Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.

Bild:
<< vorherige Seite

Das I. Capitel
ausser Gewalt eines höhern gelebet/ und
sein Weib/ Kinder und Gesinde gleichsam
als souverain regieret. Ja es kommt mir
sehr glaublich vor/ daß es die gantze Zeit
über biß an die Sündfluth keinen Staat/
so mit hoher bürgerlicher Herrschafft
und Ordnung verfasset/ gegeben; son-
dern daß keine andere Regierung als der
Haußväter gewesen. Angesehen nicht
glaublich scheinet/ daß eine sothane ab-
scheuliche Unordnung hätte können ein-
reissen/ wenn die Menschen der bürgerli-
chen Herrschafft und Gesetzen wären un-
terworffen gewesen. Wie denn nach ein-
gerichteten Republicquen die Menschen
niemahls wiederumb durchgehends in
ein solches wüstes Wesen verfallen/ daß
Gott demselben nicht anders als mit ei-
ner allgemeinen äussersten Straffe steu-
ren können/ ungeachtet die innerliche
Wurtzel deß bösen so wohl nach/ als vor
der Sündfluth sich kräfftig befunden.
Es scheinet auch/ daß geraume Zeit nach
der Sündfluth dieser Stand der abge-
sonderten und einzelen Haußväter ge-
dauret habe.

Anlaß
Republic-
quen zumachen.
§. 2.

Daß aber die Haußväter diesen
Stand verlassen/ und sich in grosse Ge-
sellschafften zusammen gefüget/ scheinet
Anlaß gegeben zu haben/ weil unter de-

nen

Das I. Capitel
auſſer Gewalt eines hoͤhern gelebet/ und
ſein Weib/ Kinder und Geſinde gleichſam
als ſouverain regieret. Ja es kom̃t mir
ſehr glaublich vor/ daß es die gantze Zeit
uͤber biß an die Suͤndfluth keinen Staat/
ſo mit hoher buͤrgerlicher Herrſchafft
und Ordnung verfaſſet/ gegeben; ſon-
dern daß keine andere Regierung als der
Haußvaͤter geweſen. Angeſehen nicht
glaublich ſcheinet/ daß eine ſothane ab-
ſcheuliche Unordnung haͤtte koͤnnen ein-
reiſſen/ wenn die Menſchen der buͤrgerli-
chen Herrſchafft und Geſetzen waͤren un-
terworffen geweſen. Wie denn nach ein-
gerichteten Republicquen die Menſchen
niemahls wiederumb durchgehends in
ein ſolches wuͤſtes Weſen verfallen/ daß
Gott demſelben nicht anders als mit ei-
ner allgemeinen aͤuſſerſten Straffe ſteu-
ren koͤnnen/ ungeachtet die innerliche
Wurtzel deß boͤſen ſo wohl nach/ als vor
der Suͤndfluth ſich kraͤfftig befunden.
Es ſcheinet auch/ daß geraume Zeit nach
der Suͤndfluth dieſer Stand der abge-
ſonderten und einzelen Haußvaͤter ge-
dauret habe.

Anlaß
Republic-
quen zumachen.
§. 2.

Daß aber die Haußvaͤter dieſen
Stand verlaſſen/ und ſich in groſſe Ge-
ſellſchafften zuſammen gefuͤget/ ſcheinet
Anlaß gegeben zu haben/ weil unter de-

