Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.1) Wien, Regensburg, Wetzlar. storisch zu entwickeln gesucht habe, ist dieselbe inder Hauptsache noch jetzt eben so, wie ich sie von den Zeiten des Westphälischen Friedens her geschil- dert habe. Sie hat sich seitdem in manchen Stük- ken nur noch fester gesetzt, aber auch dann und wann schon solche Erschütterungen erlitten, daß man mehrmalen Ursache gehabt hat, wegen Er- haltung des Reichssystems besorgt zu seyn; -- Ei- ne Besorgniß, die noch immer jedem Teutschen Biedermanne nicht gleichgültig seyn darf. Noch immer hängt ganz Teutschland als ein unter einem gemeinsamen höchsten Oberhaupte vereinigtes Reich zusammen; aber die andere Betrachtung, wie ganz Teutschland aus lauter besonderen Staaten besteht, die meist eben so, wie die verschiedenen Staaten von Europa sich gegen einander verhal- ten, ist seit dem Westphälischen Frieden je länger je überwiegender geworden. Daher es oft schwer fällt noch jetzt die fortwährende Einheit des Teut- schen Reichs überall wahrzunehmen. Unmittel- bar ist sie eigentlich nur noch am kaiserlichen Hofe, am Reichstage, und am Cammergerichte, also an den drey Orten zu Wien, Regensburg und Wetzlar sichtbar. Einige Bemerkungen zur nä- hern Kenntniß dieser drey Orte werden deswegen auf die heutige Reichsverfassung vielleicht noch hin und wieder einiges Licht zurückwerfen. Am kaiserlichen Hofe ist der ReichshofrathII. ein- hen, (u) Der Reichshofrath soll eigentlich mit In- begriff des Präsidenten aus 18. Personen beste- O 4
1) Wien, Regensburg, Wetzlar. ſtoriſch zu entwickeln geſucht habe, iſt dieſelbe inder Hauptſache noch jetzt eben ſo, wie ich ſie von den Zeiten des Weſtphaͤliſchen Friedens her geſchil- dert habe. Sie hat ſich ſeitdem in manchen Stuͤk- ken nur noch feſter geſetzt, aber auch dann und wann ſchon ſolche Erſchuͤtterungen erlitten, daß man mehrmalen Urſache gehabt hat, wegen Er- haltung des Reichsſyſtems beſorgt zu ſeyn; — Ei- ne Beſorgniß, die noch immer jedem Teutſchen Biedermanne nicht gleichguͤltig ſeyn darf. Noch immer haͤngt ganz Teutſchland als ein unter einem gemeinſamen hoͤchſten Oberhaupte vereinigtes Reich zuſammen; aber die andere Betrachtung, wie ganz Teutſchland aus lauter beſonderen Staaten beſteht, die meiſt eben ſo, wie die verſchiedenen Staaten von Europa ſich gegen einander verhal- ten, iſt ſeit dem Weſtphaͤliſchen Frieden je laͤnger je uͤberwiegender geworden. Daher es oft ſchwer faͤllt noch jetzt die fortwaͤhrende Einheit des Teut- ſchen Reichs uͤberall wahrzunehmen. Unmittel- bar iſt ſie eigentlich nur noch am kaiſerlichen Hofe, am Reichstage, und am Cammergerichte, alſo an den drey Orten zu Wien, Regensburg und Wetzlar ſichtbar. Einige Bemerkungen zur naͤ- hern Kenntniß dieſer drey Orte werden deswegen auf die heutige Reichsverfaſſung vielleicht noch hin und wieder einiges Licht zuruͤckwerfen. Am kaiſerlichen Hofe iſt der ReichshofrathII. ein- hen, (u) Der Reichshofrath ſoll eigentlich mit In- begriff des Praͤſidenten aus 18. Perſonen beſte- O 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0249" n="215"/><fw place="top" type="header">1) Wien, Regensburg, Wetzlar.