sichert zu seyn, oder, wo es ihm vorenthalten wird, zu seinem Rechte zu gelangen.
So werden noch immer Streitigkeiten, die einII. Reichsstand mit dem andern hat, durch Rechts- sprüche entschieden, wo über ähnliche Streitigkei- ten unabhängiger Mächte, nichts als die Macht der Waffen entscheiden kann. Und wo in unab- hängigen Staaten auch eines jeden Unterthanen Sicherheit doch nur von der Gerechtigkeit abhängt, die man ihm im Lande selber widerfahren läßt, da enthält unsere Reichsverfassung noch Mittel und Wege, wie selbst Unterthanen gegen ihre Landes- herrschaft bey einem höhern Richter Schutz finden können; es sey nun, daß sie in einzelnen Rechts- sachen noch zu Appellationen (so fern solche nicht etwa durch kaiserliche Privilegien eingeschränkt sind,) oder doch zu Klagen über Nichtigkeit oder versagtes Recht ihre Zuflucht nehmen, oder daß sie gerade zu selbst wider ihre Landesherrschaft als den beklagten Theil Beschwerde führen, wie so gar über Mißbrauch der Landeshoheit überhaupt geschehen kann, wo in unabhängigen Staaten nichts als Gedult und Gehorsam übrig bleibt, wenn anders nicht ein noch größeres Uebel von Aufstand und bürgerlichem Kriege daraus erwach- sen soll.
Aus diesem Gesichtspuncte kann man es nochIII. immer als ein eigenthümliches Stück der Teut- schen Reichsverfassung ansehen, wenn man solche Fälle erlebt, daß es selbst Teutschen Reichsstän- den, die ihre landesherrliche Gewalt mißbrauchen, von einer höhern Macht fühlbar gemacht wird,
daß
2) Vortheil reichsger. Erkenntniſſe.
ſichert zu ſeyn, oder, wo es ihm vorenthalten wird, zu ſeinem Rechte zu gelangen.
So werden noch immer Streitigkeiten, die einII. Reichsſtand mit dem andern hat, durch Rechts- ſpruͤche entſchieden, wo uͤber aͤhnliche Streitigkei- ten unabhaͤngiger Maͤchte, nichts als die Macht der Waffen entſcheiden kann. Und wo in unab- haͤngigen Staaten auch eines jeden Unterthanen Sicherheit doch nur von der Gerechtigkeit abhaͤngt, die man ihm im Lande ſelber widerfahren laͤßt, da enthaͤlt unſere Reichsverfaſſung noch Mittel und Wege, wie ſelbſt Unterthanen gegen ihre Landes- herrſchaft bey einem hoͤhern Richter Schutz finden koͤnnen; es ſey nun, daß ſie in einzelnen Rechts- ſachen noch zu Appellationen (ſo fern ſolche nicht etwa durch kaiſerliche Privilegien eingeſchraͤnkt ſind,) oder doch zu Klagen uͤber Nichtigkeit oder verſagtes Recht ihre Zuflucht nehmen, oder daß ſie gerade zu ſelbſt wider ihre Landesherrſchaft als den beklagten Theil Beſchwerde fuͤhren, wie ſo gar uͤber Mißbrauch der Landeshoheit uͤberhaupt geſchehen kann, wo in unabhaͤngigen Staaten nichts als Gedult und Gehorſam uͤbrig bleibt, wenn anders nicht ein noch groͤßeres Uebel von Aufſtand und buͤrgerlichem Kriege daraus erwach- ſen ſoll.
Aus dieſem Geſichtspuncte kann man es nochIII. immer als ein eigenthuͤmliches Stuͤck der Teut- ſchen Reichsverfaſſung anſehen, wenn man ſolche Faͤlle erlebt, daß es ſelbſt Teutſchen Reichsſtaͤn- den, die ihre landesherrliche Gewalt mißbrauchen, von einer hoͤhern Macht fuͤhlbar gemacht wird,
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2) Vortheil reichsger. Erkenntniſſe.
ſichert zu ſeyn, oder, wo es ihm vorenthalten
wird, zu ſeinem Rechte zu gelangen.
So werden noch immer Streitigkeiten, die ein
Reichsſtand mit dem andern hat, durch Rechts-
ſpruͤche entſchieden, wo uͤber aͤhnliche Streitigkei-
ten unabhaͤngiger Maͤchte, nichts als die Macht
der Waffen entſcheiden kann. Und wo in unab-
haͤngigen Staaten auch eines jeden Unterthanen
Sicherheit doch nur von der Gerechtigkeit abhaͤngt,
die man ihm im Lande ſelber widerfahren laͤßt, da
enthaͤlt unſere Reichsverfaſſung noch Mittel und
Wege, wie ſelbſt Unterthanen gegen ihre Landes-
herrſchaft bey einem hoͤhern Richter Schutz finden
koͤnnen; es ſey nun, daß ſie in einzelnen Rechts-
ſachen noch zu Appellationen (ſo fern ſolche nicht
etwa durch kaiſerliche Privilegien eingeſchraͤnkt
ſind,) oder doch zu Klagen uͤber Nichtigkeit oder
verſagtes Recht ihre Zuflucht nehmen, oder daß
ſie gerade zu ſelbſt wider ihre Landesherrſchaft als
den beklagten Theil Beſchwerde fuͤhren, wie ſo
gar uͤber Mißbrauch der Landeshoheit uͤberhaupt
geſchehen kann, wo in unabhaͤngigen Staaten
nichts als Gedult und Gehorſam uͤbrig bleibt,
wenn anders nicht ein noch groͤßeres Uebel von
Aufſtand und buͤrgerlichem Kriege daraus erwach-
ſen ſoll.
II.
Aus dieſem Geſichtspuncte kann man es noch
immer als ein eigenthuͤmliches Stuͤck der Teut-
ſchen Reichsverfaſſung anſehen, wenn man ſolche
Faͤlle erlebt, daß es ſelbſt Teutſchen Reichsſtaͤn-
den, die ihre landesherrliche Gewalt mißbrauchen,
von einer hoͤhern Macht fuͤhlbar gemacht wird,
daß
III.
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/269>, abgerufen am 22.07.2024.
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