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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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8) Reichsgerichte überhaupt.
wird aber ausdrücklich hinzugefügt, daß, wenn
auch nur ein oder anderes Mitglied der einen Re-
ligion der Meynung der anderen Religionsver-
wandten beytritt, diese Verordnung nicht in An-
wendung kommen solle. Also wird hier zur Hem-
mung der Mehrheit der Stimmen eine völlige
Einmüthigkeit erfordert; ganz anders als in dem
oben vorgekommenen Falle der Religionstrennung
auf dem Reichstage, wo die Einschränkung, daß
derjenige Religionstheil, der sich vom andern tren-
net, unter sich ganz einmüthig seyn müße, nicht
hinzugefügt worden. Woraus sich sicher abneh-
men läßt, daß eine solche Einmüthigkeit der Stim-
men nur in jenem, nicht in letzterem Falle erfor-
derlich sey, weil sonst eben die Einschränkung auch
bey diesem Falle würde bemerklich gemacht worden
seyn; zumal da am Cammergerichte in den Se-
naten zugleich eine geringere Anzahl Personen und
diese wieder in völliger Religionsgleichheit beysam-
men sind, da es freylich sonderbar gewesen wäre,
wenn in einem Senate von 4. catholischen und
eben so viel evangelischen Beysitzern drey die Mehr-
heit der 5. übrigen Stimmen hätten hemmen sol-
len. Hingegen auf der allgemeinen Reichsver-
sammlung oder auch nur im Reichsfürstenrathe,
wo eine so große Anzahl Stimmen auf einer jeden
Religionsseite sind, würde die Mehrheit der Stim-
men selten gehoben werden können, wenn es nicht
anders als mit völlig einmüthigen Stimmen eines
gesammten Religionstheils geschehen könnte. Folg-
lich läßt sich gar wohl einsehen, was für ein Grund
der Verschiedenheit hier eine Einschränkung nur in
einem Falle veranlaßt habe, die deswegen auf den
andern nicht zu ziehen ist.


Am

8) Reichsgerichte uͤberhaupt.
wird aber ausdruͤcklich hinzugefuͤgt, daß, wenn
auch nur ein oder anderes Mitglied der einen Re-
ligion der Meynung der anderen Religionsver-
wandten beytritt, dieſe Verordnung nicht in An-
wendung kommen ſolle. Alſo wird hier zur Hem-
mung der Mehrheit der Stimmen eine voͤllige
Einmuͤthigkeit erfordert; ganz anders als in dem
oben vorgekommenen Falle der Religionstrennung
auf dem Reichstage, wo die Einſchraͤnkung, daß
derjenige Religionstheil, der ſich vom andern tren-
net, unter ſich ganz einmuͤthig ſeyn muͤße, nicht
hinzugefuͤgt worden. Woraus ſich ſicher abneh-
men laͤßt, daß eine ſolche Einmuͤthigkeit der Stim-
men nur in jenem, nicht in letzterem Falle erfor-
derlich ſey, weil ſonſt eben die Einſchraͤnkung auch
bey dieſem Falle wuͤrde bemerklich gemacht worden
ſeyn; zumal da am Cammergerichte in den Se-
naten zugleich eine geringere Anzahl Perſonen und
dieſe wieder in voͤlliger Religionsgleichheit beyſam-
men ſind, da es freylich ſonderbar geweſen waͤre,
wenn in einem Senate von 4. catholiſchen und
eben ſo viel evangeliſchen Beyſitzern drey die Mehr-
heit der 5. uͤbrigen Stimmen haͤtten hemmen ſol-
len. Hingegen auf der allgemeinen Reichsver-
ſammlung oder auch nur im Reichsfuͤrſtenrathe,
wo eine ſo große Anzahl Stimmen auf einer jeden
Religionsſeite ſind, wuͤrde die Mehrheit der Stim-
men ſelten gehoben werden koͤnnen, wenn es nicht
anders als mit voͤllig einmuͤthigen Stimmen eines
geſammten Religionstheils geſchehen koͤnnte. Folg-
lich laͤßt ſich gar wohl einſehen, was fuͤr ein Grund
der Verſchiedenheit hier eine Einſchraͤnkung nur in
einem Falle veranlaßt habe, die deswegen auf den
andern nicht zu ziehen iſt.


Am
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[109/0151] 8) Reichsgerichte uͤberhaupt. wird aber ausdruͤcklich hinzugefuͤgt, daß, wenn auch nur ein oder anderes Mitglied der einen Re- ligion der Meynung der anderen Religionsver- wandten beytritt, dieſe Verordnung nicht in An- wendung kommen ſolle. Alſo wird hier zur Hem- mung der Mehrheit der Stimmen eine voͤllige Einmuͤthigkeit erfordert; ganz anders als in dem oben vorgekommenen Falle der Religionstrennung auf dem Reichstage, wo die Einſchraͤnkung, daß derjenige Religionstheil, der ſich vom andern tren- net, unter ſich ganz einmuͤthig ſeyn muͤße, nicht hinzugefuͤgt worden. Woraus ſich ſicher abneh- men laͤßt, daß eine ſolche Einmuͤthigkeit der Stim- men nur in jenem, nicht in letzterem Falle erfor- derlich ſey, weil ſonſt eben die Einſchraͤnkung auch bey dieſem Falle wuͤrde bemerklich gemacht worden ſeyn; zumal da am Cammergerichte in den Se- naten zugleich eine geringere Anzahl Perſonen und dieſe wieder in voͤlliger Religionsgleichheit beyſam- men ſind, da es freylich ſonderbar geweſen waͤre, wenn in einem Senate von 4. catholiſchen und eben ſo viel evangeliſchen Beyſitzern drey die Mehr- heit der 5. uͤbrigen Stimmen haͤtten hemmen ſol- len. Hingegen auf der allgemeinen Reichsver- ſammlung oder auch nur im Reichsfuͤrſtenrathe, wo eine ſo große Anzahl Stimmen auf einer jeden Religionsſeite ſind, wuͤrde die Mehrheit der Stim- men ſelten gehoben werden koͤnnen, wenn es nicht anders als mit voͤllig einmuͤthigen Stimmen eines geſammten Religionstheils geſchehen koͤnnte. Folg- lich laͤßt ſich gar wohl einſehen, was fuͤr ein Grund der Verſchiedenheit hier eine Einſchraͤnkung nur in einem Falle veranlaßt habe, die deswegen auf den andern nicht zu ziehen iſt. Am

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/151>, abgerufen am 21.11.2024.