Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691.Des andern Buchs nen Willen nicht nöthigen kan/ so istes ein Zeichen/ daß sie deren Entrich- tung eines jeden seinem eigenen Ge- wissen und Schamhafftigkeit anheim stellen wollen. Jedoch pflegen sie mehrentheils denen jenigen Obliga- tionen Klage und Proceß zu verstat- ten/ die durch außdrückliche Pacte un- ter denen Menschen sind errichtet worden; was einer aber dem andern sonst so bloß aus einer ungemessenen Verpflichtung derer natürlichen Rechte schuldig ist/ darzu haben sie dergleichen nicht eingeräumet/ um dadurch frommen und redlichen Ge- müthern auch eine Materie vorzube- halten/ wobey sie einige Proben ihrer Tugend ablegen/ und durch ein frey- williges und ungezwungenes Wohl- verhalten dero Lob desto mehr ver- grössern möchten. Offters ist eine Sache auch wohl so viel nicht werth/ daß man dem Richter darüber Unge- legenheit mathen dürffe. §. 6.
Des andern Buchs nen Willen nicht noͤthigen kan/ ſo iſtes ein Zeichen/ daß ſie deren Entrich- tung eines jeden ſeinem eigenen Ge- wiſſen und Schamhafftigkeit anheim ſtellen wollen. Jedoch pflegen ſie mehrentheils denen jenigen Obliga- tionen Klage und Proceß zu verſtat- ten/ die durch außdruͤckliche Pacte un- ter denen Menſchen ſind errichtet worden; was einer aber dem andern ſonſt ſo bloß aus einer ungemeſſenen Verpflichtung derer natuͤrlichen Rechte ſchuldig iſt/ darzu haben ſie dergleichen nicht eingeraͤumet/ um dadurch frommen und redlichen Ge- muͤthern auch eine Materie vorzube- halten/ wobey ſie einige Proben ihrer Tugend ablegen/ und durch ein frey- williges und ungezwungenes Wohl- verhalten dero Lob deſto mehr ver- groͤſſern moͤchten. Offters iſt eine Sache auch wohl ſo viel nicht werth/ daß man dem Richter daruͤber Unge- legenheit mathen duͤrffe. §. 6.
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Des andern Buchs
nen Willen nicht noͤthigen kan/ ſo iſt
es ein Zeichen/ daß ſie deren Entrich-
tung eines jeden ſeinem eigenen Ge-
wiſſen und Schamhafftigkeit anheim
ſtellen wollen. Jedoch pflegen ſie
mehrentheils denen jenigen Obliga-
tionen Klage und Proceß zu verſtat-
ten/ die durch außdruͤckliche Pacte un-
ter denen Menſchen ſind errichtet
worden; was einer aber dem andern
ſonſt ſo bloß aus einer ungemeſſenen
Verpflichtung derer natuͤrlichen
Rechte ſchuldig iſt/ darzu haben ſie
dergleichen nicht eingeraͤumet/ um
dadurch frommen und redlichen Ge-
muͤthern auch eine Materie vorzube-
halten/ wobey ſie einige Proben ihrer
Tugend ablegen/ und durch ein frey-
williges und ungezwungenes Wohl-
verhalten dero Lob deſto mehr ver-
groͤſſern moͤchten. Offters iſt eine
Sache auch wohl ſo viel nicht werth/
daß man dem Richter daruͤber Unge-
legenheit mathen duͤrffe.
§. 6.
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