Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite
XIV. Heutige Verfassung.

XI.

Ungleich lebhafter läßt sich deswegen die
Reichsverfassung noch endlich zu Wetzlar in der
beständig fortgehenden Thätigkeit des Cammer-
gerichts
erkennen. Hier leuchtet nicht nur das
ganze Personale, so dazu gehört, vor allen übri-
gen Einwohnern dieser sonst sehr mittelmäßigen
Reichsstadt ungleich mehr hervor; sondern die
ganze Machine ist, nur gewisse bestimmte Ferien
abgerechnet, Jahraus Jahrein in beständig glei-
cher Thätigkeit. Aber die Gegenstände dieser
Thätigkeit sind eigentlich nur einzelne Rechtssa-
chen, und zwar verhältnißmäßig ungleich mehr
Rechtssachen bloßer Privatpartheyen, als solche,
die Reichsstände betreffen, und in ihrer Art zu-
gleich als Staatssachen angesehen werden kön-
nen. Denn seitdem mit dem Westphälischen Frie-
den dem Reichshofrathe die Eigenschaft einer Ge-
richtsstelle gesichert, und zugleich dem Fürsten-
rechte ein Ende gemacht ist, hat der Reichshof-
rath theils privative Gerichtbarkeit in Sachen,
die ganze Länder betreffen; theils geschieht es auch
da, wo der klagende Theil die Wahl hätte, doch
häufiger, daß wichtige Sachen zu Wien als zu
Wetzlar anhängig gemacht werden.


XII.

Nur in so weit hat das Cammergericht aus-
ser der Erörterung der daselbst angebrachten Rechts-
händel auch noch andere die Reichsverfassung nä-
her betreffende Beschäfftigungen, als häufig Din-
ge vorkommen, welche die Verfassung des Cam-
mergerichts
selbst betreffen, die theils seinem
eignen Ermessen überlaßen, theils wenigstens zu
einer provisorisch gesetzgeberischen Bestimmung

dem-
XIV. Heutige Verfaſſung.

XI.

Ungleich lebhafter laͤßt ſich deswegen die
Reichsverfaſſung noch endlich zu Wetzlar in der
beſtaͤndig fortgehenden Thaͤtigkeit des Cammer-
gerichts
erkennen. Hier leuchtet nicht nur das
ganze Perſonale, ſo dazu gehoͤrt, vor allen uͤbri-
gen Einwohnern dieſer ſonſt ſehr mittelmaͤßigen
Reichsſtadt ungleich mehr hervor; ſondern die
ganze Machine iſt, nur gewiſſe beſtimmte Ferien
abgerechnet, Jahraus Jahrein in beſtaͤndig glei-
cher Thaͤtigkeit. Aber die Gegenſtaͤnde dieſer
Thaͤtigkeit ſind eigentlich nur einzelne Rechtsſa-
chen, und zwar verhaͤltnißmaͤßig ungleich mehr
Rechtsſachen bloßer Privatpartheyen, als ſolche,
die Reichsſtaͤnde betreffen, und in ihrer Art zu-
gleich als Staatsſachen angeſehen werden koͤn-
nen. Denn ſeitdem mit dem Weſtphaͤliſchen Frie-
den dem Reichshofrathe die Eigenſchaft einer Ge-
richtsſtelle geſichert, und zugleich dem Fuͤrſten-
rechte ein Ende gemacht iſt, hat der Reichshof-
rath theils privative Gerichtbarkeit in Sachen,
die ganze Laͤnder betreffen; theils geſchieht es auch
da, wo der klagende Theil die Wahl haͤtte, doch
haͤufiger, daß wichtige Sachen zu Wien als zu
Wetzlar anhaͤngig gemacht werden.


XII.

Nur in ſo weit hat das Cammergericht auſ-
ſer der Eroͤrterung der daſelbſt angebrachten Rechts-
haͤndel auch noch andere die Reichsverfaſſung naͤ-
her betreffende Beſchaͤfftigungen, als haͤufig Din-
ge vorkommen, welche die Verfaſſung des Cam-
mergerichts
ſelbſt betreffen, die theils ſeinem
eignen Ermeſſen uͤberlaßen, theils wenigſtens zu
einer proviſoriſch geſetzgeberiſchen Beſtimmung

