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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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3) Territorialjustitzwesen.
Auch in der Folge wurden meist jede Verbesserun-
gen der letzteren auch in jene übertragen. Man-
che Reichsstände schätzten sich glücklich, wenn sie
Männer, die eine Zeitlang am Cammergerichte als
Urtheiler oder auch nur als Sachwalter gedienet
hatten, in ihre Dienste bekommen konnten, um
ihnen bey Abfassung ihrer Gerichtsordnungen und
näherer Einrichtung des Gerichtswesens nach der
in der höchsten Instanz schon gemachten Erfahrung
behülflich zu seyn. So ward z. B. ein berühmter
Cammergerichtsbeysitzer, Joachim Mynsinger, 1555.
zum Canzler vom Hause Braunschweig angenom-
men, wo er den größten Einfluß in die damaligen
Gesetzgebungen bekam, die noch jetzt die Grundlage
des Justitzwesens der hiesigen Lande ausmachen.

So gar darin, daß nebst dem CammergerichteIV.
am kaiserlichen Hofe noch ein Hofrath angelegt war,
zeigte sich an den meisten reichsständischen Höfen
eine Aehnlichkeit. Man fand auch da gerathener
sowohl Regierungs- als Cammer-Sachen, nicht
mehr, wie bisher, bloß durch einzelne Männer
bearbeiten zu laßen, sondern auch dazu eigne Hof-
raths- oder Regierungs- und Cammer-Col-
legien,
in Nachahmung dessen, was zu Wien ge-
schehen war, zu errichten. Auch davon war fer-
ner eine Folge, daß an manchen Orten das Hof-
raths- oder Regierungs-Collegium nach und nach
auch Justitzsachen annahm, wie verschiedentlich noch
jetzt ein solche zweyfache concurrirende Gerichtbar-

keit
Huldr. Hellfelds Geschichte der Hofgerichte in
Sachsen, besonders des Hofgerichts zu Jena, Jen.
1782. 8.
X 4

3) Territorialjuſtitzweſen.
Auch in der Folge wurden meiſt jede Verbeſſerun-
gen der letzteren auch in jene uͤbertragen. Man-
che Reichsſtaͤnde ſchaͤtzten ſich gluͤcklich, wenn ſie
Maͤnner, die eine Zeitlang am Cammergerichte als
Urtheiler oder auch nur als Sachwalter gedienet
hatten, in ihre Dienſte bekommen konnten, um
ihnen bey Abfaſſung ihrer Gerichtsordnungen und
naͤherer Einrichtung des Gerichtsweſens nach der
in der hoͤchſten Inſtanz ſchon gemachten Erfahrung
behuͤlflich zu ſeyn. So ward z. B. ein beruͤhmter
Cammergerichtsbeyſitzer, Joachim Mynſinger, 1555.
zum Canzler vom Hauſe Braunſchweig angenom-
men, wo er den groͤßten Einfluß in die damaligen
Geſetzgebungen bekam, die noch jetzt die Grundlage
des Juſtitzweſens der hieſigen Lande ausmachen.

So gar darin, daß nebſt dem CammergerichteIV.
am kaiſerlichen Hofe noch ein Hofrath angelegt war,
zeigte ſich an den meiſten reichsſtaͤndiſchen Hoͤfen
eine Aehnlichkeit. Man fand auch da gerathener
ſowohl Regierungs- als Cammer-Sachen, nicht
mehr, wie bisher, bloß durch einzelne Maͤnner
bearbeiten zu laßen, ſondern auch dazu eigne Hof-
raths- oder Regierungs- und Cammer-Col-
legien,
in Nachahmung deſſen, was zu Wien ge-
ſchehen war, zu errichten. Auch davon war fer-
ner eine Folge, daß an manchen Orten das Hof-
raths- oder Regierungs-Collegium nach und nach
auch Juſtitzſachen annahm, wie verſchiedentlich noch
jetzt ein ſolche zweyfache concurrirende Gerichtbar-

keit
Huldr. Hellfelds Geſchichte der Hofgerichte in
Sachſen, beſonders des Hofgerichts zu Jena, Jen.
1782. 8.
X 4
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[327/0361] 3) Territorialjuſtitzweſen. Auch in der Folge wurden meiſt jede Verbeſſerun- gen der letzteren auch in jene uͤbertragen. Man- che Reichsſtaͤnde ſchaͤtzten ſich gluͤcklich, wenn ſie Maͤnner, die eine Zeitlang am Cammergerichte als Urtheiler oder auch nur als Sachwalter gedienet hatten, in ihre Dienſte bekommen konnten, um ihnen bey Abfaſſung ihrer Gerichtsordnungen und naͤherer Einrichtung des Gerichtsweſens nach der in der hoͤchſten Inſtanz ſchon gemachten Erfahrung behuͤlflich zu ſeyn. So ward z. B. ein beruͤhmter Cammergerichtsbeyſitzer, Joachim Mynſinger, 1555. zum Canzler vom Hauſe Braunſchweig angenom- men, wo er den groͤßten Einfluß in die damaligen Geſetzgebungen bekam, die noch jetzt die Grundlage des Juſtitzweſens der hieſigen Lande ausmachen. So gar darin, daß nebſt dem Cammergerichte am kaiſerlichen Hofe noch ein Hofrath angelegt war, zeigte ſich an den meiſten reichsſtaͤndiſchen Hoͤfen eine Aehnlichkeit. Man fand auch da gerathener ſowohl Regierungs- als Cammer-Sachen, nicht mehr, wie bisher, bloß durch einzelne Maͤnner bearbeiten zu laßen, ſondern auch dazu eigne Hof- raths- oder Regierungs- und Cammer-Col- legien, in Nachahmung deſſen, was zu Wien ge- ſchehen war, zu errichten. Auch davon war fer- ner eine Folge, daß an manchen Orten das Hof- raths- oder Regierungs-Collegium nach und nach auch Juſtitzſachen annahm, wie verſchiedentlich noch jetzt ein ſolche zweyfache concurrirende Gerichtbar- keit (x) IV. (x) Huldr. Hellfelds Geſchichte der Hofgerichte in Sachſen, beſonders des Hofgerichts zu Jena, Jen. 1782. 8. X 4

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/361>, abgerufen am 17.05.2024.