</fw><lb/> ſtoriſch zu entwickeln geſucht habe, iſt dieſelbe in<lb/> der Hauptſache noch jetzt eben ſo, wie ich ſie von<lb/> den Zeiten des Weſtphaͤliſchen Friedens her geſchil-<lb/> dert habe. Sie hat ſich ſeitdem in manchen Stuͤk-<lb/> ken nur noch feſter geſetzt, aber auch dann und<lb/> wann ſchon ſolche Erſchuͤtterungen erlitten, daß<lb/> man mehrmalen Urſache gehabt hat, wegen Er-<lb/> haltung des Reichsſyſtems beſorgt zu ſeyn; — Ei-<lb/> ne Beſorgniß, die noch immer jedem Teutſchen<lb/> Biedermanne nicht gleichguͤltig ſeyn darf. Noch<lb/> immer haͤngt ganz Teutſchland als ein unter einem<lb/> gemeinſamen hoͤchſten Oberhaupte vereinigtes Reich<lb/> zuſammen; aber die andere Betrachtung, wie<lb/> ganz Teutſchland aus lauter beſonderen Staaten<lb/> beſteht, die meiſt eben ſo, wie die verſchiedenen<lb/> Staaten von Europa ſich gegen einander verhal-<lb/> ten, iſt ſeit dem Weſtphaͤliſchen Frieden je laͤnger<lb/> je uͤberwiegender geworden. Daher es oft ſchwer<lb/> faͤllt noch jetzt die fortwaͤhrende <hi rendition="#fr">Einheit des Teut-<lb/> ſchen Reichs</hi> uͤberall wahrzunehmen. Unmittel-<lb/> bar iſt ſie eigentlich nur noch am kaiſerlichen Hofe,<lb/> am Reichstage, und am Cammergerichte, alſo<lb/> an den drey Orten zu Wien, Regensburg und<lb/> Wetzlar ſichtbar. Einige Bemerkungen zur naͤ-<lb/> hern Kenntniß dieſer drey Orte werden deswegen<lb/> auf die heutige Reichsverfaſſung vielleicht noch hin<lb/> und wieder einiges Licht zuruͤckwerfen.</p><lb/> <p>Am <hi rendition="#fr">kaiſerlichen Hofe</hi> iſt der Reichshofrath<note place="right"><hi rendition="#aq">II.</hi></note><lb/> das einzige Collegium, das mit Reichsſachen be-<lb/> ſchaͤfftiget iſt <note xml:id="seg2pn_15_1" next="#seg2pn_15_2" place="foot" n="(u)">Der <hi rendition="#fr">Reichshofrath</hi> ſoll eigentlich mit In-<lb/> begriff des Praͤſidenten aus 18. Perſonen beſte-</note>, und der Reichsvicecanzler der<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ein-</fw><lb/> <fw place="bottom" type="sig">O 4</fw><fw place="bottom" type="catch">hen,</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [215/0249]
1) Wien, Regensburg, Wetzlar.
ſtoriſch zu entwickeln geſucht habe, iſt dieſelbe in
der Hauptſache noch jetzt eben ſo, wie ich ſie von
den Zeiten des Weſtphaͤliſchen Friedens her geſchil-
dert habe. Sie hat ſich ſeitdem in manchen Stuͤk-
ken nur noch feſter geſetzt, aber auch dann und
wann ſchon ſolche Erſchuͤtterungen erlitten, daß
man mehrmalen Urſache gehabt hat, wegen Er-
haltung des Reichsſyſtems beſorgt zu ſeyn; — Ei-
ne Beſorgniß, die noch immer jedem Teutſchen
Biedermanne nicht gleichguͤltig ſeyn darf. Noch
immer haͤngt ganz Teutſchland als ein unter einem
gemeinſamen hoͤchſten Oberhaupte vereinigtes Reich
zuſammen; aber die andere Betrachtung, wie
ganz Teutſchland aus lauter beſonderen Staaten
beſteht, die meiſt eben ſo, wie die verſchiedenen
Staaten von Europa ſich gegen einander verhal-
ten, iſt ſeit dem Weſtphaͤliſchen Frieden je laͤnger
je uͤberwiegender geworden. Daher es oft ſchwer
faͤllt noch jetzt die fortwaͤhrende Einheit des Teut-
ſchen Reichs uͤberall wahrzunehmen. Unmittel-
bar iſt ſie eigentlich nur noch am kaiſerlichen Hofe,
am Reichstage, und am Cammergerichte, alſo
an den drey Orten zu Wien, Regensburg und
Wetzlar ſichtbar. Einige Bemerkungen zur naͤ-
hern Kenntniß dieſer drey Orte werden deswegen
auf die heutige Reichsverfaſſung vielleicht noch hin
und wieder einiges Licht zuruͤckwerfen.
Am kaiſerlichen Hofe iſt der Reichshofrath
das einzige Collegium, das mit Reichsſachen be-
ſchaͤfftiget iſt (u), und der Reichsvicecanzler der
ein-
hen,
II.
(u) Der Reichshofrath ſoll eigentlich mit In-
begriff des Praͤſidenten aus 18. Perſonen beſte-
O 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |