Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691.fünfftes Capitel. die Göttliche Rache mehrentheils et-was langsam zu erfolgen pfleget/ so lassen sich verstockte Gemüther dieses dahin verleiten/ daß sie die Straffe und Züchtigung derer Gottlosen an- dern Ursachen beymessen/ zumahl da sie öffters sehen/ daß solche Leute an Dingen/ wornach der Pöbel die Glückseeligkeit ermisset/ vollauff und Genüge haben. Hiezu kömmet noch/ daß die Gewissens-Stacheln/ so vor einer jeden bösen That vorher gehen/ nicht so scharff und empfindlich zu seyn scheinen/ als die jenigen/ so dar- auff erfolgen/ welches aber alßdann in so fern zu späte ist/ indem sich eine einmahl geschehene Sache nicht wie- der ändern und in den vorigen Stand richten lässet. Allein in denen bür- gerlichen Regierungen ist zu Stil- lung sothaner hefftigen Begierden ein bewährtes und der menschl. Na- tur gantz gemässes Mittel vorhan- den. Das U 6
fuͤnfftes Capitel. die Goͤttliche Rache mehrentheils et-was langſam zu erfolgen pfleget/ ſo laſſen ſich verſtockte Gemuͤther dieſes dahin verleiten/ daß ſie die Straffe und Zuͤchtigung derer Gottloſen an- dern Urſachen beymeſſen/ zumahl da ſie oͤffters ſehen/ daß ſolche Leute an Dingen/ wornach der Poͤbel die Gluͤckſeeligkeit ermiſſet/ vollauff und Genuͤge haben. Hiezu koͤmmet noch/ daß die Gewiſſens-Stacheln/ ſo vor einer jeden boͤſen That vorher gehen/ nicht ſo ſcharff und empfindlich zu ſeyn ſcheinen/ als die jenigen/ ſo dar- auff erfolgen/ welches aber alßdann in ſo fern zu ſpaͤte iſt/ indem ſich eine einmahl geſchehene Sache nicht wie- der aͤndern und in den vorigen Stand richten laͤſſet. Allein in denen buͤr- gerlichen Regierungen iſt zu Stil- lung ſothaner hefftigen Begierden ein bewaͤhrtes und der menſchl. Na- tur gantz gemaͤſſes Mittel vorhan- den. Das U 6
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fuͤnfftes Capitel.
die Goͤttliche Rache mehrentheils et-
was langſam zu erfolgen pfleget/ ſo
laſſen ſich verſtockte Gemuͤther dieſes
dahin verleiten/ daß ſie die Straffe
und Zuͤchtigung derer Gottloſen an-
dern Urſachen beymeſſen/ zumahl da
ſie oͤffters ſehen/ daß ſolche Leute an
Dingen/ wornach der Poͤbel die
Gluͤckſeeligkeit ermiſſet/ vollauff und
Genuͤge haben. Hiezu koͤmmet noch/
daß die Gewiſſens-Stacheln/ ſo vor
einer jeden boͤſen That vorher gehen/
nicht ſo ſcharff und empfindlich zu
ſeyn ſcheinen/ als die jenigen/ ſo dar-
auff erfolgen/ welches aber alßdann
in ſo fern zu ſpaͤte iſt/ indem ſich eine
einmahl geſchehene Sache nicht wie-
der aͤndern und in den vorigen Stand
richten laͤſſet. Allein in denen buͤr-
gerlichen Regierungen iſt zu Stil-
lung ſothaner hefftigen Begierden
ein bewaͤhrtes und der menſchl. Na-
tur gantz gemaͤſſes Mittel vorhan-
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