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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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V. Neuere Zeit. Carl V. 1519-1558.
Zeit des Passauer Vertrages oder seither noch in
catholischen geistlichen Händen gewesen, das sollte
ferner darin bleiben. Im Religionsfrieden wurde
also die Sache so gefasset: daß solche eingezogene
geistliche Güter, "welche denjenigen, so dem Rei-
"che ohne Mittel unterworfen und reichsständig
"sind, nicht zugehörig, und deren Possession die
"Geistlichen zur Zeit des Passauer Vertrages oder
"seither nicht gehabt," in diesem Friedstand mit-
begriffen seyn sollten.


IV.

In der Folge wollte man davon eine solche
Auslegung machen, daß überall nur solche Klöster
und Stiftungen, welche von den Evangelischen
schon vor 1552. eingezogen wären, denselben ge-
laßen werden sollten. Allein jene Einschränkung
gieng offenbar nur auf solche Klöster, welche an-
deren unmittelbaren Reichsständen zugehörten.
Die landesherrlichen Rechte auch auf andere Klö-
ster und Stiftungen, die keinem dritten Reichs-
stande zugehörten, einzuschränken, war gar nicht
die Absicht (x). Evangelische Reichsstände ließen
sich daher nicht abhalten, auch nach dem Religions-
frieden ähnliche Veränderungen in ihren Ländern
vorzunehmen.


V.

Das alles galt inzwischen nur von mittelbaren
unter eines evangelischen Reichsstandes Landesho-
heit gelegenen geistlichen Stiftungen. Nun blieb
noch eine andere große Frage übrig: wie es in

un-
(x) Ein Beyspiel eines hierüber entstandenen
Streites wegen des Klosters Kemnade, das zur
Abtey Corvey gehörte, aber im Herzogthum Braun-
schweig gelegen war, findet sich in meinen Rechts-
fällen B. 2. Th. 2. S. 299. u. f.

V. Neuere Zeit. Carl V. 1519-1558.
Zeit des Paſſauer Vertrages oder ſeither noch in
catholiſchen geiſtlichen Haͤnden geweſen, das ſollte
ferner darin bleiben. Im Religionsfrieden wurde
alſo die Sache ſo gefaſſet: daß ſolche eingezogene
geiſtliche Guͤter, ”welche denjenigen, ſo dem Rei-
„che ohne Mittel unterworfen und reichsſtaͤndig
„ſind, nicht zugehoͤrig, und deren Poſſeſſion die
„Geiſtlichen zur Zeit des Paſſauer Vertrages oder
„ſeither nicht gehabt,” in dieſem Friedſtand mit-
begriffen ſeyn ſollten.


IV.

In der Folge wollte man davon eine ſolche
Auslegung machen, daß uͤberall nur ſolche Kloͤſter
und Stiftungen, welche von den Evangeliſchen
ſchon vor 1552. eingezogen waͤren, denſelben ge-
laßen werden ſollten. Allein jene Einſchraͤnkung
gieng offenbar nur auf ſolche Kloͤſter, welche an-
deren unmittelbaren Reichsſtaͤnden zugehoͤrten.
Die landesherrlichen Rechte auch auf andere Kloͤ-
ſter und Stiftungen, die keinem dritten Reichs-
ſtande zugehoͤrten, einzuſchraͤnken, war gar nicht
die Abſicht (x). Evangeliſche Reichsſtaͤnde ließen
ſich daher nicht abhalten, auch nach dem Religions-
frieden aͤhnliche Veraͤnderungen in ihren Laͤndern
vorzunehmen.


V.

Das alles galt inzwiſchen nur von mittelbaren
unter eines evangeliſchen Reichsſtandes Landesho-
heit gelegenen geiſtlichen Stiftungen. Nun blieb
noch eine andere große Frage uͤbrig: wie es in

un-
(x) Ein Beyſpiel eines hieruͤber entſtandenen
Streites wegen des Kloſters Kemnade, das zur
Abtey Corvey gehoͤrte, aber im Herzogthum Braun-
ſchweig gelegen war, findet ſich in meinen Rechts-
faͤllen B. 2. Th. 2. S. 299. u. f.
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[424/0458] V. Neuere Zeit. Carl V. 1519-1558. Zeit des Paſſauer Vertrages oder ſeither noch in catholiſchen geiſtlichen Haͤnden geweſen, das ſollte ferner darin bleiben. Im Religionsfrieden wurde alſo die Sache ſo gefaſſet: daß ſolche eingezogene geiſtliche Guͤter, ”welche denjenigen, ſo dem Rei- „che ohne Mittel unterworfen und reichsſtaͤndig „ſind, nicht zugehoͤrig, und deren Poſſeſſion die „Geiſtlichen zur Zeit des Paſſauer Vertrages oder „ſeither nicht gehabt,” in dieſem Friedſtand mit- begriffen ſeyn ſollten. In der Folge wollte man davon eine ſolche Auslegung machen, daß uͤberall nur ſolche Kloͤſter und Stiftungen, welche von den Evangeliſchen ſchon vor 1552. eingezogen waͤren, denſelben ge- laßen werden ſollten. Allein jene Einſchraͤnkung gieng offenbar nur auf ſolche Kloͤſter, welche an- deren unmittelbaren Reichsſtaͤnden zugehoͤrten. Die landesherrlichen Rechte auch auf andere Kloͤ- ſter und Stiftungen, die keinem dritten Reichs- ſtande zugehoͤrten, einzuſchraͤnken, war gar nicht die Abſicht (x). Evangeliſche Reichsſtaͤnde ließen ſich daher nicht abhalten, auch nach dem Religions- frieden aͤhnliche Veraͤnderungen in ihren Laͤndern vorzunehmen. Das alles galt inzwiſchen nur von mittelbaren unter eines evangeliſchen Reichsſtandes Landesho- heit gelegenen geiſtlichen Stiftungen. Nun blieb noch eine andere große Frage uͤbrig: wie es in un- (x) Ein Beyſpiel eines hieruͤber entſtandenen Streites wegen des Kloſters Kemnade, das zur Abtey Corvey gehoͤrte, aber im Herzogthum Braun- ſchweig gelegen war, findet ſich in meinen Rechts- faͤllen B. 2. Th. 2. S. 299. u. f.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/458>, abgerufen am 03.05.2024.