Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.

Bild:
<< vorherige Seite

Das XII. Capitel
nicht etwas darinn möchten finden/ was
der Clerisey Interesse zu wider wäre/ oder
gar zu klug werden/ und nicht mehr alles
von den Priestern auf blinden Credit an-
nehmen wollen. Wormit sie auch zu-
gleich verhindern/ daß die Layen sich nicht
viel umb Theologische Sachen beküm-
mern/ oder denen nachgrübeln/ sondern
die Priester allein darfür sorgen lassen.
Deswegen eignen sie auch dem Pabst die
Macht zu die Heil. Schrifft auszulegen/
damit ja nichts aus derselben möge für-
gebracht werden/ was seinem Staat kön-
ne nachtheilig seyn. Umb welcher Ur-
sache willen ihme auch die endliche Deci-
sion
in allen Streitigkeiten beygeleget
wird. Man giebt auch für/ die Heil.
Schrifft sey nicht vollkommen/ und mü-
ste man selbige mit Traditionibus ergän-
tzen; damit wenn eine Lehre wäre/ so ih-
rem Staat fürträglich/ deren gantz kein
Fußstapffen in der Schrifft zu finden/
man andere Beweisthümer zuersparen
sich auf das Herkommen beruffen möch-
te. Jn der Lehre von der Sünde ist die
Distinctio peccati venialis & mortalis, wie
auch was man von casibus reservatis vor-
giebet/ bloß zu der Priester Nutz angese-
hen/ inmassen auch die unendlichen Beicht-

bücher

Das XII. Capitel
nicht etwas darinn moͤchten finden/ was
der Cleriſey Intereſſe zu wider waͤre/ oder
gar zu klug werden/ und nicht mehr alles
von den Prieſtern auf blinden Credit an-
nehmen wollen. Wormit ſie auch zu-
gleich verhindern/ daß die Layen ſich nicht
viel umb Theologiſche Sachen bekuͤm-
mern/ oder denen nachgruͤbeln/ ſondern
die Prieſter allein darfuͤr ſorgen laſſen.
Deswegen eignen ſie auch dem Pabſt die
Macht zu die Heil. Schrifft auszulegen/
damit ja nichts aus derſelben moͤge fuͤr-
gebracht werden/ was ſeinem Staat koͤn-
ne nachtheilig ſeyn. Umb welcher Ur-
ſache willen ihme auch die endliche Deci-
ſion
in allen Streitigkeiten beygeleget
wird. Man giebt auch fuͤr/ die Heil.
Schrifft ſey nicht vollkommen/ und muͤ-
ſte man ſelbige mit Traditionibus ergaͤn-
tzen; damit wenn eine Lehre waͤre/ ſo ih-
rem Staat fuͤrtraͤglich/ deren gantz kein
Fußſtapffen in der Schrifft zu finden/
man andere Beweisthuͤmer zuerſparen
ſich auf das Herkommen beruffen moͤch-
te. Jn der Lehre von der Suͤnde iſt die
Diſtinctio peccati venialis & mortalis, wie
auch was man von caſibus reſervatis vor-
giebet/ bloß zu der Prieſter Nutz angeſe-
hen/ inmaſſen auch die unendlichẽ Beicht-

