Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

5) K. Gerichtb. in evang. geistl. Sach.
schen vorgeht, oder als wenn z. B. über ein Ver-
fahren im Schleswigischen, das gar nicht zum
Reiche gehöret, Nichtigkeitsbeschwerden geführet
werden.

Aber -- fährt man fort, -- hier ist doch alleXVIII.
mal ein Reichsstand, über den Beschwerde geführt
wird, der als Reichsstand doch immer der kaiser-
lichen Gerichtbarkeit unterworfen ist. -- Antwort:
So ist auch ein Bischof von Bamberg, Würz-
burg u. s. w. ein Teutscher Reichsstand; und von
seinen geistlichen Gerichten dürfen doch die Reichs-
gerichte keine Nullitätsklagen annehmen; so auch
nicht von einem evangelischen Reichsstande, sofern
er die geistliche Gerichtbarkeit ausübt.

Dagegen hat man nun endlich zwar noch dar-XIX.
auf sich bezogen, daß ein jeder Reichsstand doch
mit dem, was er von wegen seiner Landeshoheit
ausübe, der kaiserlichen Gerichtbarkeit unterworfen
sey, und daß evangelische Reichsstände ihre geist-
liche Gerichtbarkeit doch immer eigentlich vermöge
ihrer Landeshoheit ausübten; wie wenigstens viele
protestantische Schriftsteller behaupteten, auch mehr-
malen von evangelischen Reichsständen selbst in ih-
ren Urkunden und Gesetzen oder Staatsschriften be-
hauptet worden sey. Allein diese Behauptung ist,
wo und von wem sie auch geschehen seyn mag, im
Grunde immer irrig (t).

Landeshoheit ist nach der Teutschen Reichsver-XX.
fassung in ganz Teutschland einerley. Geistliche
und weltliche Fürsten, catholische und evangelische

Reichs-
(t) Oben Th. 1. S. 418.

5) K. Gerichtb. in evang. geiſtl. Sach.
ſchen vorgeht, oder als wenn z. B. uͤber ein Ver-
fahren im Schleswigiſchen, das gar nicht zum
Reiche gehoͤret, Nichtigkeitsbeſchwerden gefuͤhret
werden.

Aber — faͤhrt man fort, — hier iſt doch alleXVIII.
mal ein Reichsſtand, uͤber den Beſchwerde gefuͤhrt
wird, der als Reichsſtand doch immer der kaiſer-
lichen Gerichtbarkeit unterworfen iſt. — Antwort:
So iſt auch ein Biſchof von Bamberg, Wuͤrz-
burg u. ſ. w. ein Teutſcher Reichsſtand; und von
ſeinen geiſtlichen Gerichten duͤrfen doch die Reichs-
gerichte keine Nullitaͤtsklagen annehmen; ſo auch
nicht von einem evangeliſchen Reichsſtande, ſofern
er die geiſtliche Gerichtbarkeit ausuͤbt.

Dagegen hat man nun endlich zwar noch dar-XIX.
auf ſich bezogen, daß ein jeder Reichsſtand doch
mit dem, was er von wegen ſeiner Landeshoheit
ausuͤbe, der kaiſerlichen Gerichtbarkeit unterworfen
ſey, und daß evangeliſche Reichsſtaͤnde ihre geiſt-
liche Gerichtbarkeit doch immer eigentlich vermoͤge
ihrer Landeshoheit ausuͤbten; wie wenigſtens viele
proteſtantiſche Schriftſteller behaupteten, auch mehr-
malen von evangeliſchen Reichsſtaͤnden ſelbſt in ih-
ren Urkunden und Geſetzen oder Staatsſchriften be-
hauptet worden ſey. Allein dieſe Behauptung iſt,
wo und von wem ſie auch geſchehen ſeyn mag, im
Grunde immer irrig (t).

Landeshoheit iſt nach der Teutſchen Reichsver-XX.
faſſung in ganz Teutſchland einerley. Geiſtliche
und weltliche Fuͤrſten, catholiſche und evangeliſche

