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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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VIII. Folgen d. Westph. Fr. 1648-1657.
desherren bey den Landständen gemeiniglich nur
darauf antrugen, daß bewilliget werden möchte,
die Unterthanen nicht nur in den landesherrlichen
Aemtern, sondern auch in den prälatischen und
adelichen Gerichten sowohl als in den Städten mit
Steuern zu belegen, um die meist verschuldeten
Cammergüter zu retten, oder auch wohl zur Er-
gänzung dessen, wozu deren Einkünfte nicht mehr
hinreichen wollten, dem Landesherrn unter die Ar-
me zu greifen. So wenig hier des Landesherrn
eignes Cammergut mit in die Besteurung gezogen
wurde; so wenig war auch nur die Absicht, we-
der des Prälaten eignes Gut, noch die Rittergü-
ter selbst mit Steuern zu belegen, sondern es
galt nur um eine allgemeine Besteurung der
Bauern, die ohne Einwilligung der Prälaten und
der Ritterschaft über deren Hintersassen sonst nicht
statt gefunden hätte. In so weit war also in
Ansehung jener Steuern, die nur zur Rettung
oder Ergänzung der landesherrlichen Cammergüter
bewilliget wurden, allerdings eine Steuerfreyheit
der Prälaten und des Adels gegründet, daß sie
nicht für ihre eigne Güter, die sie selbst in ihrem
unmittelbaren Genuß hatten, sondern nur für die
Bauern, deren Gerichts- oder Gutsherren sie wa-
ren, die Steuern bewilligten.


VII.

Diese Steuerfreyheit wurde noch dadurch un-
terstützt, daß der Prälat auf die Immunität, wel-
che von alten Zeiten her vermöge der päbstlichen
Rechte allen Kirchengütern zukäme, und der Adel
auf die Lehnsdienste mit Ritterpferden, womit er
sein Rittergut mit eigner Ausrüstung in eigner
Person verdienen müße, sich berief. Beides war

auf

VIII. Folgen d. Weſtph. Fr. 1648-1657.
desherren bey den Landſtaͤnden gemeiniglich nur
darauf antrugen, daß bewilliget werden moͤchte,
die Unterthanen nicht nur in den landesherrlichen
Aemtern, ſondern auch in den praͤlatiſchen und
adelichen Gerichten ſowohl als in den Staͤdten mit
Steuern zu belegen, um die meiſt verſchuldeten
Cammerguͤter zu retten, oder auch wohl zur Er-
gaͤnzung deſſen, wozu deren Einkuͤnfte nicht mehr
hinreichen wollten, dem Landesherrn unter die Ar-
me zu greifen. So wenig hier des Landesherrn
eignes Cammergut mit in die Beſteurung gezogen
wurde; ſo wenig war auch nur die Abſicht, we-
der des Praͤlaten eignes Gut, noch die Ritterguͤ-
ter ſelbſt mit Steuern zu belegen, ſondern es
galt nur um eine allgemeine Beſteurung der
Bauern, die ohne Einwilligung der Praͤlaten und
der Ritterſchaft uͤber deren Hinterſaſſen ſonſt nicht
ſtatt gefunden haͤtte. In ſo weit war alſo in
Anſehung jener Steuern, die nur zur Rettung
oder Ergaͤnzung der landesherrlichen Cammerguͤter
bewilliget wurden, allerdings eine Steuerfreyheit
der Praͤlaten und des Adels gegruͤndet, daß ſie
nicht fuͤr ihre eigne Guͤter, die ſie ſelbſt in ihrem
unmittelbaren Genuß hatten, ſondern nur fuͤr die
Bauern, deren Gerichts- oder Gutsherren ſie wa-
ren, die Steuern bewilligten.


VII.

Dieſe Steuerfreyheit wurde noch dadurch un-
terſtuͤtzt, daß der Praͤlat auf die Immunitaͤt, wel-
che von alten Zeiten her vermoͤge der paͤbſtlichen
Rechte allen Kirchenguͤtern zukaͤme, und der Adel
auf die Lehnsdienſte mit Ritterpferden, womit er
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Perſon verdienen muͤße, ſich berief. Beides war

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[200/0242] VIII. Folgen d. Weſtph. Fr. 1648-1657. desherren bey den Landſtaͤnden gemeiniglich nur darauf antrugen, daß bewilliget werden moͤchte, die Unterthanen nicht nur in den landesherrlichen Aemtern, ſondern auch in den praͤlatiſchen und adelichen Gerichten ſowohl als in den Staͤdten mit Steuern zu belegen, um die meiſt verſchuldeten Cammerguͤter zu retten, oder auch wohl zur Er- gaͤnzung deſſen, wozu deren Einkuͤnfte nicht mehr hinreichen wollten, dem Landesherrn unter die Ar- me zu greifen. So wenig hier des Landesherrn eignes Cammergut mit in die Beſteurung gezogen wurde; ſo wenig war auch nur die Abſicht, we- der des Praͤlaten eignes Gut, noch die Ritterguͤ- ter ſelbſt mit Steuern zu belegen, ſondern es galt nur um eine allgemeine Beſteurung der Bauern, die ohne Einwilligung der Praͤlaten und der Ritterſchaft uͤber deren Hinterſaſſen ſonſt nicht ſtatt gefunden haͤtte. In ſo weit war alſo in Anſehung jener Steuern, die nur zur Rettung oder Ergaͤnzung der landesherrlichen Cammerguͤter bewilliget wurden, allerdings eine Steuerfreyheit der Praͤlaten und des Adels gegruͤndet, daß ſie nicht fuͤr ihre eigne Guͤter, die ſie ſelbſt in ihrem unmittelbaren Genuß hatten, ſondern nur fuͤr die Bauern, deren Gerichts- oder Gutsherren ſie wa- ren, die Steuern bewilligten. Dieſe Steuerfreyheit wurde noch dadurch un- terſtuͤtzt, daß der Praͤlat auf die Immunitaͤt, wel- che von alten Zeiten her vermoͤge der paͤbſtlichen Rechte allen Kirchenguͤtern zukaͤme, und der Adel auf die Lehnsdienſte mit Ritterpferden, womit er ſein Rittergut mit eigner Ausruͤſtung in eigner Perſon verdienen muͤße, ſich berief. Beides war auf

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/242>, abgerufen am 02.05.2024.