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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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VIII. Folgen d. Westph. Fr. 1648-1657.
funden haben würde, die Mehrheit der Stimmen
auf dem Reichstage immer auf seiner Seite zu ha-
ben, und alsdann mit Reichsschlüssen, die nur
mit den meisten Stimmen zu Stande gebracht
werden dürften, alles nach eignem Gutfinden durch-
zusetzen. Der kaiserliche Hof schien das für sich
zu haben, daß in vorigen Zeiten alle Standeser-
höhungen, wodurch der Kaiser Grafen oder Prä-
laten zu Fürsten erhoben hatte, auch auf dem
Reichstage mit Zulaßung ihres fürstlichen Sitz-
und Stimmrechts keine Schwierigkeit gefunden
hatten, wie die Beyspiele der Häuser Savoyen,
Holstein, Würtenberg, Henneberg, und selbst
des noch erst 1576. in Fürstenstand erhobenen
Hauses Arenberg zum Beweise eines solchen Her-
kommens dienen konnten. Allein vors erste war
bis ins XVI. Jahrhundert überhaupt die Zahl der
Stimmen im Fürstenrathe, nachdem mehr oder
weniger Personen erschienen, noch sehr veränder-
lich, und insonderheit der Unterschied der gräflichen
Curiatstimmen und der fürstlichen Virilstimmen
vielleicht noch nicht so bestimmt, wie jetzt; da dann
auch der Uebergang einer gräflichen Stimme zur
fürstlichen, wenn es nur um einen höhern Rang
zu thun gewesen wäre, nicht soviel auf sich gehabt
haben würde, als wenn nunmehr damit eine ganz
neue Stimme auf kommen, und die Zahl der fürst-
lichen Stimmen überhaupt einen Zuwachs bekom-
men sollte.


IX.

Hauptsächlich aber konnte es nicht anders, als
äußerst auffallend seyn, da die Ferdinande sich nicht
mehr begnügten, wie es ehedem nur geschehen
war, alte reichsgräfliche Häuser, deren Grafschaf-

ten

VIII. Folgen d. Weſtph. Fr. 1648-1657.
funden haben wuͤrde, die Mehrheit der Stimmen
auf dem Reichstage immer auf ſeiner Seite zu ha-
ben, und alsdann mit Reichsſchluͤſſen, die nur
mit den meiſten Stimmen zu Stande gebracht
werden duͤrften, alles nach eignem Gutfinden durch-
zuſetzen. Der kaiſerliche Hof ſchien das fuͤr ſich
zu haben, daß in vorigen Zeiten alle Standeser-
hoͤhungen, wodurch der Kaiſer Grafen oder Praͤ-
laten zu Fuͤrſten erhoben hatte, auch auf dem
Reichstage mit Zulaßung ihres fuͤrſtlichen Sitz-
und Stimmrechts keine Schwierigkeit gefunden
hatten, wie die Beyſpiele der Haͤuſer Savoyen,
Holſtein, Wuͤrtenberg, Henneberg, und ſelbſt
des noch erſt 1576. in Fuͤrſtenſtand erhobenen
Hauſes Arenberg zum Beweiſe eines ſolchen Her-
kommens dienen konnten. Allein vors erſte war
bis ins XVI. Jahrhundert uͤberhaupt die Zahl der
Stimmen im Fuͤrſtenrathe, nachdem mehr oder
weniger Perſonen erſchienen, noch ſehr veraͤnder-
lich, und inſonderheit der Unterſchied der graͤflichen
Curiatſtimmen und der fuͤrſtlichen Virilſtimmen
vielleicht noch nicht ſo beſtimmt, wie jetzt; da dann
auch der Uebergang einer graͤflichen Stimme zur
fuͤrſtlichen, wenn es nur um einen hoͤhern Rang
zu thun geweſen waͤre, nicht ſoviel auf ſich gehabt
haben wuͤrde, als wenn nunmehr damit eine ganz
neue Stimme auf kommen, und die Zahl der fuͤrſt-
lichen Stimmen uͤberhaupt einen Zuwachs bekom-
men ſollte.


IX.

Hauptſaͤchlich aber konnte es nicht anders, als
aͤußerſt auffallend ſeyn, da die Ferdinande ſich nicht
mehr begnuͤgten, wie es ehedem nur geſchehen
war, alte reichsgraͤfliche Haͤuſer, deren Grafſchaf-

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[252/0294] VIII. Folgen d. Weſtph. Fr. 1648-1657. funden haben wuͤrde, die Mehrheit der Stimmen auf dem Reichstage immer auf ſeiner Seite zu ha- ben, und alsdann mit Reichsſchluͤſſen, die nur mit den meiſten Stimmen zu Stande gebracht werden duͤrften, alles nach eignem Gutfinden durch- zuſetzen. Der kaiſerliche Hof ſchien das fuͤr ſich zu haben, daß in vorigen Zeiten alle Standeser- hoͤhungen, wodurch der Kaiſer Grafen oder Praͤ- laten zu Fuͤrſten erhoben hatte, auch auf dem Reichstage mit Zulaßung ihres fuͤrſtlichen Sitz- und Stimmrechts keine Schwierigkeit gefunden hatten, wie die Beyſpiele der Haͤuſer Savoyen, Holſtein, Wuͤrtenberg, Henneberg, und ſelbſt des noch erſt 1576. in Fuͤrſtenſtand erhobenen Hauſes Arenberg zum Beweiſe eines ſolchen Her- kommens dienen konnten. Allein vors erſte war bis ins XVI. Jahrhundert uͤberhaupt die Zahl der Stimmen im Fuͤrſtenrathe, nachdem mehr oder weniger Perſonen erſchienen, noch ſehr veraͤnder- lich, und inſonderheit der Unterſchied der graͤflichen Curiatſtimmen und der fuͤrſtlichen Virilſtimmen vielleicht noch nicht ſo beſtimmt, wie jetzt; da dann auch der Uebergang einer graͤflichen Stimme zur fuͤrſtlichen, wenn es nur um einen hoͤhern Rang zu thun geweſen waͤre, nicht ſoviel auf ſich gehabt haben wuͤrde, als wenn nunmehr damit eine ganz neue Stimme auf kommen, und die Zahl der fuͤrſt- lichen Stimmen uͤberhaupt einen Zuwachs bekom- men ſollte. Hauptſaͤchlich aber konnte es nicht anders, als aͤußerſt auffallend ſeyn, da die Ferdinande ſich nicht mehr begnuͤgten, wie es ehedem nur geſchehen war, alte reichsgraͤfliche Haͤuſer, deren Grafſchaf- ten

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/294>, abgerufen am 22.11.2024.