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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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10) Veränderungen in Reichssachen.
zu mehr genauer bearbeiteten Landespolizeyordnun-
gen den Weg bahnte, und manche nützliche Verfü-
gungen für ganz Teutschland gäng und gäbe machte.

Endlich wurde unter dieser Regierung auchXVI.
das bisher zweifelhafte Verhältniß zwischen dem
Teutschen Reiche und den Herzogthümern Ober-
und Niederlothringen wenigstens auf einen gewis-
sen Fuß gesetzt. Mit dem Herzoge von Lothrin-
gen
brachte Carl im Jahre 1542. einen Vertrag
zu Stande, vermöge dessen derselbe von wegen der
Marggrafschaften Nomeny und Pontamousson
und einiger anderer benannten Stücke ferner die
Lehn vom Reiche zu empfangen, auch zwey Drit-
tel von dem, was ein Churfürst bezahlte, zu den
Reichsbeschwerden beyzutragen versprach, übrigens
aber Lothringen für ein freyes und dem Teutschen
Reiche nicht einzuverleibendes Herzogthum erkläret
wurde. Von dieser Zeit an hat im Reichsfürsten-
rathe das Haus Lothringen unter dem Namen No-
meny wieder Sitz und Stimme geführet.



Vom
schreibung dienen, die jemand 1521. von dem
damaligen Reichstage zu Worms machte. "Es ist
allhier zu Worms (schrieb er,) bey der Nacht
nicht gut gehen; ist selten eine Nacht, da nicht
3. oder 4. Menschen ermordet werden. Der Kai-
ser hat einen Profos, der hat über 100. Menschen
ertränkt, gehangen und ermordet. Es geht hier
ganz auf Römisch zu, mit Morden, Stehlen, und
schöne Frauen sitzen alle Gassen voll. Es ist keine
Fasten bey uns; -- und ist ein solch Wesen, wie
in Frau Venus Berg. -- Auch wisset, daß viele
Herren und fremde Leute hier sterben, die sich hier
alle zu Tod trinken in dem starken Weine." Gol-
dasts
polit. Reichshändel S. 940., Mosers Teut-
sches Staatsrecht Th. 50. S. 159. §. 2.

10) Veraͤnderungen in Reichsſachen.
zu mehr genauer bearbeiteten Landespolizeyordnun-
gen den Weg bahnte, und manche nuͤtzliche Verfuͤ-
gungen fuͤr ganz Teutſchland gaͤng und gaͤbe machte.

Endlich wurde unter dieſer Regierung auchXVI.
das bisher zweifelhafte Verhaͤltniß zwiſchen dem
Teutſchen Reiche und den Herzogthuͤmern Ober-
und Niederlothringen wenigſtens auf einen gewiſ-
ſen Fuß geſetzt. Mit dem Herzoge von Lothrin-
gen
brachte Carl im Jahre 1542. einen Vertrag
zu Stande, vermoͤge deſſen derſelbe von wegen der
Marggrafſchaften Nomeny und Pontamouſſon
und einiger anderer benannten Stuͤcke ferner die
Lehn vom Reiche zu empfangen, auch zwey Drit-
tel von dem, was ein Churfuͤrſt bezahlte, zu den
Reichsbeſchwerden beyzutragen verſprach, uͤbrigens
aber Lothringen fuͤr ein freyes und dem Teutſchen
Reiche nicht einzuverleibendes Herzogthum erklaͤret
wurde. Von dieſer Zeit an hat im Reichsfuͤrſten-
rathe das Haus Lothringen unter dem Namen No-
meny wieder Sitz und Stimme gefuͤhret.



Vom
ſchreibung dienen, die jemand 1521. von dem
damaligen Reichstage zu Worms machte. ”Es iſt
allhier zu Worms (ſchrieb er,) bey der Nacht
nicht gut gehen; iſt ſelten eine Nacht, da nicht
3. oder 4. Menſchen ermordet werden. Der Kai-
ſer hat einen Profos, der hat uͤber 100. Menſchen
ertraͤnkt, gehangen und ermordet. Es geht hier
ganz auf Roͤmiſch zu, mit Morden, Stehlen, und
ſchoͤne Frauen ſitzen alle Gaſſen voll. Es iſt keine
Faſten bey uns; — und iſt ein ſolch Weſen, wie
in Frau Venus Berg. — Auch wiſſet, daß viele
Herren und fremde Leute hier ſterben, die ſich hier
alle zu Tod trinken in dem ſtarken Weine.” Gol-
daſts
polit. Reichshaͤndel S. 940., Moſers Teut-
ſches Staatsrecht Th. 50. S. 159. §. 2.
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[459/0493] 10) Veraͤnderungen in Reichsſachen. zu mehr genauer bearbeiteten Landespolizeyordnun- gen den Weg bahnte, und manche nuͤtzliche Verfuͤ- gungen fuͤr ganz Teutſchland gaͤng und gaͤbe machte. Endlich wurde unter dieſer Regierung auch das bisher zweifelhafte Verhaͤltniß zwiſchen dem Teutſchen Reiche und den Herzogthuͤmern Ober- und Niederlothringen wenigſtens auf einen gewiſ- ſen Fuß geſetzt. Mit dem Herzoge von Lothrin- gen brachte Carl im Jahre 1542. einen Vertrag zu Stande, vermoͤge deſſen derſelbe von wegen der Marggrafſchaften Nomeny und Pontamouſſon und einiger anderer benannten Stuͤcke ferner die Lehn vom Reiche zu empfangen, auch zwey Drit- tel von dem, was ein Churfuͤrſt bezahlte, zu den Reichsbeſchwerden beyzutragen verſprach, uͤbrigens aber Lothringen fuͤr ein freyes und dem Teutſchen Reiche nicht einzuverleibendes Herzogthum erklaͤret wurde. Von dieſer Zeit an hat im Reichsfuͤrſten- rathe das Haus Lothringen unter dem Namen No- meny wieder Sitz und Stimme gefuͤhret. XVI. Vom (h) (h) ſchreibung dienen, die jemand 1521. von dem damaligen Reichstage zu Worms machte. ”Es iſt allhier zu Worms (ſchrieb er,) bey der Nacht nicht gut gehen; iſt ſelten eine Nacht, da nicht 3. oder 4. Menſchen ermordet werden. Der Kai- ſer hat einen Profos, der hat uͤber 100. Menſchen ertraͤnkt, gehangen und ermordet. Es geht hier ganz auf Roͤmiſch zu, mit Morden, Stehlen, und ſchoͤne Frauen ſitzen alle Gaſſen voll. Es iſt keine Faſten bey uns; — und iſt ein ſolch Weſen, wie in Frau Venus Berg. — Auch wiſſet, daß viele Herren und fremde Leute hier ſterben, die ſich hier alle zu Tod trinken in dem ſtarken Weine.” Gol- daſts polit. Reichshaͤndel S. 940., Moſers Teut- ſches Staatsrecht Th. 50. S. 159. §. 2.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 459. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/493>, abgerufen am 24.11.2024.