hals und die Bruſt weit ausdehnen; die Achſeln in die Hoͤhe ziehen; den
Athem in der Bruſt, ſo viel als moͤglich iſt, aufzuhalten ſuchen; und
ihn alsdenn ganz ſparſam in die Floͤte blaſen. Findet man ſich aber dennoch
genoͤthiget, zwiſchen geſchwinden Noten Athem zu holen: ſo muß man die
Note, nach welcher es geſchehen ſoll, ſehr kurz machen; den Athem in
der Geſchwindigkeit nur bis an die Gurgel ziehen; und die folgenden zwo
oder drey Noten etwas uͤbereilen: damit der Tact nicht aufgehalten werde,
und auch keine Note verlohren gehe. Glaubet man aber im Voraus,
nicht im Stande zu ſeyn, die Paſſagie in einem Athem auszuſpielen; ſo
thut man wohl, wenn man es nicht aufs aͤußerſte ankommen laͤßt, ſon-
dern bey Zeiten mit Vortheil Athem holet. Denn ie oͤfter man in der
Geſchwindigkeit Athem nimmt; ie unbequemer wird derſelbe, und ie we-
niger hilft er.

7. §.

Aus folgenden Exempeln, von der 19. Figur an, bis zu Ende der
V. Tabelle, wird man deutlich ſehen koͤnnen, bey was fuͤr Noten man
am fuͤglichſten Athem holen koͤnne. Es ſind allezeit diejenigen, uͤber wel-
chen ein Strich ſteht. Doch verſteht ſich von ſelbſt, daß man nicht alle-
zeit, ſo oft dergleichen Noten vorkommen, ſondern nur alsdenn, wenn
es die Noth erfodert, Athem holen muͤſſe.

8. §.

Ob dieſes nun gleich bey dem erſten, zweyten, dritten, und letzten
Viertheile eines jeden Tactes geſchehen kann; ſo iſt es doch allezeit beſſer
bey dem erſten Viertheile, und zwar nach deſſen erſten Note: Es waͤre
denn, daß die erſten vier Noten ſtufenweiſe giengen, die folgenden aber ſpraͤn-
gen. Denn bey weiten Jutervallen ſchicket ſich das Athemholen am beſten.

9. §.

Man mache ſich die Exempel von der 16. Figur der V. Tabelle an,
bis zu Ende derſelben, recht bekannt; ſo wird man daraus den Athem am
rechten Orte nehmen lernen; und dadurch, ſich bey allen vorkommenden
Paſſagien helfen zu koͤnnen, mit der Zeit faͤhig werden.

10. §.

Wenn es der Raum erlaubete, verdienete dieſe Materie vom Athem-
holen wohl, mit noch mehrern Exempeln erlaͤutert zu werden: weil ſo wohl

Saͤnger
K 2
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[75/0093] Vom Athemholen, bey Ausuͤbung der Floͤte. 6. §. Um lange Paſſagien zu ſpielen, iſt noͤthig, daß man einen guten Vorrath von Athem langſam in ſich ziehe. Man muß zu dem Ende den Hals und die Bruſt weit ausdehnen; die Achſeln in die Hoͤhe ziehen; den Athem in der Bruſt, ſo viel als moͤglich iſt, aufzuhalten ſuchen; und ihn alsdenn ganz ſparſam in die Floͤte blaſen. Findet man ſich aber dennoch genoͤthiget, zwiſchen geſchwinden Noten Athem zu holen: ſo muß man die Note, nach welcher es geſchehen ſoll, ſehr kurz machen; den Athem in der Geſchwindigkeit nur bis an die Gurgel ziehen; und die folgenden zwo oder drey Noten etwas uͤbereilen: damit der Tact nicht aufgehalten werde, und auch keine Note verlohren gehe. Glaubet man aber im Voraus, nicht im Stande zu ſeyn, die Paſſagie in einem Athem auszuſpielen; ſo thut man wohl, wenn man es nicht aufs aͤußerſte ankommen laͤßt, ſon- dern bey Zeiten mit Vortheil Athem holet. Denn ie oͤfter man in der Geſchwindigkeit Athem nimmt; ie unbequemer wird derſelbe, und ie we- niger hilft er. 7. §. Aus folgenden Exempeln, von der 19. Figur an, bis zu Ende der V. Tabelle, wird man deutlich ſehen koͤnnen, bey was fuͤr Noten man am fuͤglichſten Athem holen koͤnne. Es ſind allezeit diejenigen, uͤber wel- chen ein Strich ſteht. Doch verſteht ſich von ſelbſt, daß man nicht alle- zeit, ſo oft dergleichen Noten vorkommen, ſondern nur alsdenn, wenn es die Noth erfodert, Athem holen muͤſſe. 8. §. Ob dieſes nun gleich bey dem erſten, zweyten, dritten, und letzten Viertheile eines jeden Tactes geſchehen kann; ſo iſt es doch allezeit beſſer bey dem erſten Viertheile, und zwar nach deſſen erſten Note: Es waͤre denn, daß die erſten vier Noten ſtufenweiſe giengen, die folgenden aber ſpraͤn- gen. Denn bey weiten Jutervallen ſchicket ſich das Athemholen am beſten. 9. §. Man mache ſich die Exempel von der 16. Figur der V. Tabelle an, bis zu Ende derſelben, recht bekannt; ſo wird man daraus den Athem am rechten Orte nehmen lernen; und dadurch, ſich bey allen vorkommenden Paſſagien helfen zu koͤnnen, mit der Zeit faͤhig werden. 10. §. Wenn es der Raum erlaubete, verdienete dieſe Materie vom Athem- holen wohl, mit noch mehrern Exempeln erlaͤutert zu werden: weil ſo wohl Saͤnger K 2

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Zitationshilfe: Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752/93>, abgerufen am 22.11.2024.