Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite
VI. Neuere Z. Ferd. I--III. 1558-1648.

V.

Die Diversion, die inzwischen der Cardinal
Richelieu wegen der Succession in dem eben er-
ledigten Herzogthum Mantua in Italien veranlaßt
hatte, und der Friede, den hierauf der Kaiser am
12. May 1629. zu Lübeck mit dem Könige in
Dänemark schloß, machten in allem dem so we-
nig Aenderung, daß der König vielmehr sich an-
heischig machen mußte, der Teutschen Reichssachen
sich nicht weiter, als in Ansehung des Herzog-
thums Holstein, annehmen zu wollen. Selbst die
Herzoge von Mecklenburg, die unter dem Vor-
wande, weil sie Dänische Völker in ihrem Lande
aufgenommen hatten, in die Acht erkläret waren,
und deren Herzogthum der Kaiser so gar dem Ge-
neral Wallenstein verliehen hatte, wurden nicht
einmal im Lübecker Frieden mit eingeschlossen.


VI.

Der einzige König in Schweden blieb noch
übrig, dem alle diese Unternehmungen nicht gleich-
gültig seyn konnten. Allein den achtete man zu
Wien so wenig, daß vielmehr gerade gegen ihn
noch die Hauptabsicht dahin gieng, in dem Kriege,
den er mit den Polen führte, den letzteren bey-
zustehen, und allenfalls mit einer Flotte auf der
Ostsee selbst in Schweden einzubrechen. So weit
war der Kaiser entfernt, Gustav Adolfen auch nur
als König in Schweden zu erkennen, und auch
nur seine Gesandten zu den Lübeckischen Friedens-
handlungen zuzulaßen.


VII.

Doch eben dieser Gustav Adolf war es, der
allein noch zur Rettung der Teutschen Freyheit und
der evangelischen Religion bestimmt zu seyn schien.
Durch einen von Richelieu bewirkten sechsjähri-

gen
VI. Neuere Z. Ferd. I—III. 1558-1648.

V.

Die Diverſion, die inzwiſchen der Cardinal
Richelieu wegen der Succeſſion in dem eben er-
ledigten Herzogthum Mantua in Italien veranlaßt
hatte, und der Friede, den hierauf der Kaiſer am
12. May 1629. zu Luͤbeck mit dem Koͤnige in
Daͤnemark ſchloß, machten in allem dem ſo we-
nig Aenderung, daß der Koͤnig vielmehr ſich an-
heiſchig machen mußte, der Teutſchen Reichsſachen
ſich nicht weiter, als in Anſehung des Herzog-
thums Holſtein, annehmen zu wollen. Selbſt die
Herzoge von Mecklenburg, die unter dem Vor-
wande, weil ſie Daͤniſche Voͤlker in ihrem Lande
aufgenommen hatten, in die Acht erklaͤret waren,
und deren Herzogthum der Kaiſer ſo gar dem Ge-
neral Wallenſtein verliehen hatte, wurden nicht
einmal im Luͤbecker Frieden mit eingeſchloſſen.


VI.

Der einzige Koͤnig in Schweden blieb noch
uͤbrig, dem alle dieſe Unternehmungen nicht gleich-
guͤltig ſeyn konnten. Allein den achtete man zu
Wien ſo wenig, daß vielmehr gerade gegen ihn
noch die Hauptabſicht dahin gieng, in dem Kriege,
den er mit den Polen fuͤhrte, den letzteren bey-
zuſtehen, und allenfalls mit einer Flotte auf der
Oſtſee ſelbſt in Schweden einzubrechen. So weit
war der Kaiſer entfernt, Guſtav Adolfen auch nur
als Koͤnig in Schweden zu erkennen, und auch
nur ſeine Geſandten zu den Luͤbeckiſchen Friedens-
handlungen zuzulaßen.


VII.

Doch eben dieſer Guſtav Adolf war es, der
allein noch zur Rettung der Teutſchen Freyheit und
der evangeliſchen Religion beſtimmt zu ſeyn ſchien.
Durch einen von Richelieu bewirkten ſechsjaͤhri-

