Bey so vielerley Veränderungen, die theils die vielen wichtigen Verordnungen des Friedens, theils die so lange angehaltenen und so allgemein gewordenen Drangsale des Krieges mit sich brach- ten, war es nicht zu bewundern, wenn nunmehr beynahe auf einmal eine sehr veränderte Verfas- sung des Teutschen Reichs im Ganzen merklich ward, oder doch erst recht zu ihrer Festigkeit ge- langte, und jetzt bald in sehr erheblichen Folgen sich zeigte.
II.
Wie zwar nicht leicht so gar große Verände- rungen ganz plötzlich auf einmal entstehen, ohne daß zum voraus manche Vorbereitungen wahr- zunehmen wären, deren Folgen sich erst nach und nach zu entwickeln pflegen; so war freylich auch Teutschland schon seit etlichen Jahrhunderten in dem Falle, daß man wohl sehen konnte, daß es nicht so, wie Frankreich und andere Europäische Reiche, ein solch ungetheiltes Reich bleiben wür- de, das nicht anders, als nur im Ganzen, wie ein einiger Staat betrachtet werden könnte. Nach dem, was ich oben bey den Zeiten Henrichs des IV. und Friedrichs des II. von der Erblichkeit der Her- zoge und Grafen, als ursprünglicher Kronbedien- ten, und von den Hoheitsrechten, die nach und nach geistlichen und weltlichen Reichsständen eigen wurden, bemerklich gemacht habe (k), konnte man schon lange nicht mehr sagen, daß die kaiserliche Regierung die einzige in ganz Teutschland sey; und daß also ganz Teutschland in allem Betrachte nur als ein einiger Staat angesehen werden könne. Jeder
geist-
(k) Oben Th. 1. S. 163. 204. u. f.
VIII. Folgen d. Weſtph. Fr. 1648-1657.
I.
Bey ſo vielerley Veraͤnderungen, die theils die vielen wichtigen Verordnungen des Friedens, theils die ſo lange angehaltenen und ſo allgemein gewordenen Drangſale des Krieges mit ſich brach- ten, war es nicht zu bewundern, wenn nunmehr beynahe auf einmal eine ſehr veraͤnderte Verfaſ- ſung des Teutſchen Reichs im Ganzen merklich ward, oder doch erſt recht zu ihrer Feſtigkeit ge- langte, und jetzt bald in ſehr erheblichen Folgen ſich zeigte.
II.
Wie zwar nicht leicht ſo gar große Veraͤnde- rungen ganz ploͤtzlich auf einmal entſtehen, ohne daß zum voraus manche Vorbereitungen wahr- zunehmen waͤren, deren Folgen ſich erſt nach und nach zu entwickeln pflegen; ſo war freylich auch Teutſchland ſchon ſeit etlichen Jahrhunderten in dem Falle, daß man wohl ſehen konnte, daß es nicht ſo, wie Frankreich und andere Europaͤiſche Reiche, ein ſolch ungetheiltes Reich bleiben wuͤr- de, das nicht anders, als nur im Ganzen, wie ein einiger Staat betrachtet werden koͤnnte. Nach dem, was ich oben bey den Zeiten Henrichs des IV. und Friedrichs des II. von der Erblichkeit der Her- zoge und Grafen, als urſpruͤnglicher Kronbedien- ten, und von den Hoheitsrechten, die nach und nach geiſtlichen und weltlichen Reichsſtaͤnden eigen wurden, bemerklich gemacht habe (k), konnte man ſchon lange nicht mehr ſagen, daß die kaiſerliche Regierung die einzige in ganz Teutſchland ſey; und daß alſo ganz Teutſchland in allem Betrachte nur als ein einiger Staat angeſehen werden koͤnne. Jeder
geiſt-
(k) Oben Th. 1. S. 163. 204. u. f.
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VIII. Folgen d. Weſtph. Fr. 1648-1657.
Bey ſo vielerley Veraͤnderungen, die theils die
vielen wichtigen Verordnungen des Friedens,
theils die ſo lange angehaltenen und ſo allgemein
gewordenen Drangſale des Krieges mit ſich brach-
ten, war es nicht zu bewundern, wenn nunmehr
beynahe auf einmal eine ſehr veraͤnderte Verfaſ-
ſung des Teutſchen Reichs im Ganzen merklich
ward, oder doch erſt recht zu ihrer Feſtigkeit ge-
langte, und jetzt bald in ſehr erheblichen Folgen
ſich zeigte.
Wie zwar nicht leicht ſo gar große Veraͤnde-
rungen ganz ploͤtzlich auf einmal entſtehen, ohne
daß zum voraus manche Vorbereitungen wahr-
zunehmen waͤren, deren Folgen ſich erſt nach und
nach zu entwickeln pflegen; ſo war freylich auch
Teutſchland ſchon ſeit etlichen Jahrhunderten in
dem Falle, daß man wohl ſehen konnte, daß es
nicht ſo, wie Frankreich und andere Europaͤiſche
Reiche, ein ſolch ungetheiltes Reich bleiben wuͤr-
de, das nicht anders, als nur im Ganzen, wie ein
einiger Staat betrachtet werden koͤnnte. Nach
dem, was ich oben bey den Zeiten Henrichs des IV.
und Friedrichs des II. von der Erblichkeit der Her-
zoge und Grafen, als urſpruͤnglicher Kronbedien-
ten, und von den Hoheitsrechten, die nach und
nach geiſtlichen und weltlichen Reichsſtaͤnden eigen
wurden, bemerklich gemacht habe (k), konnte man
ſchon lange nicht mehr ſagen, daß die kaiſerliche
Regierung die einzige in ganz Teutſchland ſey; und
daß alſo ganz Teutſchland in allem Betrachte nur als
ein einiger Staat angeſehen werden koͤnne. Jeder
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(k) Oben Th. 1. S. 163. 204. u. f.
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/198>, abgerufen am 21.11.2024.
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