Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.6) Relig. Fr. 1555. a) überh. bringen, wie der Fall mit den Wiedertäufern war;da hatte ein jeder Staat, da hatte das ganze Teutsche Reich Ursache, dawider gemeine Sache zu machen; wie deswegen auch der evangelische Religionstheil kein Bedenken trug, dazu die Hand zu bieten, daß solche Secten im Religionsfrieden ausdrücklich ausgeschlossen wurden. Aber ohne daß das bürgerliche Verhältniß darunter litt, war die evangelische Religion so, wie sie auf Teutschem Boden selbst entstanden war, nicht in dem Falle, daß ihre Bekenner in Ländern oder Reichsstädten bloß ihrenthalben mit Recht unterdrückt, verfolgt, oder verächtlich gehalten werden durften. In so weit war selbst der Begriff der herrschenden Re- ligion für die catholische in Absicht auf ganz Teutsch- land nicht mehr passend. Aber desto schwerer hielt es nun noch überIX. In
6) Relig. Fr. 1555. a) uͤberh. bringen, wie der Fall mit den Wiedertaͤufern war;da hatte ein jeder Staat, da hatte das ganze Teutſche Reich Urſache, dawider gemeine Sache zu machen; wie deswegen auch der evangeliſche Religionstheil kein Bedenken trug, dazu die Hand zu bieten, daß ſolche Secten im Religionsfrieden ausdruͤcklich ausgeſchloſſen wurden. Aber ohne daß das buͤrgerliche Verhaͤltniß darunter litt, war die evangeliſche Religion ſo, wie ſie auf Teutſchem Boden ſelbſt entſtanden war, nicht in dem Falle, daß ihre Bekenner in Laͤndern oder Reichsſtaͤdten bloß ihrenthalben mit Recht unterdruͤckt, verfolgt, oder veraͤchtlich gehalten werden durften. In ſo weit war ſelbſt der Begriff der herrſchenden Re- ligion fuͤr die catholiſche in Abſicht auf ganz Teutſch- land nicht mehr paſſend. Aber deſto ſchwerer hielt es nun noch uͤberIX. In
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6) Relig. Fr. 1555. a) uͤberh.
bringen, wie der Fall mit den Wiedertaͤufern war;
da hatte ein jeder Staat, da hatte das ganze
Teutſche Reich Urſache, dawider gemeine Sache
zu machen; wie deswegen auch der evangeliſche
Religionstheil kein Bedenken trug, dazu die Hand
zu bieten, daß ſolche Secten im Religionsfrieden
ausdruͤcklich ausgeſchloſſen wurden. Aber ohne
daß das buͤrgerliche Verhaͤltniß darunter litt, war
die evangeliſche Religion ſo, wie ſie auf Teutſchem
Boden ſelbſt entſtanden war, nicht in dem Falle,
daß ihre Bekenner in Laͤndern oder Reichsſtaͤdten
bloß ihrenthalben mit Recht unterdruͤckt, verfolgt,
oder veraͤchtlich gehalten werden durften. In ſo
weit war ſelbſt der Begriff der herrſchenden Re-
ligion fuͤr die catholiſche in Abſicht auf ganz Teutſch-
land nicht mehr paſſend.
Aber deſto ſchwerer hielt es nun noch uͤber
die Frage ſich zu vereinigen, wie es gehalten wer-
den ſollte, wenn Unterthanen in einem Teutſchen
Fuͤrſtenthume oder andern reichsſtaͤndiſchen Lande
eine andere Religionsuͤbung zu haben wuͤnſchten,
aber der Landesherr ſich dagegen widerſetzte. Hier-
uͤber hatte der Roͤmiſche Koͤnig den Tag vorher,
ehe der Religionsfriede geſchloſſen wurde, (den
24. Sept. 1555.) eine Erklaͤrung von ſich ge-
ſtellt, vermoͤge deren auch evangeliſchen Ritter-
ſchaften, Staͤdten und Gemeinden unter catholi-
ſchen Landesherren ihre freye Religionsuͤbung
geſichert ſeyn ſollte. Ader die Guͤltigkeit dieſer
Erklaͤrung ward nachher vom catholiſchen Religions-
theile mit aller Macht beſtritten.
IX.
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