gen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0080" n="38"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">VI.</hi> Neuere Z. Ferd. <hi rendition="#aq">I&#x2014;III.</hi> 1558-1648.</hi> </fw><lb/>
          <note place="left"> <hi rendition="#aq">V.</hi> </note>
          <p>Die Diver&#x017F;ion, die inzwi&#x017F;chen der Cardinal<lb/>
Richelieu wegen der Succe&#x017F;&#x017F;ion in dem eben er-<lb/>
ledigten Herzogthum Mantua in Italien veranlaßt<lb/>
hatte, und der <hi rendition="#fr">Friede,</hi> den hierauf der Kai&#x017F;er am<lb/>
12. May 1629. <hi rendition="#fr">zu Lu&#x0364;beck</hi> mit dem Ko&#x0364;nige in<lb/>
Da&#x0364;nemark &#x017F;chloß, machten in allem dem &#x017F;o we-<lb/>
nig Aenderung, daß der Ko&#x0364;nig vielmehr &#x017F;ich an-<lb/>
hei&#x017F;chig machen mußte, der Teut&#x017F;chen Reichs&#x017F;achen<lb/>
&#x017F;ich nicht weiter, als in An&#x017F;ehung des Herzog-<lb/>
thums Hol&#x017F;tein, annehmen zu wollen. Selb&#x017F;t die<lb/>
Herzoge von Mecklenburg, die unter dem Vor-<lb/>
wande, weil &#x017F;ie Da&#x0364;ni&#x017F;che Vo&#x0364;lker in ihrem Lande<lb/>
aufgenommen hatten, in die Acht erkla&#x0364;ret waren,<lb/>
und deren Herzogthum der Kai&#x017F;er &#x017F;o gar dem Ge-<lb/>
neral Wallen&#x017F;tein verliehen hatte, wurden nicht<lb/>
einmal im Lu&#x0364;becker Frieden mit einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <note place="left"> <hi rendition="#aq">VI.</hi> </note>
          <p>Der einzige Ko&#x0364;nig in <hi rendition="#fr">Schweden</hi> blieb noch<lb/>
u&#x0364;brig, dem alle die&#x017F;e Unternehmungen nicht gleich-<lb/>
gu&#x0364;ltig &#x017F;eyn konnten. Allein den achtete man zu<lb/>
Wien &#x017F;o wenig, daß vielmehr gerade gegen ihn<lb/>
noch die Hauptab&#x017F;icht dahin gieng, in dem Kriege,<lb/>
den er mit den Polen fu&#x0364;hrte, den letzteren bey-<lb/>
zu&#x017F;tehen, und allenfalls mit einer Flotte auf der<lb/>
O&#x017F;t&#x017F;ee &#x017F;elb&#x017F;t in Schweden einzubrechen. So weit<lb/>
war der Kai&#x017F;er entfernt, Gu&#x017F;tav Adolfen auch nur<lb/>
als Ko&#x0364;nig in Schweden zu erkennen, und auch<lb/>
nur &#x017F;eine Ge&#x017F;andten zu den Lu&#x0364;becki&#x017F;chen Friedens-<lb/>
handlungen zuzulaßen.</p><lb/>
          <note place="left"> <hi rendition="#aq">VII.</hi> </note>
          <p>Doch eben die&#x017F;er <hi rendition="#fr">Gu&#x017F;tav Adolf</hi> war es, der<lb/>
allein noch zur Rettung der Teut&#x017F;chen Freyheit und<lb/>
der evangeli&#x017F;chen Religion be&#x017F;timmt zu &#x017F;eyn &#x017F;chien.<lb/>
Durch einen von Richelieu bewirkten &#x017F;echsja&#x0364;hri-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38/0080] VI. Neuere Z. Ferd. I—III. 1558-1648. Die Diverſion, die inzwiſchen der Cardinal Richelieu wegen der Succeſſion in dem eben er- ledigten Herzogthum Mantua in Italien veranlaßt hatte, und der Friede, den hierauf der Kaiſer am 12. May 1629. zu Luͤbeck mit dem Koͤnige in Daͤnemark ſchloß, machten in allem dem ſo we- nig Aenderung, daß der Koͤnig vielmehr ſich an- heiſchig machen mußte, der Teutſchen Reichsſachen ſich nicht weiter, als in Anſehung des Herzog- thums Holſtein, annehmen zu wollen. Selbſt die Herzoge von Mecklenburg, die unter dem Vor- wande, weil ſie Daͤniſche Voͤlker in ihrem Lande aufgenommen hatten, in die Acht erklaͤret waren, und deren Herzogthum der Kaiſer ſo gar dem Ge- neral Wallenſtein verliehen hatte, wurden nicht einmal im Luͤbecker Frieden mit eingeſchloſſen. Der einzige Koͤnig in Schweden blieb noch uͤbrig, dem alle dieſe Unternehmungen nicht gleich- guͤltig ſeyn konnten. Allein den achtete man zu Wien ſo wenig, daß vielmehr gerade gegen ihn noch die Hauptabſicht dahin gieng, in dem Kriege, den er mit den Polen fuͤhrte, den letzteren bey- zuſtehen, und allenfalls mit einer Flotte auf der Oſtſee ſelbſt in Schweden einzubrechen. So weit war der Kaiſer entfernt, Guſtav Adolfen auch nur als Koͤnig in Schweden zu erkennen, und auch nur ſeine Geſandten zu den Luͤbeckiſchen Friedens- handlungen zuzulaßen. Doch eben dieſer Guſtav Adolf war es, der allein noch zur Rettung der Teutſchen Freyheit und der evangeliſchen Religion beſtimmt zu ſeyn ſchien. Durch einen von Richelieu bewirkten ſechsjaͤhri- gen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/80
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/80>, abgerufen am 19.05.2024.