Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.

Bild:
<< vorherige Seite

von Polen.
so alle der Ucraine nahe gelegene Pro-
vintzien ruiniren kan. Endlich hat auch
Polen einen gefährlichen Nachbarn am
Türcken/ dessen Macht jenem weit überle-
gen/ zumahl wenn Polen die Cosacken
nicht bey sich hat/ und von frembder
Hülffe nicht unterstützet wird. Denn ob
gleich die Polnische Reuterey der Tür-
ckischen könte gewachsen seyn/ so sehe ich
doch nicht/ womit sie es den Janitscha-
ren gleich thun wollen. Wiewohl daß
der Türck jüngsthin so weit in Polen ein-
gerissen/ der Polacken eigene Nachläs-
sigkeit und innerliche Unruhe meistens
schuld ist. Zwar die völlige Sicherheit
gegen den Türcken beruhete wohl darin/
daß die Fürsten von Moldau/ Wala-
chey und Siebenbürgen Polnisch wä-
ren/ und den Türcken den Durchzug
verwehreten. Aber weil die Polacken
vorlängst solchen Vortheil verlohren/
oder versäumet/ müssen sie wohl zuse-
hen/ daß sie den Hund nicht weiter lassen
in die Küche kommen. Dem Türcken
aber keinen Anlaß zum Kriege zu geben
scheinet wohl nöthig zu seyn/ daß/ so viel
bey Polen stehet/ sie der Cossacken Rau-
berey in Friedens-Zeiten auff des Tür-
cken Länder verwehren. Denn anders
kan man dem Türcken nicht vor übel

hal-
Yy iij

von Polen.
ſo alle der Ucraine nahe gelegene Pro-
vintzien ruiniren kan. Endlich hat auch
Polen einen gefaͤhrlichen Nachbarn am
Tuͤrcken/ deſſen Macht jenem weit uͤberle-
gen/ zumahl wenn Polen die Coſacken
nicht bey ſich hat/ und von frembder
Huͤlffe nicht unterſtuͤtzet wird. Denn ob
gleich die Polniſche Reuterey der Tuͤr-
ckiſchen koͤnte gewachſen ſeyn/ ſo ſehe ich
doch nicht/ womit ſie es den Janitſcha-
ren gleich thun wollen. Wiewohl daß
der Tuͤrck juͤngſthin ſo weit in Polen ein-
geriſſen/ der Polacken eigene Nachlaͤſ-
ſigkeit und innerliche Unruhe meiſtens
ſchuld iſt. Zwar die voͤllige Sicherheit
gegen den Tuͤrcken beruhete wohl darin/
daß die Fuͤrſten von Moldau/ Wala-
chey und Siebenbuͤrgen Polniſch waͤ-
ren/ und den Tuͤrcken den Durchzug
verwehreten. Aber weil die Polacken
vorlaͤngſt ſolchen Vortheil verlohren/
oder verſaͤumet/ muͤſſen ſie wohl zuſe-
hen/ daß ſie den Hund nicht weiter laſſen
in die Kuͤche kommen. Dem Tuͤrcken
aber keinen Anlaß zum Kriege zu geben
ſcheinet wohl noͤthig zu ſeyn/ daß/ ſo viel
bey Polen ſtehet/ ſie der Coſſacken Rau-
berey in Friedens-Zeiten auff des Tuͤr-
cken Laͤnder verwehren. Denn anders
kan man dem Tuͤrcken nicht vor uͤbel

