Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.

Bild:
<< vorherige Seite

vom Pabst.
man nicht so einmüthig gegen den Pabst/
als er gegen sie/ agiren kunte. So ge-
riethe man auch anfangs zu dieser Refor-
mation
nicht mit vorbedachtem Rath/
und daß man nach reiffer Uberlegung
aller Dinge einen neuen Staat vorauß
formiret hätte; sondern man kahm über
Verhoffen in diese Veränderung/ und
ward das Werck nur unter der Hand ein-
gerichtet. Und wiewohl Lutherus zu
erst der Katzen die Schelle angehencket
hatte; so wolten doch die andern nicht e-
ben in allen Stücken sich nach seiner Mei-
nung richten/ und wolten auch etwas zu
sprechen haben. Dannenhero entstun-
den auch unter ihnen Disputen/ und weil
niemand war/ der sie pro Autoritate hät-
te entscheiden können/ sondern ein jeder
auf seiner Meinung verhärtet stund/ gab
es bald innerliche Spaltungen/ und
vergaß man des gemeinen Feindes/ und
fuhr einander selbst in die Haare; welches
denn des Pabsts Beygethanen einen
scheinbaren Anlaß gab zu sagen: die Ke-
tzer wären unter einander verirret/ wü-
sten selbst nicht was sie glaubten/ und
wären in einen unendlichen Labyrinth
verfallen/ nach dem sie von der Römi-
schen Kirchen abgewichen. Es gab
auch derer nicht wenig/ die den Nahmen

des

vom Pabſt.
man nicht ſo einmuͤthig gegen den Pabſt/
als er gegen ſie/ agiren kunte. So ge-
riethe man auch anfangs zu dieſer Refor-
mation
nicht mit vorbedachtem Rath/
und daß man nach reiffer Uberlegung
aller Dinge einen neuen Staat vorauß
formiret haͤtte; ſondern man kahm uͤber
Verhoffen in dieſe Veraͤnderung/ und
ward das Werck nur unter der Hand ein-
gerichtet. Und wiewohl Lutherus zu
erſt der Katzen die Schelle angehencket
hatte; ſo wolten doch die andern nicht e-
ben in allen Stuͤcken ſich nach ſeiner Mei-
nung richten/ und wolten auch etwas zu
ſprechen haben. Dannenhero entſtun-
den auch unter ihnen Diſputen/ und weil
niemand war/ der ſie pro Autoritate haͤt-
te entſcheiden koͤnnen/ ſondern ein jeder
auf ſeiner Meinung verhaͤrtet ſtund/ gab
es bald innerliche Spaltungen/ und
vergaß man des gemeinen Feindes/ und
fuhr einander ſelbſt in die Haare; welches
denn des Pabſts Beygethanen einen
ſcheinbaren Anlaß gab zu ſagen: die Ke-
tzer waͤren unter einander verirret/ wuͤ-
ſten ſelbſt nicht was ſie glaubten/ und
waͤren in einen unendlichen Labyrinth
verfallen/ nach dem ſie von der Roͤmi-
ſchen Kirchen abgewichen. Es gab
auch derer nicht wenig/ die den Nahmen

des
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0851" n="821"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">vom Pab&#x017F;t.</hi></fw><lb/>
man nicht &#x017F;o einmu&#x0364;thig gegen den Pab&#x017F;t/<lb/>
als er gegen &#x017F;ie/ <hi rendition="#aq">agir</hi>en kunte. So ge-<lb/>
riethe man auch anfangs zu die&#x017F;er <hi rendition="#aq">Refor-<lb/>
mation</hi> nicht mit vorbedachtem Rath/<lb/>
und daß man nach reiffer Uberlegung<lb/>
aller Dinge einen neuen Staat vorauß<lb/><hi rendition="#aq">formir</hi>et ha&#x0364;tte; &#x017F;ondern man kahm u&#x0364;ber<lb/>
Verhoffen in die&#x017F;e Vera&#x0364;nderung/ und<lb/>
ward das Werck nur unter der Hand ein-<lb/>
gerichtet. Und wiewohl <hi rendition="#aq">Lutherus</hi> zu<lb/>
er&#x017F;t der Katzen die Schelle angehencket<lb/>
hatte; &#x017F;o wolten doch die andern nicht e-<lb/>
ben in allen Stu&#x0364;cken &#x017F;ich nach &#x017F;einer Mei-<lb/>
nung richten/ und wolten auch etwas zu<lb/>
&#x017F;prechen haben. Dannenhero ent&#x017F;tun-<lb/>
den auch unter ihnen <hi rendition="#aq">Di&#x017F;put</hi>en/ und weil<lb/>
niemand war/ der &#x017F;ie <hi rendition="#aq">pro Autoritate</hi> ha&#x0364;t-<lb/>
te ent&#x017F;cheiden ko&#x0364;nnen/ &#x017F;ondern ein jeder<lb/>
auf &#x017F;einer Meinung verha&#x0364;rtet &#x017F;tund/ gab<lb/>
es bald innerliche Spaltungen/ und<lb/>
vergaß man des gemeinen Feindes/ und<lb/>
fuhr einander &#x017F;elb&#x017F;t in die Haare; welches<lb/>
denn des Pab&#x017F;ts Beygethanen einen<lb/>
&#x017F;cheinbaren Anlaß gab zu &#x017F;agen: die Ke-<lb/>
tzer wa&#x0364;ren unter einander verirret/ wu&#x0364;-<lb/>
&#x017F;ten &#x017F;elb&#x017F;t nicht was &#x017F;ie glaubten/ und<lb/>
wa&#x0364;ren in einen unendlichen Labyrinth<lb/>
verfallen/ nach dem &#x017F;ie von der Ro&#x0364;mi-<lb/>
&#x017F;chen Kirchen abgewichen. Es gab<lb/>
auch derer nicht wenig/ die den Nahmen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">des</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[821/0851] vom Pabſt. man nicht ſo einmuͤthig gegen den Pabſt/ als er gegen ſie/ agiren kunte. So ge- riethe man auch anfangs zu dieſer Refor- mation nicht mit vorbedachtem Rath/ und daß man nach reiffer Uberlegung aller Dinge einen neuen Staat vorauß formiret haͤtte; ſondern man kahm uͤber Verhoffen in dieſe Veraͤnderung/ und ward das Werck nur unter der Hand ein- gerichtet. Und wiewohl Lutherus zu erſt der Katzen die Schelle angehencket hatte; ſo wolten doch die andern nicht e- ben in allen Stuͤcken ſich nach ſeiner Mei- nung richten/ und wolten auch etwas zu ſprechen haben. Dannenhero entſtun- den auch unter ihnen Diſputen/ und weil niemand war/ der ſie pro Autoritate haͤt- te entſcheiden koͤnnen/ ſondern ein jeder auf ſeiner Meinung verhaͤrtet ſtund/ gab es bald innerliche Spaltungen/ und vergaß man des gemeinen Feindes/ und fuhr einander ſelbſt in die Haare; welches denn des Pabſts Beygethanen einen ſcheinbaren Anlaß gab zu ſagen: die Ke- tzer waͤren unter einander verirret/ wuͤ- ſten ſelbſt nicht was ſie glaubten/ und waͤren in einen unendlichen Labyrinth verfallen/ nach dem ſie von der Roͤmi- ſchen Kirchen abgewichen. Es gab auch derer nicht wenig/ die den Nahmen des

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/851
Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682, S. 821. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/851>, abgerufen am 23.11.2024.