dem-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0266" n="232"/>
          <fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">XIV.</hi> Heutige Verfa&#x017F;&#x017F;ung.</fw><lb/>
          <note place="left"> <hi rendition="#aq">XI.</hi> </note>
          <p>Ungleich lebhafter la&#x0364;ßt &#x017F;ich deswegen die<lb/>
Reichsverfa&#x017F;&#x017F;ung noch endlich zu Wetzlar in der<lb/>
be&#x017F;ta&#x0364;ndig fortgehenden Tha&#x0364;tigkeit des <hi rendition="#fr">Cammer-<lb/>
gerichts</hi> erkennen. Hier leuchtet nicht nur das<lb/>
ganze Per&#x017F;onale, &#x017F;o dazu geho&#x0364;rt, vor allen u&#x0364;bri-<lb/>
gen Einwohnern die&#x017F;er &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;ehr mittelma&#x0364;ßigen<lb/>
Reichs&#x017F;tadt ungleich mehr hervor; &#x017F;ondern die<lb/>
ganze Machine i&#x017F;t, nur gewi&#x017F;&#x017F;e be&#x017F;timmte Ferien<lb/>
abgerechnet, Jahraus Jahrein in be&#x017F;ta&#x0364;ndig glei-<lb/>
cher Tha&#x0364;tigkeit. Aber die Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde die&#x017F;er<lb/>
Tha&#x0364;tigkeit &#x017F;ind eigentlich nur einzelne Rechts&#x017F;a-<lb/>
chen, und zwar verha&#x0364;ltnißma&#x0364;ßig ungleich mehr<lb/>
Rechts&#x017F;achen bloßer Privatpartheyen, als &#x017F;olche,<lb/>
die Reichs&#x017F;ta&#x0364;nde betreffen, und in ihrer Art zu-<lb/>
gleich als Staats&#x017F;achen ange&#x017F;ehen werden ko&#x0364;n-<lb/>
nen. Denn &#x017F;eitdem mit dem We&#x017F;tpha&#x0364;li&#x017F;chen Frie-<lb/>
den dem Reichshofrathe die Eigen&#x017F;chaft einer Ge-<lb/>
richts&#x017F;telle ge&#x017F;ichert, und zugleich dem Fu&#x0364;r&#x017F;ten-<lb/>
rechte ein Ende gemacht i&#x017F;t, hat der Reichshof-<lb/>
rath theils privative Gerichtbarkeit in Sachen,<lb/>
die ganze La&#x0364;nder betreffen; theils ge&#x017F;chieht es auch<lb/>
da, wo der klagende Theil die Wahl ha&#x0364;tte, doch<lb/>
ha&#x0364;ufiger, daß wichtige Sachen zu Wien als zu<lb/>
Wetzlar anha&#x0364;ngig gemacht werden.</p><lb/>
          <note place="left"> <hi rendition="#aq">XII.</hi> </note>
          <p>Nur in &#x017F;o weit hat das Cammergericht au&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er der Ero&#x0364;rterung der da&#x017F;elb&#x017F;t angebrachten Rechts-<lb/>
ha&#x0364;ndel auch noch andere die Reichsverfa&#x017F;&#x017F;ung na&#x0364;-<lb/>
her betreffende Be&#x017F;cha&#x0364;fftigungen, als ha&#x0364;ufig Din-<lb/>
ge vorkommen, welche die <hi rendition="#fr">Verfa&#x017F;&#x017F;ung des Cam-<lb/>
mergerichts</hi> &#x017F;elb&#x017F;t betreffen, die theils &#x017F;einem<lb/>
eignen Erme&#x017F;&#x017F;en u&#x0364;berlaßen, theils wenig&#x017F;tens zu<lb/>
einer provi&#x017F;ori&#x017F;ch ge&#x017F;etzgeberi&#x017F;chen Be&#x017F;timmung<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dem-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[232/0266] XIV. Heutige Verfaſſung. Ungleich lebhafter laͤßt ſich deswegen die Reichsverfaſſung noch endlich zu Wetzlar in der beſtaͤndig fortgehenden Thaͤtigkeit des Cammer- gerichts erkennen. Hier leuchtet nicht nur das ganze Perſonale, ſo dazu gehoͤrt, vor allen uͤbri- gen Einwohnern dieſer ſonſt ſehr mittelmaͤßigen Reichsſtadt ungleich mehr hervor; ſondern die ganze Machine iſt, nur gewiſſe beſtimmte Ferien abgerechnet, Jahraus Jahrein in beſtaͤndig glei- cher Thaͤtigkeit. Aber die Gegenſtaͤnde dieſer Thaͤtigkeit ſind eigentlich nur einzelne Rechtsſa- chen, und zwar verhaͤltnißmaͤßig ungleich mehr Rechtsſachen bloßer Privatpartheyen, als ſolche, die Reichsſtaͤnde betreffen, und in ihrer Art zu- gleich als Staatsſachen angeſehen werden koͤn- nen. Denn ſeitdem mit dem Weſtphaͤliſchen Frie- den dem Reichshofrathe die Eigenſchaft einer Ge- richtsſtelle geſichert, und zugleich dem Fuͤrſten- rechte ein Ende gemacht iſt, hat der Reichshof- rath theils privative Gerichtbarkeit in Sachen, die ganze Laͤnder betreffen; theils geſchieht es auch da, wo der klagende Theil die Wahl haͤtte, doch haͤufiger, daß wichtige Sachen zu Wien als zu Wetzlar anhaͤngig gemacht werden. Nur in ſo weit hat das Cammergericht auſ- ſer der Eroͤrterung der daſelbſt angebrachten Rechts- haͤndel auch noch andere die Reichsverfaſſung naͤ- her betreffende Beſchaͤfftigungen, als haͤufig Din- ge vorkommen, welche die Verfaſſung des Cam- mergerichts ſelbſt betreffen, die theils ſeinem eignen Ermeſſen uͤberlaßen, theils wenigſtens zu einer proviſoriſch geſetzgeberiſchen Beſtimmung dem-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/266
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/266>, abgerufen am 09.05.2024.