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Purtscheller, Ludwig: Zur Entwicklungsgeschichte des Alpinismus und der alpinen Technik in den Deutschen und Oesterreichischen Alpen. In: Zeitschrift des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins. Band XXV. Berlin, 1894, S. 95-176.

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Zur Entwicklungsgeschichte des Alpinismus.
Erinnerungen an meine Bergreisen und Aussichten geben mir,
nach meiner unleugbaren Erfahrung nicht wenig Aufmunterung
des Lebens, frohen Muth und manch'freudige Stunde."

Eine weitere kräftige Anregung erhielt der Alpinismus in
den Alpenländern Oesterreichs durch die glücklich vollführte Er-
steigung des Grossvenedigers am 3. September 1841 von einer
grösseren Gesellschaft, an deren Spitze der gefeierte Alpinist
Anton von Ruthner stand.

Während die Wirksamkeit Erzherzogs Johann und Thur-
wieser's auf kleinere Gebiete beschränkt blieb, eröffneten uns
Ruthner und die von ihm geführte neue Generation die gesammten
Ostalpen. Ruthner's Bergfahrten erstrecken sich über alle grösseren
Gruppen der Oesterreichischen und Deutschen Alpen, überall
begegnen wir den Spuren seiner Thätigkeit, mit derselben Ge-
wandtheit, wie den Bergstock, führt er die Feder. Wie Thurwieser
hat auch ihn die Grösse und Schönheit der Alpennatur zum Berg-
steiger gemacht, was aber Ruthner nicht hinderte, auch der topo-
graphischen Forschung und der Alpengeographie seine volle Theil-
nahme zu widmen. Ruthner ist ein Zeit- und Altersgenosse der
beiden rühmlichst bekannten Hochtouristen J. A. Specht und
J. J. Weilenmann, und wie diese ein sprechender Beweis, dass
die Touristik ihre Vertreter nicht selten bis in das Greisenalter
hinauf mit einem reichen Maasse körperlicher und geistiger Frische
beschenkt.

Kaum minder gross als der Einfluss Ruthner's war die
Wirksamkeit Hermann von Barth's. Niemand hat wie Barth
den Kampf mit der gewaltigen Alpennatur in so kecker, selbst-
bewusster Weise und mit solcher Siegeskühnheit geführt, Niemand
die Freude an diesem Kampfe mit derselben Lebendigkeit und
Originalität geschildert, als der Erforscher der Nördlichen Kalk-
alpen, dessen Grab nun im Schatten der fernen Palmen liegt.
Ausdauer und Muth, Trotz und Zuversicht begleiteten den kühnen
Stürmer, wenn er dem plattengepanzerten Gipfelthurm, der
drohenden Felswand, dem wildzersplitterten Grat bei Kälte, Nebel
und drohendem Ungewitter, ohne Führer oder Begleiter zu
Leibe rückte. Mehr als ein anderer Bergsteiger der damaligen
oder der gegenwärtigen Zeit hat Barth Schule gemacht, er wird
als der Anwalt der "Führerlosen" und des "Alleingehens" an-
gesehen, wenn er auch vor den Gefahren der Berge wiederholt
und ernstlich warnt.

Zur Entwicklungsgeschichte des Alpinismus.
Erinnerungen an meine Bergreisen und Aussichten geben mir,
nach meiner unleugbaren Erfahrung nicht wenig Aufmunterung
des Lebens, frohen Muth und manch’freudige Stunde.“

Eine weitere kräftige Anregung erhielt der Alpinismus in
den Alpenländern Oesterreichs durch die glücklich vollführte Er-
steigung des Grossvenedigers am 3. September 1841 von einer
grösseren Gesellschaft, an deren Spitze der gefeierte Alpinist
Anton von Ruthner stand.

Während die Wirksamkeit Erzherzogs Johann und Thur-
wieser’s auf kleinere Gebiete beschränkt blieb, eröffneten uns
Ruthner und die von ihm geführte neue Generation die gesammten
Ostalpen. Ruthner’s Bergfahrten erstrecken sich über alle grösseren
Gruppen der Oesterreichischen und Deutschen Alpen, überall
begegnen wir den Spuren seiner Thätigkeit, mit derselben Ge-
wandtheit, wie den Bergstock, führt er die Feder. Wie Thurwieser
hat auch ihn die Grösse und Schönheit der Alpennatur zum Berg-
steiger gemacht, was aber Ruthner nicht hinderte, auch der topo-
graphischen Forschung und der Alpengeographie seine volle Theil-
nahme zu widmen. Ruthner ist ein Zeit- und Altersgenosse der
beiden rühmlichst bekannten Hochtouristen J. A. Specht und
J. J. Weilenmann, und wie diese ein sprechender Beweis, dass
die Touristik ihre Vertreter nicht selten bis in das Greisenalter
hinauf mit einem reichen Maasse körperlicher und geistiger Frische
beschenkt.

