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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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VII. Neuere Zeit. Westph. Fr. 1648.
mit Krieg überziehen darf. (Wie aber, wenn
zwey auswärtige Mächte mit einander Krieg füh-
ren, und eine derselben einen, die andere einen
andern Reichsstand zum Bundesgenossen bekömmt?
So hat sichs doch fügen können, daß im nachhe-
rigen Nordischen Kriege Chursachsen mit Dänemark,
Braunschweig-Zelle mit Schweden verbündet war,
und Sachsen als Dänische Hülfsvölker ins Zelli-
sche einbrachen!)


III.

Noch war unter dem, was Reichsstände an
Rechten und Ländern besaßen, manches, das ur-
sprünglich ehedem einmal von ein oder anderm
Kaiser ihnen nur Pfandweise eingegeben war.
Solche Reichspfandschaften waren zwar meist
von einem Kaiser zum andern erneuert worden;
auch war schon seit Carl dem V. in der Wahl-
capitulation das Versprechen mit enthalten, einem
jeden Stande seine Pfandschaft bestätigen und
ihn dabey schützen zu wollen. Inzwischen blieb
doch immer nach der Natur des Pfandrechts eine
Wiedereinlösung möglich; womit Ferdinand der II.
mit den Reichsstädten Lindau und Weißenburg
im Nordgau schon einen Anfang zu machen ver-
sucht hatte. Der daraus entstandenen Besorgniß
ward damit abgeholfen, daß zwar Pfandschaften
der Stände unter einander für wiedereinlösbar
erkläret wurden, Reichspfandschaften aber ihren
Besitzern gelaßen werden sollten (r). Vorzüglich

wa-
(r) In den neuesten Wahlcapitulationen (1742.)
Art. 10. §. 4. ist es noch bestimmter gefaßt: "die
Stände bey ihren inhabenden Reichspfandschaften
ohne Wiederlösung und Wiederrufung zu schützen,
und bis auf anderweite Vergleichung ruhig dabey
bleiben zu laßen."

VII. Neuere Zeit. Weſtph. Fr. 1648.
mit Krieg uͤberziehen darf. (Wie aber, wenn
zwey auswaͤrtige Maͤchte mit einander Krieg fuͤh-
ren, und eine derſelben einen, die andere einen
andern Reichsſtand zum Bundesgenoſſen bekoͤmmt?
So hat ſichs doch fuͤgen koͤnnen, daß im nachhe-
rigen Nordiſchen Kriege Churſachſen mit Daͤnemark,
Braunſchweig-Zelle mit Schweden verbuͤndet war,
und Sachſen als Daͤniſche Huͤlfsvoͤlker ins Zelli-
ſche einbrachen!)


III.

Noch war unter dem, was Reichsſtaͤnde an
Rechten und Laͤndern beſaßen, manches, das ur-
ſpruͤnglich ehedem einmal von ein oder anderm
Kaiſer ihnen nur Pfandweiſe eingegeben war.
Solche Reichspfandſchaften waren zwar meiſt
von einem Kaiſer zum andern erneuert worden;
auch war ſchon ſeit Carl dem V. in der Wahl-
capitulation das Verſprechen mit enthalten, einem
jeden Stande ſeine Pfandſchaft beſtaͤtigen und
ihn dabey ſchuͤtzen zu wollen. Inzwiſchen blieb
doch immer nach der Natur des Pfandrechts eine
Wiedereinloͤſung moͤglich; womit Ferdinand der II.
mit den Reichsſtaͤdten Lindau und Weißenburg
im Nordgau ſchon einen Anfang zu machen ver-
ſucht hatte. Der daraus entſtandenen Beſorgniß
ward damit abgeholfen, daß zwar Pfandſchaften
der Staͤnde unter einander fuͤr wiedereinloͤsbar
erklaͤret wurden, Reichspfandſchaften aber ihren
Beſitzern gelaßen werden ſollten (r). Vorzuͤglich

wa-
(r) In den neueſten Wahlcapitulationen (1742.)
Art. 10. §. 4. iſt es noch beſtimmter gefaßt: ”die
Staͤnde bey ihren inhabenden Reichspfandſchaften
ohne Wiederloͤſung und Wiederrufung zu ſchuͤtzen,
und bis auf anderweite Vergleichung ruhig dabey
bleiben zu laßen.”
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[84/0126] VII. Neuere Zeit. Weſtph. Fr. 1648. mit Krieg uͤberziehen darf. (Wie aber, wenn zwey auswaͤrtige Maͤchte mit einander Krieg fuͤh- ren, und eine derſelben einen, die andere einen andern Reichsſtand zum Bundesgenoſſen bekoͤmmt? So hat ſichs doch fuͤgen koͤnnen, daß im nachhe- rigen Nordiſchen Kriege Churſachſen mit Daͤnemark, Braunſchweig-Zelle mit Schweden verbuͤndet war, und Sachſen als Daͤniſche Huͤlfsvoͤlker ins Zelli- ſche einbrachen!) Noch war unter dem, was Reichsſtaͤnde an Rechten und Laͤndern beſaßen, manches, das ur- ſpruͤnglich ehedem einmal von ein oder anderm Kaiſer ihnen nur Pfandweiſe eingegeben war. Solche Reichspfandſchaften waren zwar meiſt von einem Kaiſer zum andern erneuert worden; auch war ſchon ſeit Carl dem V. in der Wahl- capitulation das Verſprechen mit enthalten, einem jeden Stande ſeine Pfandſchaft beſtaͤtigen und ihn dabey ſchuͤtzen zu wollen. Inzwiſchen blieb doch immer nach der Natur des Pfandrechts eine Wiedereinloͤſung moͤglich; womit Ferdinand der II. mit den Reichsſtaͤdten Lindau und Weißenburg im Nordgau ſchon einen Anfang zu machen ver- ſucht hatte. Der daraus entſtandenen Beſorgniß ward damit abgeholfen, daß zwar Pfandſchaften der Staͤnde unter einander fuͤr wiedereinloͤsbar erklaͤret wurden, Reichspfandſchaften aber ihren Beſitzern gelaßen werden ſollten (r). Vorzuͤglich wa- (r) In den neueſten Wahlcapitulationen (1742.) Art. 10. §. 4. iſt es noch beſtimmter gefaßt: ”die Staͤnde bey ihren inhabenden Reichspfandſchaften ohne Wiederloͤſung und Wiederrufung zu ſchuͤtzen, und bis auf anderweite Vergleichung ruhig dabey bleiben zu laßen.”

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/126>, abgerufen am 21.11.2024.