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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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5) Rkrieg u. Ryßw. Fr. 1685-1697.
1671. an den Herzog von Orleans vermählt war,
die nunmehr als Mobiliarerbinn ihres Bruders
mit solchen Ansprüchen zum Vorschein kam, daß
dem neuen Churfürsten Philipp Wilhelm von der
Pfalzneuburgischen Linie von dem, was die Sim-
merische Linie besessen hatte, nichts, als was eigent-
lich Lehn wäre, übrig gelaßen werden sollte. Die-
se Ansprüche unterstützte Ludewig der XIV. mit sol-
chem Eifer, daß zuletzt 1688., als eben noch ei-
ne Irrung wegen des Erzstifts Cölln, wozu der
Französische Hof den Bischof von Straßburg, vom
fürstlichen Hause Fürstenberg, der kaiserliche den
Bairischen Prinzen Joseph Clemens verhelfen woll-
te, hinzukam, auf einmal eine mächtige Französi-
sche Armee ins Badische, Würtenbergische und in
die Pfalz einrückte. Worüber der zwanzigjähri-
ge Stillstand von selbsten ein Ende nahm, und
ein fast allgemeiner Krieg ausbrach, dem erst der
Ryswickische Friede 1697. ein Ende machte.

Der Ryßwickische Friede war in so weit alsII.
der erste in seiner Art anzusehen, weil diesmal
nicht, wie beym Nimweger Frieden, dem Kaiser
die Friedenshandlungen für das Reich mit über-
laßen wurden, sondern eine eigne außerordentliche
Reichsdeputation von 32. Reichsständen beider Re-
ligionen ernannt ward, um durch ihre Subdele-
girten den Friedenshandlungen zu Ryßwick beyzu-
wohnen. Doch ereignete sich auch hier wieder ein
neuer Anstand, da die reichsständischen Subdele-
girten, die sich zu Ryßwick einfanden, zu den Con-
ferenzen mit den auswärtigen Gesandten doch nicht
zugelaßen wurden, sondern die kaiserliche Gesandt-
schaft ihnen nur, wo sie es gut fand, die nöthigen

Nach-

5) Rkrieg u. Ryßw. Fr. 1685-1697.
1671. an den Herzog von Orleans vermaͤhlt war,
die nunmehr als Mobiliarerbinn ihres Bruders
mit ſolchen Anſpruͤchen zum Vorſchein kam, daß
dem neuen Churfuͤrſten Philipp Wilhelm von der
Pfalzneuburgiſchen Linie von dem, was die Sim-
meriſche Linie beſeſſen hatte, nichts, als was eigent-
lich Lehn waͤre, uͤbrig gelaßen werden ſollte. Die-
ſe Anſpruͤche unterſtuͤtzte Ludewig der XIV. mit ſol-
chem Eifer, daß zuletzt 1688., als eben noch ei-
ne Irrung wegen des Erzſtifts Coͤlln, wozu der
Franzoͤſiſche Hof den Biſchof von Straßburg, vom
fuͤrſtlichen Hauſe Fuͤrſtenberg, der kaiſerliche den
Bairiſchen Prinzen Joſeph Clemens verhelfen woll-
te, hinzukam, auf einmal eine maͤchtige Franzoͤſi-
ſche Armee ins Badiſche, Wuͤrtenbergiſche und in
die Pfalz einruͤckte. Woruͤber der zwanzigjaͤhri-
ge Stillſtand von ſelbſten ein Ende nahm, und
ein faſt allgemeiner Krieg ausbrach, dem erſt der
Ryswickiſche Friede 1697. ein Ende machte.

Der Ryßwickiſche Friede war in ſo weit alsII.
der erſte in ſeiner Art anzuſehen, weil diesmal
nicht, wie beym Nimweger Frieden, dem Kaiſer
die Friedenshandlungen fuͤr das Reich mit uͤber-
laßen wurden, ſondern eine eigne außerordentliche
Reichsdeputation von 32. Reichsſtaͤnden beider Re-
ligionen ernannt ward, um durch ihre Subdele-
girten den Friedenshandlungen zu Ryßwick beyzu-
wohnen. Doch ereignete ſich auch hier wieder ein
neuer Anſtand, da die reichsſtaͤndiſchen Subdele-
girten, die ſich zu Ryßwick einfanden, zu den Con-
ferenzen mit den auswaͤrtigen Geſandten doch nicht
zugelaßen wurden, ſondern die kaiſerliche Geſandt-
ſchaft ihnen nur, wo ſie es gut fand, die noͤthigen

Nach-
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[299/0341] 5) Rkrieg u. Ryßw. Fr. 1685-1697. 1671. an den Herzog von Orleans vermaͤhlt war, die nunmehr als Mobiliarerbinn ihres Bruders mit ſolchen Anſpruͤchen zum Vorſchein kam, daß dem neuen Churfuͤrſten Philipp Wilhelm von der Pfalzneuburgiſchen Linie von dem, was die Sim- meriſche Linie beſeſſen hatte, nichts, als was eigent- lich Lehn waͤre, uͤbrig gelaßen werden ſollte. Die- ſe Anſpruͤche unterſtuͤtzte Ludewig der XIV. mit ſol- chem Eifer, daß zuletzt 1688., als eben noch ei- ne Irrung wegen des Erzſtifts Coͤlln, wozu der Franzoͤſiſche Hof den Biſchof von Straßburg, vom fuͤrſtlichen Hauſe Fuͤrſtenberg, der kaiſerliche den Bairiſchen Prinzen Joſeph Clemens verhelfen woll- te, hinzukam, auf einmal eine maͤchtige Franzoͤſi- ſche Armee ins Badiſche, Wuͤrtenbergiſche und in die Pfalz einruͤckte. Woruͤber der zwanzigjaͤhri- ge Stillſtand von ſelbſten ein Ende nahm, und ein faſt allgemeiner Krieg ausbrach, dem erſt der Ryswickiſche Friede 1697. ein Ende machte. Der Ryßwickiſche Friede war in ſo weit als der erſte in ſeiner Art anzuſehen, weil diesmal nicht, wie beym Nimweger Frieden, dem Kaiſer die Friedenshandlungen fuͤr das Reich mit uͤber- laßen wurden, ſondern eine eigne außerordentliche Reichsdeputation von 32. Reichsſtaͤnden beider Re- ligionen ernannt ward, um durch ihre Subdele- girten den Friedenshandlungen zu Ryßwick beyzu- wohnen. Doch ereignete ſich auch hier wieder ein neuer Anſtand, da die reichsſtaͤndiſchen Subdele- girten, die ſich zu Ryßwick einfanden, zu den Con- ferenzen mit den auswaͤrtigen Geſandten doch nicht zugelaßen wurden, ſondern die kaiſerliche Geſandt- ſchaft ihnen nur, wo ſie es gut fand, die noͤthigen Nach- II.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/341>, abgerufen am 24.11.2024.