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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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V. Neuere Zeit. Carl V. 1519-1558.
wie in den sechs alten Kreisen, an die zwey ersten
Fürsten von der geistlichen und weltlichen Bank,
mit dem Auftrage darüber mit ihren Kreismitver-
wandten zu handeln. Hernach hieß es im Reichs-
abschiede 1530. §. 103.: "Die Oberen eines jeden
Kreises sollten die andern Mitglieder desselben zu-
sammen berufen." So kamen nach und nach ei-
gene Kreisversammlungen in einzelnen Kreisen
in Gang. Und jene Fürsten, die den damaligen
Auftrag anfangs nur für dasmal erhalten hatten,
bekamen unvermerkt einen fortwährenden Vorzug,
als die Fürsten, die bisher die Kreistage ausge-
schrieben (wie sie in den Reichsabschieden 1542.
und 1544. genannt werden,) oder, wie hernach
der Ausdruck gewöhnlich geworden, der zuerst im
R. A. 1555. §. 57. vorkömmt, als kreisaus-
schreibende Fürsten.


VII.

Dieses Kreisausschreibamt hat in der Folge
sich nicht nur auf das Ausschreiben der Kreisver-
sammlungen oder schriftliche Mittheilung an die
übrigen Kreismitstände eingeschränkt, sondern in
den meisten Kreisen auch die Direction sowohl auf
den Kreistagen als überhaupt in allen Kreisange-
legenheiten in sich begriffen, und zuletzt das Kreis-
oberstenamt beynahe in Vergessenheit gebracht, oder
doch dessen Vorzüge auch meist mit sich vereiniget;
so, daß heutiges Tages die Vorrechte der kreis-
ausschreibenden Fürsten fast die wichtigsten sind,
die ein Reichsstand vor anderen Ständen haben
kann. In einem jeden der vier neuen Kreise ist
nur ein kreisausschreibender Fürst, als in Oester-
reich und Burgund nur das Haus Oesterreich, im
Churrheinischen Kreise nur Churmainz, im Ober-

säch-

V. Neuere Zeit. Carl V. 1519-1558.
wie in den ſechs alten Kreiſen, an die zwey erſten
Fuͤrſten von der geiſtlichen und weltlichen Bank,
mit dem Auftrage daruͤber mit ihren Kreismitver-
wandten zu handeln. Hernach hieß es im Reichs-
abſchiede 1530. §. 103.: ”Die Oberen eines jeden
Kreiſes ſollten die andern Mitglieder deſſelben zu-
ſammen berufen.” So kamen nach und nach ei-
gene Kreisverſammlungen in einzelnen Kreiſen
in Gang. Und jene Fuͤrſten, die den damaligen
Auftrag anfangs nur fuͤr dasmal erhalten hatten,
bekamen unvermerkt einen fortwaͤhrenden Vorzug,
als die Fuͤrſten, die bisher die Kreistage ausge-
ſchrieben (wie ſie in den Reichsabſchieden 1542.
und 1544. genannt werden,) oder, wie hernach
der Ausdruck gewoͤhnlich geworden, der zuerſt im
R. A. 1555. §. 57. vorkoͤmmt, als kreisaus-
ſchreibende Fuͤrſten.


VII.

Dieſes Kreisausſchreibamt hat in der Folge
ſich nicht nur auf das Ausſchreiben der Kreisver-
ſammlungen oder ſchriftliche Mittheilung an die
uͤbrigen Kreismitſtaͤnde eingeſchraͤnkt, ſondern in
den meiſten Kreiſen auch die Direction ſowohl auf
den Kreistagen als uͤberhaupt in allen Kreisange-
legenheiten in ſich begriffen, und zuletzt das Kreis-
oberſtenamt beynahe in Vergeſſenheit gebracht, oder
doch deſſen Vorzuͤge auch meiſt mit ſich vereiniget;
ſo, daß heutiges Tages die Vorrechte der kreis-
ausſchreibenden Fuͤrſten faſt die wichtigſten ſind,
die ein Reichsſtand vor anderen Staͤnden haben
kann. In einem jeden der vier neuen Kreiſe iſt
nur ein kreisausſchreibender Fuͤrſt, als in Oeſter-
reich und Burgund nur das Haus Oeſterreich, im
Churrheiniſchen Kreiſe nur Churmainz, im Ober-

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[452/0486] V. Neuere Zeit. Carl V. 1519-1558. wie in den ſechs alten Kreiſen, an die zwey erſten Fuͤrſten von der geiſtlichen und weltlichen Bank, mit dem Auftrage daruͤber mit ihren Kreismitver- wandten zu handeln. Hernach hieß es im Reichs- abſchiede 1530. §. 103.: ”Die Oberen eines jeden Kreiſes ſollten die andern Mitglieder deſſelben zu- ſammen berufen.” So kamen nach und nach ei- gene Kreisverſammlungen in einzelnen Kreiſen in Gang. Und jene Fuͤrſten, die den damaligen Auftrag anfangs nur fuͤr dasmal erhalten hatten, bekamen unvermerkt einen fortwaͤhrenden Vorzug, als die Fuͤrſten, die bisher die Kreistage ausge- ſchrieben (wie ſie in den Reichsabſchieden 1542. und 1544. genannt werden,) oder, wie hernach der Ausdruck gewoͤhnlich geworden, der zuerſt im R. A. 1555. §. 57. vorkoͤmmt, als kreisaus- ſchreibende Fuͤrſten. Dieſes Kreisausſchreibamt hat in der Folge ſich nicht nur auf das Ausſchreiben der Kreisver- ſammlungen oder ſchriftliche Mittheilung an die uͤbrigen Kreismitſtaͤnde eingeſchraͤnkt, ſondern in den meiſten Kreiſen auch die Direction ſowohl auf den Kreistagen als uͤberhaupt in allen Kreisange- legenheiten in ſich begriffen, und zuletzt das Kreis- oberſtenamt beynahe in Vergeſſenheit gebracht, oder doch deſſen Vorzuͤge auch meiſt mit ſich vereiniget; ſo, daß heutiges Tages die Vorrechte der kreis- ausſchreibenden Fuͤrſten faſt die wichtigſten ſind, die ein Reichsſtand vor anderen Staͤnden haben kann. In einem jeden der vier neuen Kreiſe iſt nur ein kreisausſchreibender Fuͤrſt, als in Oeſter- reich und Burgund nur das Haus Oeſterreich, im Churrheiniſchen Kreiſe nur Churmainz, im Ober- ſaͤch-

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/486>, abgerufen am 24.11.2024.