buͤcher
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0884" n="854"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq">XII.</hi> Capitel</hi></fw><lb/>
nicht etwas darinn mo&#x0364;chten finden/ was<lb/>
der Cleri&#x017F;ey <hi rendition="#aq">Intere&#x017F;&#x017F;e</hi> zu wider wa&#x0364;re/ oder<lb/>
gar zu klug werden/ und nicht mehr alles<lb/>
von den Prie&#x017F;tern auf blinden <hi rendition="#aq">Credit</hi> an-<lb/>
nehmen wollen. Wormit &#x017F;ie auch zu-<lb/>
gleich verhindern/ daß die Layen &#x017F;ich nicht<lb/>
viel umb <hi rendition="#aq">Theologi</hi>&#x017F;che Sachen beku&#x0364;m-<lb/>
mern/ oder denen nachgru&#x0364;beln/ &#x017F;ondern<lb/>
die Prie&#x017F;ter allein darfu&#x0364;r &#x017F;orgen la&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Deswegen eignen &#x017F;ie auch dem Pab&#x017F;t die<lb/>
Macht zu die Heil. Schrifft auszulegen/<lb/>
damit ja nichts aus der&#x017F;elben mo&#x0364;ge fu&#x0364;r-<lb/>
gebracht werden/ was &#x017F;einem Staat ko&#x0364;n-<lb/>
ne nachtheilig &#x017F;eyn. Umb welcher Ur-<lb/>
&#x017F;ache willen ihme auch die endliche <hi rendition="#aq">Deci-<lb/>
&#x017F;ion</hi> in allen Streitigkeiten beygeleget<lb/>
wird. Man giebt auch fu&#x0364;r/ die Heil.<lb/>
Schrifft &#x017F;ey nicht vollkommen/ und mu&#x0364;-<lb/>
&#x017F;te man &#x017F;elbige mit <hi rendition="#aq">Traditionibus</hi> erga&#x0364;n-<lb/>
tzen; damit wenn eine Lehre wa&#x0364;re/ &#x017F;o ih-<lb/>
rem Staat fu&#x0364;rtra&#x0364;glich/ deren gantz kein<lb/>
Fuß&#x017F;tapffen in der Schrifft zu finden/<lb/>
man andere Beweisthu&#x0364;mer zuer&#x017F;paren<lb/>
&#x017F;ich auf das Herkommen beruffen mo&#x0364;ch-<lb/>
te. Jn der Lehre von der Su&#x0364;nde i&#x017F;t die<lb/><hi rendition="#aq">Di&#x017F;tinctio peccati venialis &amp; mortalis,</hi> wie<lb/>
auch was man von <hi rendition="#aq">ca&#x017F;ibus re&#x017F;ervatis</hi> vor-<lb/>
giebet/ bloß zu der Prie&#x017F;ter Nutz ange&#x017F;e-<lb/>
hen/ inma&#x017F;&#x017F;en auch die unendliche&#x0303; Beicht-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">bu&#x0364;cher</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[854/0884] Das XII. Capitel nicht etwas darinn moͤchten finden/ was der Cleriſey Intereſſe zu wider waͤre/ oder gar zu klug werden/ und nicht mehr alles von den Prieſtern auf blinden Credit an- nehmen wollen. Wormit ſie auch zu- gleich verhindern/ daß die Layen ſich nicht viel umb Theologiſche Sachen bekuͤm- mern/ oder denen nachgruͤbeln/ ſondern die Prieſter allein darfuͤr ſorgen laſſen. Deswegen eignen ſie auch dem Pabſt die Macht zu die Heil. Schrifft auszulegen/ damit ja nichts aus derſelben moͤge fuͤr- gebracht werden/ was ſeinem Staat koͤn- ne nachtheilig ſeyn. Umb welcher Ur- ſache willen ihme auch die endliche Deci- ſion in allen Streitigkeiten beygeleget wird. Man giebt auch fuͤr/ die Heil. Schrifft ſey nicht vollkommen/ und muͤ- ſte man ſelbige mit Traditionibus ergaͤn- tzen; damit wenn eine Lehre waͤre/ ſo ih- rem Staat fuͤrtraͤglich/ deren gantz kein Fußſtapffen in der Schrifft zu finden/ man andere Beweisthuͤmer zuerſparen ſich auf das Herkommen beruffen moͤch- te. Jn der Lehre von der Suͤnde iſt die Diſtinctio peccati venialis & mortalis, wie auch was man von caſibus reſervatis vor- giebet/ bloß zu der Prieſter Nutz angeſe- hen/ inmaſſen auch die unendlichẽ Beicht- buͤcher

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/884
Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682, S. 854. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/884>, abgerufen am 23.11.2024.