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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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1) Anfang des beständ. Reichst.
bindung haben sollte. Inzwischen schien es auf
der andern Seite vielleicht jetzt mehr Schwierigkeit
zu haben, daß der Churfürst von der Pfalz, der
nunmehr unter den Churfürsten der unterste im
Range war, dieses große Vorrecht in Uebung ha-
ben sollte.) Der Churfürst von Baiern, der vom
Tode des Kaisers eher Nachricht haben konnte,
als der Churfürst von der Pfalz, nahm gleich das
Vicariat in Besitz, und hatte den catholischen
Religionstheil, da der Churfürst von der Pfalz
reformirt war, gleich völlig auf seiner Seite.

Bey der Kaiserwahl selbst gab diese Streitig-II.
keit noch zu einem ganz außerordentlichen Vorfall
Anlaß. Der Bairische Gesandte, Doctor Oexel,
las in der churfürstlichen Versammlung einen Auf-
satz vor, worin der Ausdruck vorkam, daß Pfalz
seine Chur verwirket habe. Der Churfürst Carl
Ludewig von der Pfalz, der persönlich zugegen war,
ahndete gleich auf der Stelle diesen Ausdruck, und
warf dem D. Oexel, als derselbe dennoch zu lesen
fortfuhr, das Dintefaß an den Kopf. Mit Mü-
he legte das churfürstliche Collegium diese Sache
noch durch einen Vergleich bey, und setzte für die
Zukunft auf ähnliche Thätlichkeiten die Suspension
der Wahlstimme zur Strafe.

Die Kaiserwürde einmal vom Hause Oester-III.
reich abzubringen, wurden diesmal allerley Versu-
che gemacht. Die Krone Frankreich suchte die
Wahl auf den Churfürsten von Baiern, die Kro-
ne Schweden auf den Pfalzgrafen von Neuburg zu
lenken. Sie fiel aber doch auf Leopold von Oe-
sterreich. In der Wahlcapitulation fehlte es

nicht
P. Entw. d. Staatsverf. Th. II. R

1) Anfang des beſtaͤnd. Reichst.
bindung haben ſollte. Inzwiſchen ſchien es auf
der andern Seite vielleicht jetzt mehr Schwierigkeit
zu haben, daß der Churfuͤrſt von der Pfalz, der
nunmehr unter den Churfuͤrſten der unterſte im
Range war, dieſes große Vorrecht in Uebung ha-
ben ſollte.) Der Churfuͤrſt von Baiern, der vom
Tode des Kaiſers eher Nachricht haben konnte,
als der Churfuͤrſt von der Pfalz, nahm gleich das
Vicariat in Beſitz, und hatte den catholiſchen
Religionstheil, da der Churfuͤrſt von der Pfalz
reformirt war, gleich voͤllig auf ſeiner Seite.

Bey der Kaiſerwahl ſelbſt gab dieſe Streitig-II.
keit noch zu einem ganz außerordentlichen Vorfall
Anlaß. Der Bairiſche Geſandte, Doctor Oexel,
las in der churfuͤrſtlichen Verſammlung einen Auf-
ſatz vor, worin der Ausdruck vorkam, daß Pfalz
ſeine Chur verwirket habe. Der Churfuͤrſt Carl
Ludewig von der Pfalz, der perſoͤnlich zugegen war,
ahndete gleich auf der Stelle dieſen Ausdruck, und
warf dem D. Oexel, als derſelbe dennoch zu leſen
fortfuhr, das Dintefaß an den Kopf. Mit Muͤ-
he legte das churfuͤrſtliche Collegium dieſe Sache
noch durch einen Vergleich bey, und ſetzte fuͤr die
Zukunft auf aͤhnliche Thaͤtlichkeiten die Suspenſion
der Wahlſtimme zur Strafe.

Die Kaiſerwuͤrde einmal vom Hauſe Oeſter-III.
reich abzubringen, wurden diesmal allerley Verſu-
che gemacht. Die Krone Frankreich ſuchte die
Wahl auf den Churfuͤrſten von Baiern, die Kro-
ne Schweden auf den Pfalzgrafen von Neuburg zu
lenken. Sie fiel aber doch auf Leopold von Oe-
ſterreich. In der Wahlcapitulation fehlte es

nicht
P. Entw. d. Staatsverf. Th. II. R
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[257/0299] 1) Anfang des beſtaͤnd. Reichst. bindung haben ſollte. Inzwiſchen ſchien es auf der andern Seite vielleicht jetzt mehr Schwierigkeit zu haben, daß der Churfuͤrſt von der Pfalz, der nunmehr unter den Churfuͤrſten der unterſte im Range war, dieſes große Vorrecht in Uebung ha- ben ſollte.) Der Churfuͤrſt von Baiern, der vom Tode des Kaiſers eher Nachricht haben konnte, als der Churfuͤrſt von der Pfalz, nahm gleich das Vicariat in Beſitz, und hatte den catholiſchen Religionstheil, da der Churfuͤrſt von der Pfalz reformirt war, gleich voͤllig auf ſeiner Seite. Bey der Kaiſerwahl ſelbſt gab dieſe Streitig- keit noch zu einem ganz außerordentlichen Vorfall Anlaß. Der Bairiſche Geſandte, Doctor Oexel, las in der churfuͤrſtlichen Verſammlung einen Auf- ſatz vor, worin der Ausdruck vorkam, daß Pfalz ſeine Chur verwirket habe. Der Churfuͤrſt Carl Ludewig von der Pfalz, der perſoͤnlich zugegen war, ahndete gleich auf der Stelle dieſen Ausdruck, und warf dem D. Oexel, als derſelbe dennoch zu leſen fortfuhr, das Dintefaß an den Kopf. Mit Muͤ- he legte das churfuͤrſtliche Collegium dieſe Sache noch durch einen Vergleich bey, und ſetzte fuͤr die Zukunft auf aͤhnliche Thaͤtlichkeiten die Suspenſion der Wahlſtimme zur Strafe. II. Die Kaiſerwuͤrde einmal vom Hauſe Oeſter- reich abzubringen, wurden diesmal allerley Verſu- che gemacht. Die Krone Frankreich ſuchte die Wahl auf den Churfuͤrſten von Baiern, die Kro- ne Schweden auf den Pfalzgrafen von Neuburg zu lenken. Sie fiel aber doch auf Leopold von Oe- ſterreich. In der Wahlcapitulation fehlte es nicht III. P. Entw. d. Staatsverf. Th. II. R

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/299>, abgerufen am 25.11.2024.