hal-
Yy iij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0739" n="709"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von Polen.</hi></fw><lb/>
&#x017F;o alle der Ucraine nahe gelegene Pro-<lb/>
vintzien <hi rendition="#aq">ruinir</hi>en kan. Endlich hat auch<lb/>
Polen einen gefa&#x0364;hrlichen Nachbarn am<lb/>
Tu&#x0364;rcken/ de&#x017F;&#x017F;en Macht jenem weit u&#x0364;berle-<lb/>
gen/ zumahl wenn Polen die Co&#x017F;acken<lb/>
nicht bey &#x017F;ich hat/ und von frembder<lb/>
Hu&#x0364;lffe nicht unter&#x017F;tu&#x0364;tzet wird. Denn ob<lb/>
gleich die Polni&#x017F;che Reuterey der Tu&#x0364;r-<lb/>
cki&#x017F;chen ko&#x0364;nte gewach&#x017F;en &#x017F;eyn/ &#x017F;o &#x017F;ehe ich<lb/>
doch nicht/ womit &#x017F;ie es den Janit&#x017F;cha-<lb/>
ren gleich thun wollen. Wiewohl daß<lb/>
der Tu&#x0364;rck ju&#x0364;ng&#x017F;thin &#x017F;o weit in Polen ein-<lb/>
geri&#x017F;&#x017F;en/ der Polacken eigene Nachla&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;igkeit und innerliche Unruhe mei&#x017F;tens<lb/>
&#x017F;chuld i&#x017F;t. Zwar die vo&#x0364;llige Sicherheit<lb/>
gegen den Tu&#x0364;rcken beruhete wohl darin/<lb/>
daß die Fu&#x0364;r&#x017F;ten von Moldau/ Wala-<lb/>
chey und Siebenbu&#x0364;rgen Polni&#x017F;ch wa&#x0364;-<lb/>
ren/ und den Tu&#x0364;rcken den Durchzug<lb/>
verwehreten. Aber weil die Polacken<lb/>
vorla&#x0364;ng&#x017F;t &#x017F;olchen Vortheil verlohren/<lb/>
oder ver&#x017F;a&#x0364;umet/ mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie wohl zu&#x017F;e-<lb/>
hen/ daß &#x017F;ie den Hund nicht weiter la&#x017F;&#x017F;en<lb/>
in die Ku&#x0364;che kommen. Dem Tu&#x0364;rcken<lb/>
aber keinen Anlaß zum Kriege zu geben<lb/>
&#x017F;cheinet wohl no&#x0364;thig zu &#x017F;eyn/ daß/ &#x017F;o viel<lb/>
bey Polen &#x017F;tehet/ &#x017F;ie der Co&#x017F;&#x017F;acken Rau-<lb/>
berey in Friedens-Zeiten auff des Tu&#x0364;r-<lb/>
cken La&#x0364;nder verwehren. Denn anders<lb/>
kan man dem Tu&#x0364;rcken nicht vor u&#x0364;bel<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Yy iij</fw><fw place="bottom" type="catch">hal-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[709/0739] von Polen. ſo alle der Ucraine nahe gelegene Pro- vintzien ruiniren kan. Endlich hat auch Polen einen gefaͤhrlichen Nachbarn am Tuͤrcken/ deſſen Macht jenem weit uͤberle- gen/ zumahl wenn Polen die Coſacken nicht bey ſich hat/ und von frembder Huͤlffe nicht unterſtuͤtzet wird. Denn ob gleich die Polniſche Reuterey der Tuͤr- ckiſchen koͤnte gewachſen ſeyn/ ſo ſehe ich doch nicht/ womit ſie es den Janitſcha- ren gleich thun wollen. Wiewohl daß der Tuͤrck juͤngſthin ſo weit in Polen ein- geriſſen/ der Polacken eigene Nachlaͤſ- ſigkeit und innerliche Unruhe meiſtens ſchuld iſt. Zwar die voͤllige Sicherheit gegen den Tuͤrcken beruhete wohl darin/ daß die Fuͤrſten von Moldau/ Wala- chey und Siebenbuͤrgen Polniſch waͤ- ren/ und den Tuͤrcken den Durchzug verwehreten. Aber weil die Polacken vorlaͤngſt ſolchen Vortheil verlohren/ oder verſaͤumet/ muͤſſen ſie wohl zuſe- hen/ daß ſie den Hund nicht weiter laſſen in die Kuͤche kommen. Dem Tuͤrcken aber keinen Anlaß zum Kriege zu geben ſcheinet wohl noͤthig zu ſeyn/ daß/ ſo viel bey Polen ſtehet/ ſie der Coſſacken Rau- berey in Friedens-Zeiten auff des Tuͤr- cken Laͤnder verwehren. Denn anders kan man dem Tuͤrcken nicht vor uͤbel hal- Yy iij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/739
Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682, S. 709. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/739>, abgerufen am 23.11.2024.