nen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0032" n="2"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq">I.</hi> Capitel</hi></fw><lb/>
au&#x017F;&#x017F;er Gewalt eines ho&#x0364;hern gelebet/ und<lb/>
&#x017F;ein Weib/ Kinder und Ge&#x017F;inde gleich&#x017F;am<lb/>
als <hi rendition="#aq">&#x017F;ouverain</hi> regieret. Ja es kom&#x0303;t mir<lb/>
&#x017F;ehr glaublich vor/ daß es die gantze Zeit<lb/>
u&#x0364;ber biß an die Su&#x0364;ndfluth keinen Staat/<lb/>
&#x017F;o mit hoher bu&#x0364;rgerlicher Herr&#x017F;chafft<lb/>
und Ordnung verfa&#x017F;&#x017F;et/ gegeben; &#x017F;on-<lb/>
dern daß keine andere Regierung als der<lb/>
Haußva&#x0364;ter gewe&#x017F;en. Ange&#x017F;ehen nicht<lb/>
glaublich &#x017F;cheinet/ daß eine &#x017F;othane ab-<lb/>
&#x017F;cheuliche Unordnung ha&#x0364;tte ko&#x0364;nnen ein-<lb/>
rei&#x017F;&#x017F;en/ wenn die Men&#x017F;chen der bu&#x0364;rgerli-<lb/>
chen Herr&#x017F;chafft und Ge&#x017F;etzen wa&#x0364;ren un-<lb/>
terworffen gewe&#x017F;en. Wie denn nach ein-<lb/>
gerichteten Republicquen die Men&#x017F;chen<lb/>
niemahls wiederumb durchgehends in<lb/>
ein &#x017F;olches wu&#x0364;&#x017F;tes We&#x017F;en verfallen/ daß<lb/>
Gott dem&#x017F;elben nicht anders als mit ei-<lb/>
ner allgemeinen a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ten Straffe &#x017F;teu-<lb/>
ren ko&#x0364;nnen/ ungeachtet die innerliche<lb/>
Wurtzel deß bo&#x0364;&#x017F;en &#x017F;o wohl nach/ als vor<lb/>
der Su&#x0364;ndfluth &#x017F;ich kra&#x0364;fftig befunden.<lb/>
Es &#x017F;cheinet auch/ daß geraume Zeit nach<lb/>
der Su&#x0364;ndfluth die&#x017F;er Stand der abge-<lb/>
&#x017F;onderten und einzelen Haußva&#x0364;ter ge-<lb/>
dauret habe.</p><lb/>
            <note place="left">Anlaß<lb/>
Republic-<lb/>
quen zumachen.</note>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 2.</head>
            <p>Daß aber die Haußva&#x0364;ter die&#x017F;en<lb/>
Stand verla&#x017F;&#x017F;en/ und &#x017F;ich in gro&#x017F;&#x017F;e Ge-<lb/>
&#x017F;ell&#x017F;chafften zu&#x017F;ammen gefu&#x0364;get/ &#x017F;cheinet<lb/>
Anlaß gegeben zu haben/ weil unter de-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nen</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[2/0032] Das I. Capitel auſſer Gewalt eines hoͤhern gelebet/ und ſein Weib/ Kinder und Geſinde gleichſam als ſouverain regieret. Ja es kom̃t mir ſehr glaublich vor/ daß es die gantze Zeit uͤber biß an die Suͤndfluth keinen Staat/ ſo mit hoher buͤrgerlicher Herrſchafft und Ordnung verfaſſet/ gegeben; ſon- dern daß keine andere Regierung als der Haußvaͤter geweſen. Angeſehen nicht glaublich ſcheinet/ daß eine ſothane ab- ſcheuliche Unordnung haͤtte koͤnnen ein- reiſſen/ wenn die Menſchen der buͤrgerli- chen Herrſchafft und Geſetzen waͤren un- terworffen geweſen. Wie denn nach ein- gerichteten Republicquen die Menſchen niemahls wiederumb durchgehends in ein ſolches wuͤſtes Weſen verfallen/ daß Gott demſelben nicht anders als mit ei- ner allgemeinen aͤuſſerſten Straffe ſteu- ren koͤnnen/ ungeachtet die innerliche Wurtzel deß boͤſen ſo wohl nach/ als vor der Suͤndfluth ſich kraͤfftig befunden. Es ſcheinet auch/ daß geraume Zeit nach der Suͤndfluth dieſer Stand der abge- ſonderten und einzelen Haußvaͤter ge- dauret habe. §. 2. Daß aber die Haußvaͤter dieſen Stand verlaſſen/ und ſich in groſſe Ge- ſellſchafften zuſammen gefuͤget/ ſcheinet Anlaß gegeben zu haben/ weil unter de- nen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/32
Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/32>, abgerufen am 27.11.2024.