Kaum minder gross als der Einfluss Ruthner’s war die
Wirksamkeit Hermann von Barth’s. Niemand hat wie Barth
den Kampf mit der gewaltigen Alpennatur in so kecker, selbst-
bewusster Weise und mit solcher Siegeskühnheit geführt, Niemand
die Freude an diesem Kampfe mit derselben Lebendigkeit und
Originalität geschildert, als der Erforscher der Nördlichen Kalk-
alpen, dessen Grab nun im Schatten der fernen Palmen liegt.
Ausdauer und Muth, Trotz und Zuversicht begleiteten den kühnen
Stürmer, wenn er dem plattengepanzerten Gipfelthurm, der
drohenden Felswand, dem wildzersplitterten Grat bei Kälte, Nebel
und drohendem Ungewitter, ohne Führer oder Begleiter zu
Leibe rückte. Mehr als ein anderer Bergsteiger der damaligen
oder der gegenwärtigen Zeit hat Barth Schule gemacht, er wird
als der Anwalt der „Führerlosen“ und des „Alleingehens“ an-
gesehen, wenn er auch vor den Gefahren der Berge wiederholt
und ernstlich warnt.

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[111/0017] Zur Entwicklungsgeschichte des Alpinismus. Erinnerungen an meine Bergreisen und Aussichten geben mir, nach meiner unleugbaren Erfahrung nicht wenig Aufmunterung des Lebens, frohen Muth und manch’freudige Stunde.“ Eine weitere kräftige Anregung erhielt der Alpinismus in den Alpenländern Oesterreichs durch die glücklich vollführte Er- steigung des Grossvenedigers am 3. September 1841 von einer grösseren Gesellschaft, an deren Spitze der gefeierte Alpinist Anton von Ruthner stand. Während die Wirksamkeit Erzherzogs Johann und Thur- wieser’s auf kleinere Gebiete beschränkt blieb, eröffneten uns Ruthner und die von ihm geführte neue Generation die gesammten Ostalpen. Ruthner’s Bergfahrten erstrecken sich über alle grösseren Gruppen der Oesterreichischen und Deutschen Alpen, überall begegnen wir den Spuren seiner Thätigkeit, mit derselben Ge- wandtheit, wie den Bergstock, führt er die Feder. Wie Thurwieser hat auch ihn die Grösse und Schönheit der Alpennatur zum Berg- steiger gemacht, was aber Ruthner nicht hinderte, auch der topo- graphischen Forschung und der Alpengeographie seine volle Theil- nahme zu widmen. Ruthner ist ein Zeit- und Altersgenosse der beiden rühmlichst bekannten Hochtouristen J. A. Specht und J. J. Weilenmann, und wie diese ein sprechender Beweis, dass die Touristik ihre Vertreter nicht selten bis in das Greisenalter hinauf mit einem reichen Maasse körperlicher und geistiger Frische beschenkt. Kaum minder gross als der Einfluss Ruthner’s war die Wirksamkeit Hermann von Barth’s. Niemand hat wie Barth den Kampf mit der gewaltigen Alpennatur in so kecker, selbst- bewusster Weise und mit solcher Siegeskühnheit geführt, Niemand die Freude an diesem Kampfe mit derselben Lebendigkeit und Originalität geschildert, als der Erforscher der Nördlichen Kalk- alpen, dessen Grab nun im Schatten der fernen Palmen liegt. Ausdauer und Muth, Trotz und Zuversicht begleiteten den kühnen Stürmer, wenn er dem plattengepanzerten Gipfelthurm, der drohenden Felswand, dem wildzersplitterten Grat bei Kälte, Nebel und drohendem Ungewitter, ohne Führer oder Begleiter zu Leibe rückte. Mehr als ein anderer Bergsteiger der damaligen oder der gegenwärtigen Zeit hat Barth Schule gemacht, er wird als der Anwalt der „Führerlosen“ und des „Alleingehens“ an- gesehen, wenn er auch vor den Gefahren der Berge wiederholt und ernstlich warnt.

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Zitationshilfe: Purtscheller, Ludwig: Zur Entwicklungsgeschichte des Alpinismus und der alpinen Technik in den Deutschen und Oesterreichischen Alpen. In: Zeitschrift des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins. Band XXV. Berlin, 1894, S. 95-176, hier S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/purtscheller_alpinismus_1894/17>, abgerufen am 21.11.2024.