heilsameren und gemeinnützigeren Absichten ver- wandt werden, wie nicht nur in unseren Tagen, sondern auch schon von langen Zeiten her catholi- sche Mächte und selbst geistliche Stände in ihren Ländern dergleichen Veränderungen häufig vorge- nommen haben. An manchen Orten war es selbst mit Zufriedenheit der Ordensleute oder Stiftsper- sonen, oder wenigstens mit ihrer hinlänglichen bil- ligmäßigen Versorgung geschehen. Oder Fürsten und Landschaften waren doch darüber einstimmig gewesen. Was hatte also im Grunde ein Dritter dabey zu erinnern?
II.
Hatten die Kronen Frankreich, Spanien, Por- tugall kein Recht sich darum zu bekümmern, wenn in Dänemark, Schweden, England mit den Klö- stern und geistlichen Stiftungen Aenderungen vor- genommen wurden; -- oder konnten die catholi- schen Cantons in der Schweiz nicht verhindern, wenn dergleichen Veränderungen in den evangeli- schen Cantons vorgiengen --; und haben endlich in unseren Tagen andere Reichsstände so wenig als der Kaiser etwas dabey zu erinnern gehabt, noch haben können, wenn im Hildesheimischen, Mün- sterischen, Mainzischen und Oesterreichischen Klö- ster aufgehoben und zu anderen Zwecken verwandt worden sind; -- was war dann dagegen zu sagen, wenn im XVI. Jahrhunderte evangelische Stände sich angelegen seyn ließen, schon damals solche Ver- änderungen vorzunehmen, die erst nach 200. und mehr Jahren noch jetzt von catholischen Mächten und Reichsständen geschehen? -- Doch damals wurde es den evangelischen Reichsständen, wo nicht als ein Sacrilegium, doch als ein Spolium,
an-
V. Neuere Zeit. Carl V. 1519-1558.
heilſameren und gemeinnuͤtzigeren Abſichten ver- wandt werden, wie nicht nur in unſeren Tagen, ſondern auch ſchon von langen Zeiten her catholi- ſche Maͤchte und ſelbſt geiſtliche Staͤnde in ihren Laͤndern dergleichen Veraͤnderungen haͤufig vorge- nommen haben. An manchen Orten war es ſelbſt mit Zufriedenheit der Ordensleute oder Stiftsper- ſonen, oder wenigſtens mit ihrer hinlaͤnglichen bil- ligmaͤßigen Verſorgung geſchehen. Oder Fuͤrſten und Landſchaften waren doch daruͤber einſtimmig geweſen. Was hatte alſo im Grunde ein Dritter dabey zu erinnern?
II.
Hatten die Kronen Frankreich, Spanien, Por- tugall kein Recht ſich darum zu bekuͤmmern, wenn in Daͤnemark, Schweden, England mit den Kloͤ- ſtern und geiſtlichen Stiftungen Aenderungen vor- genommen wurden; — oder konnten die catholi- ſchen Cantons in der Schweiz nicht verhindern, wenn dergleichen Veraͤnderungen in den evangeli- ſchen Cantons vorgiengen —; und haben endlich in unſeren Tagen andere Reichsſtaͤnde ſo wenig als der Kaiſer etwas dabey zu erinnern gehabt, noch haben koͤnnen, wenn im Hildesheimiſchen, Muͤn- ſteriſchen, Mainziſchen und Oeſterreichiſchen Kloͤ- ſter aufgehoben und zu anderen Zwecken verwandt worden ſind; — was war dann dagegen zu ſagen, wenn im XVI. Jahrhunderte evangeliſche Staͤnde ſich angelegen ſeyn ließen, ſchon damals ſolche Ver- aͤnderungen vorzunehmen, die erſt nach 200. und mehr Jahren noch jetzt von catholiſchen Maͤchten und Reichsſtaͤnden geſchehen? — Doch damals wurde es den evangeliſchen Reichsſtaͤnden, wo nicht als ein Sacrilegium, doch als ein Spolium,
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V. Neuere Zeit. Carl V. 1519-1558.
heilſameren und gemeinnuͤtzigeren Abſichten ver-
wandt werden, wie nicht nur in unſeren Tagen,
ſondern auch ſchon von langen Zeiten her catholi-
ſche Maͤchte und ſelbſt geiſtliche Staͤnde in ihren
Laͤndern dergleichen Veraͤnderungen haͤufig vorge-
nommen haben. An manchen Orten war es ſelbſt
mit Zufriedenheit der Ordensleute oder Stiftsper-
ſonen, oder wenigſtens mit ihrer hinlaͤnglichen bil-
ligmaͤßigen Verſorgung geſchehen. Oder Fuͤrſten
und Landſchaften waren doch daruͤber einſtimmig
geweſen. Was hatte alſo im Grunde ein Dritter
dabey zu erinnern?
Hatten die Kronen Frankreich, Spanien, Por-
tugall kein Recht ſich darum zu bekuͤmmern, wenn
in Daͤnemark, Schweden, England mit den Kloͤ-
ſtern und geiſtlichen Stiftungen Aenderungen vor-
genommen wurden; — oder konnten die catholi-
ſchen Cantons in der Schweiz nicht verhindern,
wenn dergleichen Veraͤnderungen in den evangeli-
ſchen Cantons vorgiengen —; und haben endlich
in unſeren Tagen andere Reichsſtaͤnde ſo wenig als
der Kaiſer etwas dabey zu erinnern gehabt, noch
haben koͤnnen, wenn im Hildesheimiſchen, Muͤn-
ſteriſchen, Mainziſchen und Oeſterreichiſchen Kloͤ-
ſter aufgehoben und zu anderen Zwecken verwandt
worden ſind; — was war dann dagegen zu ſagen,
wenn im XVI. Jahrhunderte evangeliſche Staͤnde
ſich angelegen ſeyn ließen, ſchon damals ſolche Ver-
aͤnderungen vorzunehmen, die erſt nach 200. und
mehr Jahren noch jetzt von catholiſchen Maͤchten
und Reichsſtaͤnden geſchehen? — Doch damals
wurde es den evangeliſchen Reichsſtaͤnden, wo
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/456>, abgerufen am 23.07.2024.
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