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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.

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XIV. Heutige Verfassung.

VIII.

Bey einigen Rechten gibt es noch Zweifel, ob
und wie weit sie aus landesherrlicher Macht, oder
erst vermöge einer kaiserlichen Concession ausge-
übt werden können. In älteren Zeiten sind nicht
selten Zunftrechte, Jahrmärkte und Wochen-
märkte
durch kaiserliche Privilegien erhalten wor-
den. Da aber hiermit keine Rechte und Verbind-
lichkeiten verknüpft sind, worüber nicht ein jeder
Reichsstand in seinem Lande hinlängliche Verfü-
gungen treffen könnte; so hat ein neueres Herkom-
men hierin einem jeden Reichsstande völlig freye
Hände gelaßen. Was aber so genannte Messen
sind, wie die zu Frankfurt am Main und an der
Oder, zu Leipzig, Naumburg und Braunschweig,
da ist noch zur Zeit eine jede erst durch ein kaiser-
liches Privilegium zu ihrer völligen Consistenz ge-
kommen, wozu auch noch immer erhebliche Grün-
de vorhanden sind, die sich aus dem Unterschiede
zwischen Messen und Jahrmärkten leicht abneh-
men laßen (d).


In
(d) Mit Jahrmärkten hat es eigentlich nur
die Absicht, daß die Einwohner eines Orts nicht
schlechterdings bloß an den dortigen Kramergil-
den und Handwerkszünften gebunden seyn sollen,
die sonst vermöge ihres Gilden- und Zunftrechts
nicht zuzugeben brauchen, daß Waaren, die sie
führen oder verfertigen, von Fremden genommen
werden. Wenn dieses ausschließliche Recht keine
Ausnahme litte, so würden die Einwohner theils
manche Bedürfnisse entbehren müßen, welche
bey einheimischen Kaufleuten oder Handwerkern
entweder gar nicht, oder doch nicht in eben der
Güte zu haben sind; theils würden letztere ihre
Preise auch für schlechtere Waare nach eignem
Gutdünken erhöhen können. Solchem Uebel ab-
zuhelfen wird an den zum Jahrmarkt bestimmten
Ta-
XIV. Heutige Verfaſſung.

VIII.

Bey einigen Rechten gibt es noch Zweifel, ob
und wie weit ſie aus landesherrlicher Macht, oder
erſt vermoͤge einer kaiſerlichen Conceſſion ausge-
uͤbt werden koͤnnen. In aͤlteren Zeiten ſind nicht
ſelten Zunftrechte, Jahrmaͤrkte und Wochen-
maͤrkte
durch kaiſerliche Privilegien erhalten wor-
den. Da aber hiermit keine Rechte und Verbind-
lichkeiten verknuͤpft ſind, woruͤber nicht ein jeder
Reichsſtand in ſeinem Lande hinlaͤngliche Verfuͤ-
gungen treffen koͤnnte; ſo hat ein neueres Herkom-
men hierin einem jeden Reichsſtande voͤllig freye
Haͤnde gelaßen. Was aber ſo genannte Meſſen
ſind, wie die zu Frankfurt am Main und an der
Oder, zu Leipzig, Naumburg und Braunſchweig,
da iſt noch zur Zeit eine jede erſt durch ein kaiſer-
liches Privilegium zu ihrer voͤlligen Conſiſtenz ge-
kommen, wozu auch noch immer erhebliche Gruͤn-
de vorhanden ſind, die ſich aus dem Unterſchiede
zwiſchen Meſſen und Jahrmaͤrkten leicht abneh-
men laßen (d).


In
(d) Mit Jahrmaͤrkten hat es eigentlich nur
die Abſicht, daß die Einwohner eines Orts nicht
ſchlechterdings bloß an den dortigen Kramergil-
den und Handwerkszuͤnften gebunden ſeyn ſollen,
die ſonſt vermoͤge ihres Gilden- und Zunftrechts
nicht zuzugeben brauchen, daß Waaren, die ſie
fuͤhren oder verfertigen, von Fremden genommen
werden. Wenn dieſes ausſchließliche Recht keine
Ausnahme litte, ſo wuͤrden die Einwohner theils
manche Beduͤrfniſſe entbehren muͤßen, welche
bey einheimiſchen Kaufleuten oder Handwerkern
entweder gar nicht, oder doch nicht in eben der
Guͤte zu haben ſind; theils wuͤrden letztere ihre
Preiſe auch fuͤr ſchlechtere Waare nach eignem
Gutduͤnken erhoͤhen koͤnnen. Solchem Uebel ab-
zuhelfen wird an den zum Jahrmarkt beſtimmten
Ta-
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[266/0300] XIV. Heutige Verfaſſung. Bey einigen Rechten gibt es noch Zweifel, ob und wie weit ſie aus landesherrlicher Macht, oder erſt vermoͤge einer kaiſerlichen Conceſſion ausge- uͤbt werden koͤnnen. In aͤlteren Zeiten ſind nicht ſelten Zunftrechte, Jahrmaͤrkte und Wochen- maͤrkte durch kaiſerliche Privilegien erhalten wor- den. Da aber hiermit keine Rechte und Verbind- lichkeiten verknuͤpft ſind, woruͤber nicht ein jeder Reichsſtand in ſeinem Lande hinlaͤngliche Verfuͤ- gungen treffen koͤnnte; ſo hat ein neueres Herkom- men hierin einem jeden Reichsſtande voͤllig freye Haͤnde gelaßen. Was aber ſo genannte Meſſen ſind, wie die zu Frankfurt am Main und an der Oder, zu Leipzig, Naumburg und Braunſchweig, da iſt noch zur Zeit eine jede erſt durch ein kaiſer- liches Privilegium zu ihrer voͤlligen Conſiſtenz ge- kommen, wozu auch noch immer erhebliche Gruͤn- de vorhanden ſind, die ſich aus dem Unterſchiede zwiſchen Meſſen und Jahrmaͤrkten leicht abneh- men laßen (d). In (d) Mit Jahrmaͤrkten hat es eigentlich nur die Abſicht, daß die Einwohner eines Orts nicht ſchlechterdings bloß an den dortigen Kramergil- den und Handwerkszuͤnften gebunden ſeyn ſollen, die ſonſt vermoͤge ihres Gilden- und Zunftrechts nicht zuzugeben brauchen, daß Waaren, die ſie fuͤhren oder verfertigen, von Fremden genommen werden. Wenn dieſes ausſchließliche Recht keine Ausnahme litte, ſo wuͤrden die Einwohner theils manche Beduͤrfniſſe entbehren muͤßen, welche bey einheimiſchen Kaufleuten oder Handwerkern entweder gar nicht, oder doch nicht in eben der Guͤte zu haben ſind; theils wuͤrden letztere ihre Preiſe auch fuͤr ſchlechtere Waare nach eignem Gutduͤnken erhoͤhen koͤnnen. Solchem Uebel ab- zuhelfen wird an den zum Jahrmarkt beſtimmten Ta-

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/300>, abgerufen am 22.11.2024.