Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.Das XII. Capitel behalten lasse/ und dieses dissensus unge-achtet einander als Brüder in Christo/ und Gliedmassen einer Christlichen Ge- meine betrachte und halte. Wenn man nun der Sachen Beschaffenheit/ und des Pabsts Principia eigentlich betrachtet/ so muß man einen sothanen Vergleich für unmöglich halten. Denn es ist nicht allein eine Mißhelligkeit wegen der Lehr-Puncten/ sondern es befinden sich auch gantz streitende Interessen da- bey. Denn erstlich will der Pabst ger- ne die Kirchengüter wieder haben; die Protestanten aber wollen sie gerne behal- ten in dem Stand/ wie sie nun sind. Der Pabst will gerne das Haupt der Chri- stenheit seyn die Protestirenden Staa- ten aber wollen das Jus circa Sacra als ein köstlich Stück ihrer Souverainität behalten. Und ist eine contradictio in adjecto, daß einer will in der Gemein- schafft und Freundschafft mit dem Pab- ste stehen/ den er doch nicht für einen souverainen Regenten der Kirchen er- kennen will. Eben als wenn einer ein Bürger im Reiche heissen wolte/ der doch den König nicht für seinen Obern erkennet. So ist auch dieses der Eckstein des Pabstthums/ daß der
Das XII. Capitel behalten laſſe/ und dieſes diſſenſus unge-achtet einander als Bruͤder in Chriſto/ und Gliedmaſſen einer Chriſtlichen Ge- meine betrachte und halte. Wenn man nun der Sachen Beſchaffenheit/ und des Pabſts Principia eigentlich betrachtet/ ſo muß man einen ſothanen Vergleich fuͤr unmoͤglich halten. Denn es iſt nicht allein eine Mißhelligkeit wegen der Lehr-Puncten/ ſondern es befinden ſich auch gantz ſtreitende Intereſſen da- bey. Denn erſtlich will der Pabſt ger- ne die Kirchenguͤter wieder haben; die Proteſtanten aber wollen ſie gerne behal- ten in dem Stand/ wie ſie nun ſind. Der Pabſt will gerne das Haupt der Chri- ſtenheit ſeyn die Proteſtirenden Staa- ten aber wollen das Jus circa Sacra als ein koͤſtlich Stuͤck ihrer Souverainitaͤt behalten. Und iſt eine contradictio in adjecto, daß einer will in der Gemein- ſchafft und Freundſchafft mit dem Pab- ſte ſtehen/ den er doch nicht fuͤr einen ſouverainen Regenten der Kirchen er- kennen will. Eben als wenn einer ein Buͤrger im Reiche heiſſen wolte/ der doch den Koͤnig nicht fuͤr ſeinen Obern erkennet. So iſt auch dieſes der Eckſtein des Pabſtthums/ daß der
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Das XII. Capitel
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achtet einander als Bruͤder in Chriſto/
und Gliedmaſſen einer Chriſtlichen Ge-
meine betrachte und halte. Wenn man
nun der Sachen Beſchaffenheit/ und des
Pabſts Principia eigentlich betrachtet/
ſo muß man einen ſothanen Vergleich
fuͤr unmoͤglich halten. Denn es iſt
nicht allein eine Mißhelligkeit wegen der
Lehr-Puncten/ ſondern es befinden
ſich auch gantz ſtreitende Intereſſen da-
bey. Denn erſtlich will der Pabſt ger-
ne die Kirchenguͤter wieder haben; die
Proteſtanten aber wollen ſie gerne behal-
ten in dem Stand/ wie ſie nun ſind. Der
Pabſt will gerne das Haupt der Chri-
ſtenheit ſeyn die Proteſtirenden Staa-
ten aber wollen das Jus circa Sacra als
ein koͤſtlich Stuͤck ihrer Souverainitaͤt
behalten. Und iſt eine contradictio in
adjecto, daß einer will in der Gemein-
ſchafft und Freundſchafft mit dem Pab-
ſte ſtehen/ den er doch nicht fuͤr einen
ſouverainen Regenten der Kirchen er-
kennen will. Eben als wenn einer
ein Buͤrger im Reiche heiſſen wolte/
der doch den Koͤnig nicht fuͤr ſeinen
Obern erkennet. So iſt auch dieſes
der Eckſtein des Pabſtthums/ daß
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