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Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.

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Das XII. Capitel
haben sie diejenige erwehlet/ dergleichen
keine bequemere zu ihren Zweck konte aus-
gesonnen werden; und ist aller Politi-
schen Scribenten theoretische Spitzfün-
digkeit nichts gegen dem/ was wir hier in
der That vorgestellet sehen. Zwar haben
einige Könige ihrer Person und Reiche
ein sonderbares Ansehen gemachet/ in
dem sie vorgegeben/ aus Göttlichem
Stamm entsprossen zu seyn; oder daß ihr
Staat auf Geheiß der Götter/ oder mit
dero gnädigen Zeichen gegründet wor-
den/ oder daß man sie nach dem Todt un-
ter die Götter gerechnet und angebetet.
Aber der Pabst hat den Leuten eingebil-
det/ daß er gar sey Jesu Christi/ der alle
Gewalt im Himmel und auf Erden hat/
Stadthalter und ein Vice-Deus auf Er-
den; und zwar in einem viel höhern Ver-
stand/ als etwa von der hohen Obrigkeit
gesagt wird/ daß sie des Herrn Gerichte
auf Erden hegen; in dem er fürgiebt/ daß
alle Gnade/ so von Jesu Christo erwor-
ben/ von ihme ausgetheilet werde/ und
daß/ der dessen Hoheit nicht erkennet/ kei-
ne Seeligkeit zu hoffen habe. Denn es
ist ja kein Ding/ das grössere Ehrerbie-
tung von den Menschen auszulocken be-
quem ist/ als die Göttliche Majestät/ auch
durchgehends kein Ding kräfftiger die

Menschen

Das XII. Capitel
haben ſie diejenige erwehlet/ dergleichen
keine bequemere zu ihrẽ Zweck konte aus-
geſonnen werden; und iſt aller Politi-
ſchen Scribenten theoretiſche Spitzfuͤn-
digkeit nichts gegen dem/ was wir hier in
der That vorgeſtellet ſehen. Zwar haben
einige Koͤnige ihrer Perſon und Reiche
ein ſonderbares Anſehen gemachet/ in
dem ſie vorgegeben/ aus Goͤttlichem
Stam̃ entſproſſen zu ſeyn; oder daß ihr
Staat auf Geheiß der Goͤtter/ oder mit
dero gnaͤdigen Zeichen gegruͤndet wor-
den/ oder daß man ſie nach dem Todt un-
ter die Goͤtter gerechnet und angebetet.
Aber der Pabſt hat den Leuten eingebil-
det/ daß er gar ſey Jeſu Chriſti/ der alle
Gewalt im Himmel und auf Erden hat/
Stadthalter und ein Vice-Deus auf Er-
den; und zwar in einem viel hoͤhern Ver-
ſtand/ als etwa von der hohen Obrigkeit
geſagt wird/ daß ſie des Herrn Gerichte
auf Erden hegen; in dem er fuͤrgiebt/ daß
alle Gnade/ ſo von Jeſu Chriſto erwor-
ben/ von ihme ausgetheilet werde/ und
daß/ der deſſen Hoheit nicht erkennet/ kei-
ne Seeligkeit zu hoffen habe. Denn es
iſt ja kein Ding/ das groͤſſere Ehrerbie-
tung von den Menſchen auszulocken be-
quem iſt/ als die Goͤttliche Majeſtaͤt/ auch
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[840/0870] Das XII. Capitel haben ſie diejenige erwehlet/ dergleichen keine bequemere zu ihrẽ Zweck konte aus- geſonnen werden; und iſt aller Politi- ſchen Scribenten theoretiſche Spitzfuͤn- digkeit nichts gegen dem/ was wir hier in der That vorgeſtellet ſehen. Zwar haben einige Koͤnige ihrer Perſon und Reiche ein ſonderbares Anſehen gemachet/ in dem ſie vorgegeben/ aus Goͤttlichem Stam̃ entſproſſen zu ſeyn; oder daß ihr Staat auf Geheiß der Goͤtter/ oder mit dero gnaͤdigen Zeichen gegruͤndet wor- den/ oder daß man ſie nach dem Todt un- ter die Goͤtter gerechnet und angebetet. Aber der Pabſt hat den Leuten eingebil- det/ daß er gar ſey Jeſu Chriſti/ der alle Gewalt im Himmel und auf Erden hat/ Stadthalter und ein Vice-Deus auf Er- den; und zwar in einem viel hoͤhern Ver- ſtand/ als etwa von der hohen Obrigkeit geſagt wird/ daß ſie des Herrn Gerichte auf Erden hegen; in dem er fuͤrgiebt/ daß alle Gnade/ ſo von Jeſu Chriſto erwor- ben/ von ihme ausgetheilet werde/ und daß/ der deſſen Hoheit nicht erkennet/ kei- ne Seeligkeit zu hoffen habe. Denn es iſt ja kein Ding/ das groͤſſere Ehrerbie- tung von den Menſchen auszulocken be- quem iſt/ als die Goͤttliche Majeſtaͤt/ auch durchgehends kein Ding kraͤfftiger die Menſchen

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Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682, S. 840. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/870>, abgerufen am 23.11.2024.