Reichs-
(t) Oben Th. 1. S. 418.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0473" n="431"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">5) K. Gerichtb. in evang. gei&#x017F;tl. Sach.</hi></fw><lb/>
&#x017F;chen vorgeht, oder als wenn z. B. u&#x0364;ber ein Ver-<lb/>
fahren im Schleswigi&#x017F;chen, das gar nicht zum<lb/>
Reiche geho&#x0364;ret, Nichtigkeitsbe&#x017F;chwerden gefu&#x0364;hret<lb/>
werden.</p><lb/>
          <p>Aber &#x2014; fa&#x0364;hrt man fort, &#x2014; hier i&#x017F;t doch alle<note place="right"><hi rendition="#aq">XVIII.</hi></note><lb/>
mal ein Reichs&#x017F;tand, u&#x0364;ber den Be&#x017F;chwerde gefu&#x0364;hrt<lb/>
wird, der als Reichs&#x017F;tand doch immer der kai&#x017F;er-<lb/>
lichen Gerichtbarkeit unterworfen i&#x017F;t. &#x2014; Antwort:<lb/>
So i&#x017F;t auch ein Bi&#x017F;chof von Bamberg, Wu&#x0364;rz-<lb/>
burg u. &#x017F;. w. ein Teut&#x017F;cher Reichs&#x017F;tand; und von<lb/>
&#x017F;einen gei&#x017F;tlichen Gerichten du&#x0364;rfen doch die Reichs-<lb/>
gerichte keine Nullita&#x0364;tsklagen annehmen; &#x017F;o auch<lb/>
nicht von einem evangeli&#x017F;chen Reichs&#x017F;tande, &#x017F;ofern<lb/>
er die gei&#x017F;tliche Gerichtbarkeit ausu&#x0364;bt.</p><lb/>
          <p>Dagegen hat man nun endlich zwar noch dar-<note place="right"><hi rendition="#aq">XIX.</hi></note><lb/>
auf &#x017F;ich bezogen, daß ein jeder Reichs&#x017F;tand doch<lb/>
mit dem, was er von wegen &#x017F;einer Landeshoheit<lb/>
ausu&#x0364;be, der kai&#x017F;erlichen Gerichtbarkeit unterworfen<lb/>
&#x017F;ey, und daß evangeli&#x017F;che Reichs&#x017F;ta&#x0364;nde ihre gei&#x017F;t-<lb/>
liche Gerichtbarkeit doch immer eigentlich vermo&#x0364;ge<lb/>
ihrer Landeshoheit ausu&#x0364;bten; wie wenig&#x017F;tens viele<lb/>
prote&#x017F;tanti&#x017F;che Schrift&#x017F;teller behaupteten, auch mehr-<lb/>
malen von evangeli&#x017F;chen Reichs&#x017F;ta&#x0364;nden &#x017F;elb&#x017F;t in ih-<lb/>
ren Urkunden und Ge&#x017F;etzen oder Staats&#x017F;chriften be-<lb/>
hauptet worden &#x017F;ey. Allein die&#x017F;e Behauptung i&#x017F;t,<lb/>
wo und von wem &#x017F;ie auch ge&#x017F;chehen &#x017F;eyn mag, im<lb/>
Grunde immer irrig <note place="foot" n="(t)">Oben Th. 1. S. 418.</note>.</p><lb/>
          <p>Landeshoheit i&#x017F;t nach der Teut&#x017F;chen Reichsver-<note place="right"><hi rendition="#aq">XX.</hi></note><lb/>
fa&#x017F;&#x017F;ung in ganz Teut&#x017F;chland einerley. Gei&#x017F;tliche<lb/>
und weltliche Fu&#x0364;r&#x017F;ten, catholi&#x017F;che und evangeli&#x017F;che<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Reichs-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[431/0473] 5) K. Gerichtb. in evang. geiſtl. Sach. ſchen vorgeht, oder als wenn z. B. uͤber ein Ver- fahren im Schleswigiſchen, das gar nicht zum Reiche gehoͤret, Nichtigkeitsbeſchwerden gefuͤhret werden. Aber — faͤhrt man fort, — hier iſt doch alle mal ein Reichsſtand, uͤber den Beſchwerde gefuͤhrt wird, der als Reichsſtand doch immer der kaiſer- lichen Gerichtbarkeit unterworfen iſt. — Antwort: So iſt auch ein Biſchof von Bamberg, Wuͤrz- burg u. ſ. w. ein Teutſcher Reichsſtand; und von ſeinen geiſtlichen Gerichten duͤrfen doch die Reichs- gerichte keine Nullitaͤtsklagen annehmen; ſo auch nicht von einem evangeliſchen Reichsſtande, ſofern er die geiſtliche Gerichtbarkeit ausuͤbt. XVIII. Dagegen hat man nun endlich zwar noch dar- auf ſich bezogen, daß ein jeder Reichsſtand doch mit dem, was er von wegen ſeiner Landeshoheit ausuͤbe, der kaiſerlichen Gerichtbarkeit unterworfen ſey, und daß evangeliſche Reichsſtaͤnde ihre geiſt- liche Gerichtbarkeit doch immer eigentlich vermoͤge ihrer Landeshoheit ausuͤbten; wie wenigſtens viele proteſtantiſche Schriftſteller behaupteten, auch mehr- malen von evangeliſchen Reichsſtaͤnden ſelbſt in ih- ren Urkunden und Geſetzen oder Staatsſchriften be- hauptet worden ſey. Allein dieſe Behauptung iſt, wo und von wem ſie auch geſchehen ſeyn mag, im Grunde immer irrig (t). XIX. Landeshoheit iſt nach der Teutſchen Reichsver- faſſung in ganz Teutſchland einerley. Geiſtliche und weltliche Fuͤrſten, catholiſche und evangeliſche Reichs- XX. (t) Oben Th. 1. S. 418.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/473
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/473>, abgerufen am 22.11.2024.