Ein anderer Umstand, der insonderheit seit denIII. Zeiten des Westphälischen Friedens mehrmalen zum Unglück ganzer Häuser und Länder ausgeschlagen ist, und ebenfalls vorzüglich der Teutschen Verfas- sung eigen zu seyn scheint, bestehet in einer unbegränzten Nacheiferungssucht, worin bey der großen Menge unserer Teutschen Landesherren, die nicht nur an Macht und Größe, sondern auch nach den Stuffen ihrer Würde, als Churfürsten oder Fürsten, geistliche oder weltliche, alte oder neue Fürsten, Grafen und Prälaten, so gar sehr ver- schieden sind, dennoch immer einer dem andern nichts nachgeben will, sondern, wie der Churfürst Könige, so der Fürst wieder Churfürsten, der Graf Fürsten u.s.w. zu Beyspielen seines Aufwandes wehlet.
Es laßen sich insonderheit in Vergleichung derIV Zeiten vor und nach dem Westphälischen Frieden manche lehrreiche Bemerkungen machen, wie sehr sich in der Zeit sowohl der Aufwand als die Sit- ten und Gesinnungen an unseren Teutschen Höfen geändert haben. Ein herzoglicher Rentschreiber schrieb einmal in sein Tagebuch: "Heute dato ist "unser Herzog mit allen seinen Junkern in das "Weinhaus gegangen, haben da banketirt, und "habe ich dafür acht Thaler ausgezahlt, dat het "schlampampen." (s) Ein anderer Herzog schickte seinen Sohn auf Reisen, und schrieb an einen Churfürsten: "Nachdem unser Sohn groß "und bengelhaft wird, so finden wir nöthig, ihn "in die Fremde zu schicken, und vornehmlich an "Eurer Liebden Hof, damit er daselbst mores lerne.
"Wir
(s)Reißlers Reisen Th. 1. S. 113., (Aufl. 2. S. 84.)
M 5
4) Einige Eigenheiten der T. Verf.
Ein anderer Umſtand, der inſonderheit ſeit denIII. Zeiten des Weſtphaͤliſchen Friedens mehrmalen zum Ungluͤck ganzer Haͤuſer und Laͤnder ausgeſchlagen iſt, und ebenfalls vorzuͤglich der Teutſchen Verfaſ- ſung eigen zu ſeyn ſcheint, beſtehet in einer unbegraͤnzten Nacheiferungsſucht, worin bey der großen Menge unſerer Teutſchen Landesherren, die nicht nur an Macht und Groͤße, ſondern auch nach den Stuffen ihrer Wuͤrde, als Churfuͤrſten oder Fuͤrſten, geiſtliche oder weltliche, alte oder neue Fuͤrſten, Grafen und Praͤlaten, ſo gar ſehr ver- ſchieden ſind, dennoch immer einer dem andern nichts nachgeben will, ſondern, wie der Churfuͤrſt Koͤnige, ſo der Fuͤrſt wieder Churfuͤrſten, der Graf Fuͤrſten u.ſ.w. zu Beyſpielen ſeines Aufwandes wehlet.
Es laßen ſich inſonderheit in Vergleichung derIV Zeiten vor und nach dem Weſtphaͤliſchen Frieden manche lehrreiche Bemerkungen machen, wie ſehr ſich in der Zeit ſowohl der Aufwand als die Sit- ten und Geſinnungen an unſeren Teutſchen Hoͤfen geaͤndert haben. Ein herzoglicher Rentſchreiber ſchrieb einmal in ſein Tagebuch: ”Heute dato iſt „unſer Herzog mit allen ſeinen Junkern in das „Weinhaus gegangen, haben da banketirt, und „habe ich dafuͤr acht Thaler ausgezahlt, dat het „ſchlampampen.” (s) Ein anderer Herzog ſchickte ſeinen Sohn auf Reiſen, und ſchrieb an einen Churfuͤrſten: ”Nachdem unſer Sohn groß „und bengelhaft wird, ſo finden wir noͤthig, ihn „in die Fremde zu ſchicken, und vornehmlich an „Eurer Liebden Hof, damit er daſelbſt mores lerne.
„Wir
(s)Reißlers Reiſen Th. 1. S. 113., (Aufl. 2. S. 84.)
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4) Einige Eigenheiten der T. Verf.
Ein anderer Umſtand, der inſonderheit ſeit den
Zeiten des Weſtphaͤliſchen Friedens mehrmalen zum
Ungluͤck ganzer Haͤuſer und Laͤnder ausgeſchlagen
iſt, und ebenfalls vorzuͤglich der Teutſchen Verfaſ-
ſung eigen zu ſeyn ſcheint, beſtehet in einer
unbegraͤnzten Nacheiferungsſucht, worin bey der
großen Menge unſerer Teutſchen Landesherren, die
nicht nur an Macht und Groͤße, ſondern auch
nach den Stuffen ihrer Wuͤrde, als Churfuͤrſten oder
Fuͤrſten, geiſtliche oder weltliche, alte oder neue
Fuͤrſten, Grafen und Praͤlaten, ſo gar ſehr ver-
ſchieden ſind, dennoch immer einer dem andern
nichts nachgeben will, ſondern, wie der Churfuͤrſt
Koͤnige, ſo der Fuͤrſt wieder Churfuͤrſten, der Graf
Fuͤrſten u.ſ.w. zu Beyſpielen ſeines Aufwandes wehlet.
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Es laßen ſich inſonderheit in Vergleichung der
Zeiten vor und nach dem Weſtphaͤliſchen Frieden
manche lehrreiche Bemerkungen machen, wie ſehr
ſich in der Zeit ſowohl der Aufwand als die Sit-
ten und Geſinnungen an unſeren Teutſchen Hoͤfen
geaͤndert haben. Ein herzoglicher Rentſchreiber
ſchrieb einmal in ſein Tagebuch: ”Heute dato iſt
„unſer Herzog mit allen ſeinen Junkern in das
„Weinhaus gegangen, haben da banketirt, und
„habe ich dafuͤr acht Thaler ausgezahlt, dat het
„ſchlampampen.” (s) Ein anderer Herzog
ſchickte ſeinen Sohn auf Reiſen, und ſchrieb an
einen Churfuͤrſten: ”Nachdem unſer Sohn groß
„und bengelhaft wird, ſo finden wir noͤthig, ihn
„in die Fremde zu ſchicken, und vornehmlich an
„Eurer Liebden Hof, damit er daſelbſt mores lerne.
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/227>, abgerufen am 21.11.2024.
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